Meine Tochter Amy (German Edition)
aufgeregt an und sagte, sie habe Menstruationsbeschwerden, zum ersten Mal seit Ewigkeiten. Das bedeutete, dass sich ihr Körper erholte und sie eines Tages die Kinder würde haben können, die sie sich so sehr wünschte. Mir wäre es lieber gewesen, sie hätte darüber mit einer Freundin geredet, aber es zeigt, wie nahe wir uns waren und wie sehr sie mir vertraute.
Amy sollte ein paar Tage später nach Madrid fliegen, aber als Raye sie abholte, war sie schlecht drauf. Sie lechzte offensichtlich nach Drogen und wollte den Gig absagen. Mit viel Überredungskunst gelang es Raye und Mitgliedern ihrer Band, sie umzustimmen. Der Auftritt lief ausgezeichnet – aber Raye war überzeugt, irgendein Mitreisender versorge Amy mit Stoff. Sie bestritt das natürlich.
Auch eine der Krankenschwestern zu Hause äußerste den Verdacht, Amy nehme nach wie vor Drogen. Keine Ahnung, wie sie sie an den Sicherheitsleuten vorbeischmuggelte. Verzweifelte finden eben immer einen Weg. Als ich sie zur Rede stellte, stritt sie alles ab, aber Andrew und die Schwester, Michelle, runzelten die Stirn. Dr. Ettlinger untersuchte sie und meinte, sie habe wohl kein Heroin genommen, Kokain könne er jedoch nicht ausschließen.
Ich wusste nicht mehr, was ich glauben sollte. Es passierte einfach ein ums andere Mal. Ich fragte Andrew, ob er sich vorstellen könne, wo Amy das Zeug herbekam. Er überlegte kurz und meinte, vielleicht habe es jemand über die Gartenmauer geworfen. Unfassbar, wie weit manche Leute gingen, um Geld aus meiner Tochter zu pressen.
Ein paar Tage darauf rief Andrew vormittags an und erzählte, Amy sei total ausgerastet: Sie brülle herum und werfe Sachen durch die Wohnung. Er konnte sie nicht besänftigen. Ich war zehn Minuten später da und beruhigte sie. Sie hatte mit Blake am Telefon gestritten und Kokain genommen. Mir war klar: Allen Erfolgen zum Trotz lag noch ein langer Weg vor ihr. Wenn Blake aus dem Gefängnis käme, würde das die Situation noch verschlimmern.
Einige Zeit später gab es ein Treffen in Dr. Ettlingers Praxis; er, Dr. Tovey, der neu in Amys medizinischem Team war, Raye, Lucian Grainge und ich besprachen Amys Fortschritt – ein seltsamer Ausdruck, wenn es um Sucht geht: Manchmal bemisst man ihn von Tag zu Tag, manchmal von Monat zu Monat. Trotz der jüngsten Rückschläge waren wir alle einig, dass Amy im Großen und Ganzen gut vorankam. Das heißt: alle außer Lucian. Er war der Meinung, sie habe die letzten Gigs vermasselt; als Beispiel nannte er das Mandela-Konzert. Ich konnte es nicht glauben. Ich hatte den Eindruck gehabt, dass sie fantastisch war, und sagte das auch. Wir wurden uns nicht einig. Lucian jedenfalls wollte, dass Amy vorerst nicht mehr auftrat. Sie solle sich lieber auf ein neues Album konzentrieren, auch um mal wieder aus der Schusslinie der Medien zu kommen. Die Diskussion wurde hitzig, Raye stieß mich mit dem Ellenbogen und bat Lucian um fünf Minuten Pause.
Er und ich gingen kurz raus. „Er redet Blödsinn, oder?“, sagte ich zu Raye.
„Nein, ich denke nicht, Mitch. Er hat recht. Wir sollten sie vorerst vom Druck der Konzerte befreien. Du weißt, was passieren kann – denk an Birmingham.“
Da sah ich es ein. „Du hast recht. Er hat recht. Sagen wir’s ihm.“
Es standen noch ein paar Auftritte an, und wir beschlossen, es dabei für einige Zeit zu belassen. Sie spielte in Dublin und Glasgow und war großartig. Nach den Shows sprach ich mit ihr. Sie hörte sich gut an und versicherte mir, sie habe keine Drogen genommen, nur „ein paar Drinks“, bevor sie auf die Bühne ging. Ein paar?
Dann kam der Tag, vor dem mir schon seit Monaten graute: der Tag der Urteilsverkündung. Jedermann war überzeugt, es sei nur eine Frage der Zeit, dass Blake freikommt. Amy wollte nicht mit aufs Gericht: Tags zuvor hatte Georgette der News of the World erzählt, sie befürchte, Amy werde Blake wieder auf Drogen bringen. Amy war verletzt und wollte sie und Giles nicht sehen.
Am 21. Juli 2008 verurteilte Richter David Radford Blake wegen vorsätzlicher schwerer Körperverletzung und Behinderung der Justiz zu 27 Monaten Haft. „Das Opfer, James King“, so lautete die Begründung, „wurde eingeschüchtert und sollte mit 200 000 Pfund bestochen werden, die Klage zurückzuziehen“. Nach dem Urteilsspruch war indes unklar, wie lange Blake noch in Haft bleiben würde. Zuerst hieß es, er komme sofort frei, da er bereits 276 Tage in Pentonville abgesessen hatte. Dann hörten wir, er komme um
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