Meine Tochter Amy (German Edition)
versuchte mir einzureden, es gehe um alte Schulden, aber noch am selben Tag rief Andrew an und sagte, ein neuer Dealer habe es ins Haus geschafft. Offenbar hatte Amy ihn angerufen und an der Tür als alten Freund empfangen. „Ich fürchte, Amy ist wieder auf Drogen“, schrieb ich in mein Tagebuch. „Auf ein Neues.“
Wir konnten Amy daran hindern, Geld abzuheben, aber wenn sie wirklich entschlossen war, würde sie immer an Drogen kommen. Schließlich stellte ich sie zur Rede und erklärte, ich wisse, dass das Geld für Drogen ausgegeben worden sei. Sie drehte durch, wir stritten uns heftig, und schließlich räumte sie ein, sie habe anderer Leute Drogenschulden bezahlt. Es werde nicht wieder vorkommen.
Amys verbleibende Auftritte waren ein Problem. Sie sollte noch drei Konzerte geben und sich dann auf ein neues Album konzentrieren. Der erste Gig war in Frankreich. Raye gelang es tatsächlich, Amy aus dem Haus zu kriegen. Er saß gerade mit ihr im Eurostar, als Blake aus dem Knast anrief, sie solle den Auftritt absagen. Amy, so schien es, tat alles, was Blake sagte. Er redete ihr ein, sie sei dazu gezwungen worden und solle nicht hinfahren. Kurz vor der Abfahrt sprang Amy aus dem Zug und nahm ein Taxi zum Prowse Place. Die Absage kostete 150 000 Pfund.
Danach cancelte Raye ihre Show bei den GQ Awards. Amy war in schlechter Verfassung, protestierte jedoch wütend, sie sei fit genug, um aufzutreten. War sie aber nicht, und die Schuld gab sie allen anderen, nur nicht sich selbst. Sie sagte mir, ihr Leben langweile sie total und sie wolle weg aus Camden Town. Ich schlug ihr vor, ich könne ihr ein paar Häuser zeigen, aber sie sagte, dazu sei sie nicht in der Lage. Ich hatte vorgehabt, ein Haus zu finden, das genug Platz und Ruhe bot, damit sie daheim schreiben und aufnehmen konnte, wenn sie schon nicht vor die Tür ging. Sie sollte ihre Langeweile durch neue Inspirationen überwinden, weg von Camden. Dass sie sich die Häuser nicht mal anschauen wollte, war unendlich frustrierend.
Außerdem fürchtete ich, Blake könne Anspruch auf Amys Geld erheben. Er hatte mir noch mal versichert, er wolle sich definitiv scheiden lassen und mir einen Besuchstermin verschaffen, um das zu besprechen. Wenn er durch die Instanzen ging, konnte er unter Umständen eine Abfindung erstreiten. Das wollte ich vermeiden, aber Amys Buchhalterin Margaret Cody meinte, es werde schwierig, eine Schutzanordnung zu erlangen, damit Blake nicht an Amys Geld kam. Außerdem könnte Amy damit eventuell nicht einverstanden sein. Wir mussten eine Alternative finden.
Als ich Amy am nächsten Tag sah, machte sie einen viel besseren Eindruck. Den einen Tag schien sie dem Tode nahe, am nächsten ging es ihr gut. Sie hielt sich an das Subutex, aber ich hatte den Verdacht, dass sie auch anderes Zeug nahm.
Amys letzter vereinbarter Auftritt war auf der Isle of Wight. Für die Produktionskosten, Personal, Band, Anreise und andere Auslagen musste sie aufkommen. Das belief sich auf etwa 96 000 Pfund, ihre Gage betrug 150 000 Pfund. Aber die 96 000 wären auch fällig, wenn sie wieder nicht antrat. Ich fürchtete, Blake werde sie in letzter Minute anrufen, sie solle nicht hinfahren. Gott sei Dank fand das Konzert statt, wenn auch mit einer halben Stunde Verspätung, und alles ging gut.
Damit standen in absehbarer Zukunft keine Gigs mehr an. Ich war froh darüber, konnte aber nicht sagen, was Amy davon hielt und wie sie die Lücke füllen würde. Die Auftritte hatten sie zumindest auf Trab gehalten, wenn sie depressiv und einsam war. Jetzt sollte sie ihre gesamte Zeit dem neuen Album widmen. Damit begann eine gefährliche Phase. Amys Sucht schien langsam nachzulassen, daran glaubte ich fest – sie nahm regelmäßig ihr Subutex –, aber ich begriff nicht, wieso sie weiterhin Drogen nahm, wenn sie auf Subutex war. Ich fragte sie mehrmals, bekam aber keine Antwort. In Gesprächen mit anderen Süchtigen erfuhr ich später, dass so etwas häufig vorkommt.
Da es mit Amy aufwärts ging, nahmen Jane und ich dringend nötigen Urlaub auf Teneriffa. Als wir zurück waren, gab es neue Probleme: Wieder einmal war es Blake, der seine hässliche Fratze zeigte.
Er sollte unter Auflagen auf freien Fuß kommen. Ich war verzweifelt, Amy dagegen freute sich. Sie sagte, sie werde ihn auf Subutex setzen und ihm helfen, clean zu werden. Ich wusste, wenn die beiden je wieder zusammenkämen, wäre Subutex das fünfte Rad am Wagen und sie in null Komma nichts wieder auf Drogen. Amy
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