Meine Tochter Amy (German Edition)
in Leeds und die Woche darauf in Chelmsford spielen und wusste, dass sie sich vorbereiten musste. Im Moment war aber nicht mal an einen Spaziergang zu denken. Ich nahm mir vor, Raye zu beauftragen, die Gigs notfalls abzusagen, und machte mir Gedanken, ob hinter Amys Stubenhockerei nicht mehr steckte.
Ein paar Tage darauf stand ein neuer Besuchstermin bei Blake an – er war ins Gefängnis Edmunds Hill in Suffolk, eineinhalb Autostunden von London, verlegt worden – aber Amy war in der Nacht zuvor bis zwei aufgeblieben und konnte morgens wieder nicht aufstehen. Andrew und sie fuhren zu spät los, sahen auf halbem Weg ein, dass sie es nicht rechtzeitig schaffen würden, und kehrten um.
Später rief Jevan an, vor dem Haus treibe sich ein Drogendealer herum. Ich schärfte den Wachleuten ein, den Mann nicht reinzulassen. Als ich eintraf, war der Dealer verschwunden und Jevan heimgegangen. Amy war allein. Ihre „Freunde“ hatten sich verzogen, da sie keine Drogen mehr nahm. Sie war einsam und wollte ausgehen, konnte sich aber nicht überwinden, das Haus zu verlassen. Es brach mir das Herz, sie so zu sehen. Ich kannte sie als so starke Persönlichkeit, immer im Mittelpunkt, und jetzt war sie still und allein. Sie tat mir so leid. Immerhin konnte ich sie mit Geschichten aus meiner Kindheit und ein paar „Mitchellismen“ aufmuntern und zum Lachen bringen.
Nach dem Tod meines Vaters, erzählte ich, habe mich einer seiner Freunde besucht, Sammy Soroff. „Er sagte: ‚Ich bin wegen dem Geld da, das mir dein Vater Alec schuldet.‘ Ich wusste nicht, wovon er sprach und was ich tun sollte. Sammy sagte: ‚Dein Vater und ich waren geschäftlich im Norden unterwegs. Ich hab alles bezahlt und nie was von deinem Vater zurückgekriegt. Ich will mein Geld.‘ Jetzt war ich echt beunruhigt. Wie sollte ich zahlen? Ich versprach, ich würde einen Weg finden, die Schulden zu begleichen. Aber ich schulde ihm das Geld bis heute.“
Amy hörte gebannt zu und fragte schließlich: „Papa, wie viel schuldest du Onkel Sammy? Ich geb’s dir.“
„Ach, so um die 40 Pfund“, sagte ich lachend, und da verstand sie’s und lachte mit.
Ich war überzeugt, Amy aus Camden Town rauszubringen würde helfen, ihr Selbstvertrauen wiederherzustellen, und sah mir ein paar sehr nette Häuser im Umkreis von London an: in Rickmansworth, Hemel Hempstead und Hadley Wood. Sie waren alle toll, aber Amy interessierte sich mehr dafür, wie sie an ihre nächste Dosis Subutex kam.
Ich unterhielt mich wegen einer eventuell notwendigen Absage ihres Auftritts beim V-Festival mit Raye; wir verschoben die Entscheidung auf den letztmöglichen Moment. Raye hatte für Amy außerdem ein großes Konzert in Rio an Silvester angeboten bekommen.
„Sie geht nicht aus Camden raus“, sagte ich. „Wie zum Teufel sollen wir sie nach Rio kriegen?“
Raye gelang es dann doch, sie in den Tourbus zum V-Festival zu locken. Sie kam eine halbe Stunde zu spät auf die Bühne, spielte jedoch sehr gut. Tags darauf trat sie erneut zu spät auf, aber Raye meinte, sie sei umwerfend gewesen und bei dem Riesenpublikum fantastisch angekommen. Als ich die Show im Fernsehen sah, fand ich sie eher durchschnittlich.
Zurück am Prowse Place, waren die alten Probleme wieder da. Sie wagte sich nicht vor die Tür; Dr. Tovey musste sie besuchen, um ihr neues Subutex zu verschreiben. Eines Tages wollte sie ins Fitnessstudio – was dringend nötig war –, konnte aber keinen Fuß vor die Haustür setzen. Ihre mentale Verfassung verschlechterte sich von Tag zu Tag. Die meisten ihrer Ärzte waren abgesprungen, weil sie nicht auf sie hörte. Mein Vertrauen in ihre Behandlung schwand rapide, neue Ideen und Methoden waren dringend nötig. Also telefonierte ich in meinem Freundeskreis herum und hört mich um.
Hinzu kam, dass Amy mit vielen ihrer Freunde Streitereien hatte. Jevan erzählte mir, Geoff sei wieder da gewesen, allerdings ohne ihr Drogen zu geben, und Lauren habe sie wegen ihrer Einstellung zu ihrer Therapie scharf kritisiert. Von ihren cleanen Freunden bekam Amy keine Unterstützung. Sie war immer allein; offenbar hielt niemand was von dem Substitutionsprogramm, das ihre Heilung befördern sollte. Jeder hatte eine eigene Meinung, wie sie damit umgehen sollte. Und ich hatte meine.
Zu allem Übel fand ich heraus, dass Amy über die letzten paar Monate mit ihrer Kreditkarte 7000 Pfund von ihrem Konto abgehoben hatte. Ich war sicher, dass das Geld für Drogen war – was denn sonst? Ich
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