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Meine Trauer geht - und du bleibst

Titel: Meine Trauer geht - und du bleibst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Kachler
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Trauerweges ist unsere Trauer auch Ausdruck unseres intensiven Mitleidens mit dem Verstorbenen. Ich betrauere das, was ihm in seiner Krankheit, bei seinem Unfall oder seinem plötzlichen Tod zugestoßen ist. Ich bin bis in die letzten Zellen meines Körpers traurig, dass ihm das Leben mit allen seinen Möglichkeiten genommen wurde und er nicht mehr leben darf. Es geht mir in meiner Trauer auch ganz um ihn, ich selbst bin mit meinem Leben jetzt angesichts seines Todes völlig unwichtig. In meiner Trauer erleide ich an mir selbst den Tod meines geliebten Menschen und sein Unglück, dass er nicht mehr leben darf. Dieser Aspekt des Trauerns hat seine tiefe Berechtigung, fühle ich doch aus Liebe in der Identifikation mit meinem geliebten Menschen ganz mit ihm. Meine Trauer ist Abbild seines Unglücks. Und als Trauernder will ich Spiegel dieses Unglücks sein und bleiben. So kann ich meinem geliebten Menschen nahe sein, und so zeige ich mir, anderen und nicht zuletzt meinem geliebten Menschen, wie groß das Unglück ist, das ihn getroffen hat. In dieser Phase kann ich unmöglich meine Trauer gehen lassen. Dieser Schritt wäre für mich als Trauernden ein schlimmer Verrat: Ich wende mich von meinem geliebten Menschen ab, lasse ihn in seinem Unglück allein und kehre egoistisch, sozusagen ohne ihn, in das Leben zurück. Wir fühlen uns gegenüber unserem Verstorbenen in einer loyalen Bindung, die durch die Trauer geknüpft und zusammengeschweißt ist. Von uns aus als Trauernde können wir diese Bindung des trauernden Mitfühlens nicht lösen. Wir brauchen dafür nicht nur die Zustimmung, sondern die ausdrückliche Erlaubnis und Ermutigung des geliebten Menschen.
Du willst nicht, dass ich um deinetwillen zu lange trauere
    Sterbende Menschen geben vor ihrem Tod ihren Angehörigen praktisch immer die Erlaubnis, dass diese nicht zu lange um sie trauern sollten. Sterbende ahnen schon etwas von der Freiheit der anderen Welt. Sie erleben ihr Sterben deshalb immer auch alsBefreiung vom Schweren der menschlichen Existenz in dieser Welt. Deshalb können sie mit größter Gelassenheit den Angehörigen erlauben, sich nicht mit der Trauer zu beschweren. Eine 50 Jahre alte Frau, die nach längerer Krebserkrankung stirbt, sagt ihrem Mann ausdrücklich, dass er sich noch einmal verlieben und in einer neuen Partnerschaft glücklich werden soll.
    Schwieriger scheint es zu sein, wenn der geliebte Mensch aufgrund seines plötzlichen Ablebens keine Chance hatte, eine solche Erlaubnis auszusprechen. Hier kann der Trauernde in den inneren Dialog mit seinem geliebten Menschen gehen und hören, was dieser dem Hinterbliebenen für die Zeit nach seinem Tod wünscht. Hier erhält der Trauernde immer die klare Botschaft: Ich will nicht, dass du zu lange um mich trauerst. Lebe dein Leben und werde wieder glücklich.
Du erlaubst es mir, meine Trauer gehen zu lassen – und ich erlaube es mir auch
    Auch wenn der Verstorbene die Erlaubnis gegeben hat, die Trauer loszulassen, ist beim Trauernden ein innerer Prozess erforderlich, um dies zu verwirklichen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Trauer ihre wichtigsten Aufgaben erfüllt hat.
    Dann kann ich als Trauernder noch einmal in das innere Gespräch mit meinem geliebten Menschen gehen und ihn ausdrücklich fragen, ob ich nun von ihm aus meine Trauer loslassen kann. Als Trauernder brauche ich hier die sichere Gewissheit, dass der geliebte Mensch es mir wirklich erlaubt. Das wird auch im obigen Trauerdialog deutlich.
    Neben der Erlaubnis ist eine weitere Zusicherung des Verstorbenen nötig, nämlich die, dass es ihm an seinem sicheren Ort gut geht und er dort in einer leichten, beglückenden Freiheit lebt. Auch diese Zusicherung werden Trauernde im inneren Dialog mit dem geliebten Menschen immer erhalten. Wenn ich weiß, dass mein geliebter Mensch an seinem Ort leicht und frei lebt, kann ich zunächst die Schwere meiner Trauer gehen lassen. Und ich darf ohne Trauer leben, weil mein geliebter Mensch auf seine Weise an seinem Ort glücklich ist.
    Und noch ein Letztes erleichtert es mir, meine Trauer loszulassen. Ich kann meine Trauer verabschieden, wenn ich weiß, dass sich mein geliebter Mensch darüber für mich freut. Ich kann den Schatten meiner Trauer davonziehen lassen, wenn ich dann das Aufleuchten im Gesicht meines geliebten Menschen sehe.

    Spüren Sie in Ihrer Trauer den Teil, in dem Sie traurig darüber sind, dass Ihr geliebter Mensch den Tod erleiden muss, und sagen Sie zu Ihrem geliebten

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