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Meine Trauer geht - und du bleibst

Titel: Meine Trauer geht - und du bleibst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Kachler
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geliebten Menschen frei zu lassen. Ich kann das aus der Liebe heraus tun, die akzeptiert, dass der geliebte Mensch nun seine ihm angemessene Seinsweise gefunden hat.
    Die uralte Symbolik, dass die Verstorbenen zu Engeln werden und im Reich der Engel leben, ist bildlicher Ausdruck dieses hier beschriebenen Prozesses. Im Engel ist die Identität des Verstorbenen bewahrt und zugleich lebt dieser als Engel in einer ganz anderen Seinsweise. Im Reich der Engel lebt der Engel ewig in einer unendlichen Freiheit und Transzendenz. In manchen christlichen Traditionen sind die Verstorbenen die Seligen, die im Himmel schon jetzt an der Seinsweise Gottes teilhaben. So heißt es in einem Gebet der russisch-orthodoxen Kirche: »Nicht unter den Toten suchen wir dich, sondern unter den Seligen des Himmels.«
Wir bleiben verbunden – und sind frei füreinander
    Auch wenn ich im Loslassen an den sicheren Ort meinen geliebten Menschen zugleich in seine ihm stimmige Freiheit frei lasse, so bleiben wir doch verbunden. Wir bleiben in der Liebe miteinander verbunden, weil beide dies aus Liebe wollen.
    In der Gebundenheit halten wir aneinander fest. Dabei sind wir durch den anderen und dessen Willen bestimmt und können beide nicht ganz wir selber sein. In der Freiheit dagegen kann ich den anderen in seiner Person so lassen, wie er sein will. Und er und ich werden uns dann frei entscheiden, ob und wie wir mit dem anderen nahe und verbunden sein wollen. Wenn wir dann dem anderen nahe sein wollen, tun wir das aus freien Stücken und aus einer inneren Freiheit, in der jeder der sein darf, der er ist. Eine solche Nähe ist eine Verbundenheit in Freiheit. In der verbundenen Freiheit freue ich mich gerade daran, dass der andere so ist, wie er ist, und dass er so lebt, wie er leben will. Dazu gehört für meinen verstorbenen Menschen auch seine grenzenlose, himmlische Freiheit, die ich ihm gerne lassen kann. Genauso freue ich mich, dass der andere mir aus dieser Freiheit heraus nahe sein will. Eine erzwungene oder festgehaltene Nähe wäre keine wirkliche Nähe,weil im Zwang die aneinander Gefesselten sich gegen die Nähe wehren. Was uns neben der gemeinsamen Geschichte verbindet, ist der Wunsch, dem anderen aus Freiheit nahe zu sein, und das Wissen, dass er es auch möchte – und zwar auch aus der Freiheit heraus. Die Verbundenheit besteht in dieser Übereinstimmung der Wünsche nach Nähe und im gegenseitigen Zulassen der Freiheit. Sie realisiert sich in den freien, leichten Begegnungen und in der verbundenen und zugleich freien Beziehung zum geliebten Menschen.

    Machen Sie sich klar, dass Ihr geliebter Mensch nicht mehr an die Bedingungen des Irdischen gebunden ist. Wie immer Sie sich seine Seinsweise vorstellen, es wird eine von der unseren ganz verschiedene sein. Sie können sich sagen: »Du bist in einer anderen Existenz. Sie ist die deine und sie ist ganz anders als meine Existenzweise.«
Stellen Sie sich vor, Sie geben Ihren geliebten Menschen frei, so als würden sie einen Vogel aus ihren geschlossenen Händen frei lassen. Spüren Sie dabei nach, was Sie dabei empfinden. Wenn Sie Angst und Sorge spüren, dann erlauben Sie sich diese und sagen Sie Ihrem geliebten Menschen: »Gerne würde ich dich frei geben, aber es gelingt mir noch nicht. Lass mir Zeit dazu.« Achten Sie darauf, welche Reaktion Sie von Ihrem geliebten Menschen her erfahren.
Wenn Sie so weit sind, Ihren geliebten Menschen in seine Existenzweise frei zu lassen, dann stellen Sie sich vor, dass der Vogel nun tatsächlich ihre Hände verlässt und losfliegt. Schauen Sie, wie der Vogel frei in den weiten Himmel fliegt, und sagen Sie Ihrem geliebten Menschen: »Ich weiß, dass die Liebe ein Kind der Freiheit ist, und deshalb achte ich aus Liebe deine Freiheit.«
Sehen Sie nun Ihren geliebten Menschen an seinem sicheren Ort und sagen Sie ihm: »Du lebst dort deine unendliche Freiheit und ich schränke sie nicht ein. Du lässt mir meine Freiheit hier und du freust dich an ihr.So lassen wir uns gegenseitig unsere Freiheit, ich dir dort und du mir hier.«
Machen Sie sich klar, dass Sie in aller Freiheit mit Ihrem geliebten Menschen verbunden bleiben. Bildlich gesprochen, wird der frei gelassene Vogel immer wieder gerne auf die ausgestreckte Hand kommen. Sagen Sie Ihrem geliebten Menschen: »Ich wünsche mir die Nähe zu dir und weiß, dass auch du sie willst. Darin bin ich mit dir in aller Freiheit – und in der Liebe – verbunden.«
4. Die Liebe zu dir wird frei und leicht –

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