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Meine Trauer geht - und du bleibst

Titel: Meine Trauer geht - und du bleibst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Kachler
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Energiequelle in Ihnen präsent sein. Sagen Sie Ihrem geliebten Menschen: »Wie immer du mich begleitest, es ist recht so, und ich freue mich über deine Gegenwart.«
Gehen Sie bewusst und aktiv in Ihr Leben. Dabei darf Ihr geliebter Mensch auch über längere Zeit in den Hintergrund treten, weil Sie wissen, dass er zu einem unverlierbaren Teil von Ihnen geworden ist. Ihr geliebter Mensch nimmt an Ihrem Leben im Hintergrund teil. Er lächelt und winkt Ihnen freundlich aus seiner für ihn stimmigen Ferne zu.
4. Andere Menschen treten in mein Leben – und du gehörst weiter zu meinem Leben
    Trauernder: Ich habe eine Frau kennengelernt, und jetzt bin ich mir unsicher, ob…
    Trauerbegleiterin: Ob das in Ordnung ist?
    Trauernder: Nein, meine verstorbene Frau hat mir eine neue Partnerschaft ausdrücklich gewünscht. Meine Frage ist, ob das gehen kann.
    Trauerbegleiterin: Wenn alle Beteiligten es wollen und es mit großer Behutsamkeit und vor allem mit Achtung und Res- pekt leben, dann ist das aus meine Erfahrung nicht nur möglich, dann kann es gut gehen.
    Trauernder: Gut gehen?
    Trauerbegleiterin: Jeder kann einen eigenen und für ihn ausgezeichneten Platz finden – ihre verstorbene Frau und eine zweite Partnerin.
    Trauernder lacht: Und wo bleibe ich?
    Trauerbegleiterin: Sie können ein zweites Glück finden, wenn Sie Ihr erstes Glück mit Ihrer ersten Frau achten und in Ehren halten.
    Trauernde: Und meine neue Partnerin…?
    Trauerbegleiterin: Die muss Ihre erste Frau auch anerkennen und muss anerkennen, das der vorige Teil Ihres Leben zu Ihrem Leben gehört, ebenso wie Ihre erste Frau.
    Trauernder: Ob sie das wohl kann?
    Trauerbegleiterin: Sie wird es wohl lernen müssen, vielleicht will sie es auch. Wenn sie Sie liebt, dann wird sie Sie ganz lieben, auch mit Ihrem bisherigen Leben und mit Ihrer inneren Beziehung zu Ihrer ersten Frau.
    Trauernder: Nicht so einfach.
    Trauerbegleiterin: Nein, nicht einfach, aber die Liebe bekommt das hin. Und es ist nun eine doppelte Liebe, die zu Ihrer verstorbenen Frau und die zur neuen Partnerin. Undbeides hat seinen Platz und seine Berechtigung – wenn Sie es wollen, aus Liebe.
Du hast deinen sicheren Ort in meinem Leben – gewürdigt, aber auch begrenzt
    Am Ende des Trauerweges kommen andere Menschen in das Leben eines Hinterbliebenen. Dann stellt sich noch einmal die Loyalitätsfrage : Darf ich mir das wünschen und – wenn es dann geschieht – es zulassen? Wende ich mich einem anderen zu und von meinem geliebten Menschen ab? Verrate ich nun nicht meinen geliebten Menschen? Dahinter steht die Angst, dass der geliebte Mensch ersetzt und damit aus dem eigenen Leben gedrängt wird.
    Ein Mann, der seine Frau vor drei Jahren verloren hat, lernt eine neue Partnerin kennen. Als sie in sein Haus kommt, fühlt sie sich von den vielen Fotografien der verstorbenen Ehefrau, die im ganzen Haus – beginnend mit dem Eingangsbereich – aufgehängt sind, befremdet. In diesem Haus und damit im Herzen dieses Mannes, so weiß sie intuitiv, hätte sie keinen Platz. Kann dieser Mann den Raum, den er seiner verstorbenen Ehefrau gibt, begrenzen? Kann er sich darauf einlassen oder ist er – aus Sicht der neuen Partnerin – zu sehr an sie gebunden?
    Zunächst nehmen die Anfangstrauer und der Verstorbene selbst den ganzen Raum im Leben der Hinterbliebenen ein. Das ist nicht nur in Ordnung, sondern auch nötig, damit wir unsere sichere innere Beziehung zu unserem abwesenden geliebten Menschen finden. Das kann sich wie in diesem Beispiel auch sehr konkret darin zeigen, dass die Fotografien oder andere Erinnerungsstücke alles einnehmen.
    Mit zunehmender Zeit werden wir unsere Trauer begrenzen, auch damit unsere Liebe zu unserem geliebten Menschen mehr Raum einnehmen kann. Wenn wir dann einen sicheren Ort für unseren geliebten Menschen gefunden haben, wird auch sein Raum, den er in unserem Denken und Fühlen einnimmt, begrenzt werden. Der geliebte Mensch erhält einen guten und gewürdigten Platz im Leben der Hinterbliebenen, der ihm sozusagenzugewiesen ist. Damit ist er aber auch begrenzt. Eine Familie, die zunächst an allen Fenstern eine Kerze für den verstorbenen Sohn aufgestellt hatte, hat nach einem Jahr nur noch eine Kerze in der Gedenkecke aufgestellt.
    Sollte der geliebte Mensch aber auf Dauer einen übergroßen, alles ausfüllenden Raum einnehmen, dann haben andere Menschen keinen Platz mehr. Dies gilt sowohl für die bisherigen als auch für neu dazukommende Menschen. In einer Familie ist

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