Meine Väter
ist verstrichen, kein Mensch denkt so etwas und wenn ich Dir schon alles beichte, laà es doch ein Geheimnis zwischen uns bleiben.«
Bronnen kann im Protokoll nicht leugnen, daà der Brief »in primitiver Form und in Ausdrücken, welche keines
wegs der nationalsozialistischen Ideologie oder Nomenklatur entsprachen«, abgefaÃt ist.
Ohne Vermutungen anzustellen: diesen kunstvoll dilettantisch abgefaÃten Brief kann die nahezu blinde Martha kaum selbst verfaÃt haben. Wer aber hat ihr dabei geholfen, den Brief zu tippen und bei den krausen handschriftlichen Zusätzen die Hand geführt?
Nirgendwo in den Erinnerungen Ferdinands habe ich etwas Konkretes gefunden, das auf einen Konflikt mit Martha hinweist. Nur eine einzige Andeutung aus der Zeit seiner EheschlieÃung weist auf Beschwerliches hin: »Denn allen Bitternissen und Enttäuschungen, die auch unserer Ehe nicht erspart geblieben sind, (zum Trotz, BB ) hat dieser Bund treulich standgehalten und ist aus den schlimmsten Prüfungen nur noch gefestigter hervorgegangen.« Zweifellos war die Abstammungsklage seines Sohnes für Ferdinand die »schlimmste Prüfung«.
Die Zweifel bleiben. Imitiert Arnolt die Herkunftsverschleierung seines Vaters?
»Die Klage begann zu laufen, der Anwalt sammelte Unterlagen für meine arische Abstammung, vor allem indes ProzeÃ-Vorschüsse ein, während ich plötzlich mein Lebens-Schifflein in eine ganz andere Richtung getrieben sah. Olga hatte sich auf eine mir nie ganz klargewordene Weise mit mir verlobt, und sie begann mit überraschender Ziel-Strebigkeit auf eine baldige Festsetzung der Hochzeit zu drängen.«
Er »lieà die Sache treiben«.
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*â*â*
32. Die Hochzeit
Olga Schkarina, seine neue Geliebte.
Wollte er damit sagen, daà er mit sehr viel Wichtigerem beschäftigt war als mit dieser Klage?
Er lieà es also treiben und schrieb, er gibt es zu, »ethischen Seim«.
Erst kurz vor der Hochzeit am 17. Dezember 1930 erfuhren Ferdinand und Martha Bronner in Wien, daà Arnolt heiraten würde. Die Braut hieà Olga und war russischer Herkunft, mehr wuÃten sie nicht. Aufgeregt packten sie die Koffer und nahmen den Nachtzug nach Berlin, fuhren dort zum Blau-WeiÃ-Club und trafen kurz vor dem Hochzeitsmahl ein. Martha trug vielleicht ihr von der Reise noch zerknittertes Seidenkleid, Ferdinand zum dunklen Anzug und dem gestärkten weiÃen Oberhemd eine edle Seidenkrawatte, auch der Zylinder durfte nicht fehlen.
Was sie erwartete, war eine grotesk inszenierte Komödie.
Wer war diese ominöse Olga, die Arnolt ein Jahr zuvor im Blau-WeiÃ-Club kennengelernt hatte, wo er jetzt Hochzeit mit ihr feierte?
Der Nachnamen führte Olga drei (Schkarina, Prowe, Förster), und sie gab sich als Nachfahrin von Don-Kosaken aus. In Moskau war sie als Adoptivtochter in einer russisch-deutschen Familie aufgewachsen und nach der bolschewistischen Oktober-Revolution mit den Eltern nach Berlin emigriert. Den Haà auf den Kommunismus hatte sie wohl mitgebracht, und so wundert es nicht, daà sie als Schauspielerin in einem Theater auftrat, das der NSDAP -Gauleiter Joseph Goebbels mit ein paar stellungslosen Schauspielern als Volksbühne in der KlosterstraÃe gegründet hatte, eine Versuchsbühne der Berliner NSDAP , um dem »verjudeten« Berlin den Kampf anzusagen. Im »Angriff« war zu lesen, daà die NS -Weltanschauungs-Volksbühne gegen das »ideenlose Theater der Amüsierindustrie« stand.
Die Saison 1928 wurde im November mit dem Goebbels-Stück Der Wanderer eröffnet â mit mäÃigem Anklang. »Das Theaterchen«, so Bronnen, »schleppte sich mühsam dahin, Gagen wurden prinzipiell nicht bezahlt, und als Zuschauer kamen nur jüdische Mitbürger, die wenigstens über etwas beim Nationalsozialismus lachen wollten.« Von Goebbels' Seite war zu erfahren, daà es »kein Publikum, sondern eine Gemeinde« hatte, nicht amüsieren, sondern »aufrütteln und erheben« wollte; den hier gespielten Stücken gehe es um Gehalt, Idee, das Bleibende am Kunstwerk, das von allen reifen Menschen verstanden werde: »Wer nicht zu uns kommen will, mag abseits stehen bleiben.
Wir marschieren.«
In Bronnens Augen war Olga ein »ausgesprochen rassiges, schönes Geschöpf«; »mittelgroÃ, vollschlank, mit kräftigen, temperamentvollen Bewegungen«. Daà Goebbels auch
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