Meine Wut ist jung
können.
Das Urteil gegen das Luftsicherheitsgesetz ist an Deutlichkeit nicht zu überbieten. Es beendet die Debatte, ob auf Basis der geltenden Rechtsgrundlagen die Bundeswehr zum Schutz der inneren Sicherheit eingesetzt werden kann, mit einem klaren Nein. Kern des Urteils ist die Festlegung durch das Gericht, dass es ethisch unzulässig ist - bei welcher Gelegenheit auch immer - menschliches Leben gegen ein anderes menschliches Leben abzuwägen. Auch das möglicherweise todgeweihte Leben ist geschützt. Es gibt keinen Aufopferungsanspruch des Staates gegenüber seinen Bürgern. Zur Abwehr einer Gefahr dürfen unschuldige Menschen nicht getötet werden. Die Tötung unbeteiligter Passagiere ist unter allen Umständen grundgesetzwidrig - so schwierig die Lage im Einzelfall auch sein mag.
Zum wichtigen Online-Urteil: Heimliche Durchsuchungen und Überwachungen des Computers sind ein gravierender Grundrechts-eingriff. Der Computer gehört heute zum innersten unserer Privatheit, ja, ist eine Art Seelendepot. Mit einem einzigen Zugriff könnte sich dem Staat die ganze Breite des Kernbereichs privater Lebensgestaltung öffnen. Hier hat das Bundesverfassungsgericht auf unseren Antrag hin das NRW Online-Gesetz aufgehoben und einer künftigen Regelung enge Grenzen gesetzt.
Auch das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung ist durch das Gericht aufgehoben worden. Sie darf nur unter sehr eingeschränkten Bedingungen wieder aufgenommen werden. Wenn der Gesetzgeber das überhaupt will. Darüber wird ja zurzeit heftig gestritten.
Eine unserer Beschwerden ist noch nicht entschieden: die Beschwerde gegen das BKA-Gesetz, das eine erhebliche Kompetenzausweitung für die Polizei bedeutet. Wir wenden uns gegen weitere grundgesetzwidrige Freiheitseinschränkungen durch die Ausweitung der Überwachungsmöglichkeiten auch gegen Unbeteiligte und gegen Eingriffe in die private Lebensgestaltung. Außerdem beklagen wir den mangelnden Schutz besonderer Vertrauensverhältnisse - wie zwischen Arzt und Patient oder Journalist und Informant.
Wie stehen eigentlich die Kirchen zum Schutz der Menschenwürde in diesem Zusammenhang?
Die katholische Kirche in Deutschland hat kürzlich Bilanz aus zehn Jahren Antiterrorkampf gezogen und in dem bemerkenswerten Bischofswort »Terrorismus als ethische Herausforderung« festgestellt, dass es keine legitime Abwehr ohne die Wahrung der Menschenwürde und Menschenrechte geben darf. Die Bedrohung durch Terroristen führe jedoch vielfach dazu, diese Grundsätze »aufzuweichen und zu unterspülen«. Aber freiheitliche und demokratische Staaten dürften sich nicht auf einen »Wettlauf mit der Barbarei« einlassen. Die Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz hat mit dieser Erklärung unmissverständlich festgestellt: »Die Menschenrechte und die Würde des Menschen stehen niemals unter einem Terrorismusvorbehalt.«
Im Zusammenhang mit Fragen der Inneren Sicherheit sprechen Sie immer wieder auch über Datenschutz. Wie können wir das Grundgesetz in der Internetgesellschaft leben?
Die Schaffung von Persönlichkeitsprofilen ist generell die große wachsende Gefahr in der Internetgesellschaft. Der gläserne Mensch - das ist schon Wirklichkeit, auch im Sicherheitsbereich! Datensammlungen erfolgen gezielt, aber auch ins Blaue hinein, ohne konkreten Verdacht. Die Persönlichkeitsprofile treffen uns alle, auch uns unbescholtene Bürger. Wir - das Volk - sind der Souverän, und der wird von Staatsorganen unterschiedslos bespitzelt. Zum Beispiel durch die Vorratsdatenspeicherung. Schon die bloße Speicherung von Millionen von Telekommunikationsverbindungen im Netz können über unser persönliches Leben eine Menge aussagen. Die Daten sollen monatelang gespeichert bleiben, um in wenigen Fällen möglicherweise von den Sicherheitsbehörden ausgewertet zu werden. Die massenhafte Handydatenerfassung in Dresden anlässlich der Demonstrationen im Jahr 2011 lag außerhalb jeglicher Verhältnismäßigkeit. Auch wenn es die Sicherheitsorgane bei solchen Einsätzen nicht leicht haben: Die Bürger dürfen bei der Wahrnehmung des fundamentalen Grundrechts auf Versammlungsfreiheit auf keinen Fall einer so weitgehenden staatlichen Erfassung ausgesetzt werden.
Auch die Videoüberwachung von Demonstrationen durch die Polizei ist nicht unbeschränkt erlaubt - sondern nur dann, wenn erhebliche Gefahren für Sicherheit und Ordnung drohen. Verdachtsunabhängige Überwachungen von Versammlungen sind nicht zulässig. Das
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