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Meineid

Meineid

Titel: Meineid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Erklärung plausibel zu sein. Er erläuterte uns, wie er das Verhältnis zwischen Tess und ihrem Liebhaber einschätzte. Eine junge Frau, die vor Jahren den geeigneten Partner für ihre Passion fand. Ein verheirateter Mann, der ebenfalls glücklich über die Fügung gewesen sein musste. Kaum anzunehmen, dass er seine Neigungen im Ehebett ausleben durfte. Er zeigte sich überaus großzügig. Zwei Jahre lang lebten beide in bestem Einvernehmen, nach außen abgeschüttet. Dann wurde die Frau schwanger und der Mann wütend. Er fühlte sich hereingelegt und trennte sich von ihr. Aber nicht für lange. Schon bald wurden sie erneut voneinander angezogen. Doch diesmal gingen sie auf Nummer sicher. Sie suchten einen Dummen, dem sie im Notfall eine zweite Schwangerschaft unterjubeln konnten. Und nun fragte sich Karreis, wie der Dumme sich gefühlt haben mochte, als er begriff, welcher Stellenwert ihm im Leben seiner Frau zukam. Ein auf infame Weise betrogener Ehemann, dem, als er die Trennung vorschlug, auch noch eine horrende Unterhaltszahlung abverlangt wurde und das Haus und das Kind. Die kleine Stieftochter, an welcher der Mann mit Herz und Seele hing. Die man ihm bereits seit Wochen vorenthielt. Die er im Falle einer Trennung nie mehr zu Gesicht bekommen hätte. Jeder von uns hatte verstanden. Ich machte mich bereit zu einer Erklärung. Doch Jan kam mir zuvor. Mit fester Stimme hielt er Karreis entgegen:
    «Ich habe meine Frau nicht getötet.»

    «Nicht?, fragte Karreis und seufzte nachhaltig.
    «Aber es ist sonst weit und breit niemand zu sehen, der ein Motiv hatte, Herr Tinner. Der Liebhaber Ihrer Frau hatte keines. Niemand beseitigt, worauf er angewiesen ist.»

    «Das sehe ich anders, widersprach ich.
    «Wenn Tess ihrem Liebhaber mit Knast gedroht hat. Ein Mann, der bemüht ist, seine Passion vor aller Welt zu verbergen, hat eine Menge zu verlieren. Da kann es leicht zu einer Kurzschlussreaktion kommen.»
    Karreis schmunzelte.
    «Ach, zu verlieren hatte er nur eine Menge Geld. Ich nehme an, bei dem Telefongespräch ging es darum.»

    «Sie nehmen an», sagte ich.
    «Dann sage ich Ihnen jetzt, was ich annehme. Sie finden keinen Hinweis auf die Identität dieses Mannes, und bevor Sie zugeben, dass Sie nicht weiterkommen, konstruieren Sie ein Motiv für den Ehemann. Dabei übersehen Sie jedoch etwas. Der Ehemann hat lange Zeit geschwiegen und geduldet. Er hätte im Fall einer Trennung keinen Pfennig zahlen müssen. Nicht bei einem so infamen Betrug und nach nur zweijähriger Ehe. Er hätte kein Messer gebraucht, nur einen guten Scheidungsanwalt. Den hätte ich mit Freuden vermittelt.»
    Karreis nickte gedankenverloren.
    «Das kann ich mir vorstellen. Die Frage ist nur, für welche Seite.»
    Das klang noch nachdenklich. Der nächste Satz kam scharf wie aus einer Pistole geschossen.
    «Was wollte Frau Tinner eigentlich von Ihnen? Sie hat Sie doch angerufen am Freitagnachmittag.»
    Feibert hatte weit mehr verstanden als nur das Wort Knast. So ziemlich alles hatte er verstanden, was in der Nacht zum Samstag auf der Treppe gesprochen worden war.
    «Nichts Besonderes», sagte ich.
    «Sie wollte nur wissen, ob wir am Wochenende schon etwas vorhatten.»
    Karreis grinste.
    «Und die Frage kam ihr ausgerechnet um halb drei in den Sinn? Schon merkwürdig, was manchen Leuten in gewissen Situationen durch den Kopf geht. Und Sie haben um halb vier nicht zurückgerufen, Herr Brand?»

    «Nein», sagte ich bestimmt. Karreis strich sich nachdenklich übers Kinn.
    «Wo waren Sie denn um halb vier?»
    Ehe ich darauf antworten konnte, forderte er:
    «Ach, wissen Sie was. Notieren Sie mir der Einfachheit halber Ihre Termine, sagen wir – ab zwölf.»
    Damit waren wir vorerst verabschiedet. Karreis begleitete uns hinaus, ging sofort zurück. Während er die Tür hinter sich schloss, hörte ich ihn zu Feibert sagen:
    «Pack zusammen, bringen wir den Kram zum Staatsanwalt. Soll sich Bevering mit Brand auseinandersetzen.»
    * Wir gingen zu dritt den Flur entlang. Greta war sichtlich schockiert und schwieg. Sie musste mir auch nicht erklären, dass sie aus Karreis’ letzten Worten dieselben Schlüsse gezogen hatte wie ich. Nun hatten sie mich im Verdacht. Aber ich hatte mit Hella Abeler ein Alibi für den Freitagnachmittag.
    «Mit Bevering werden wir fertig», sagte ich halblaut. Greta sah das ebenso. Bevering war einer von den Altgedienten und bekam meist die unliebsamen Fälle zugeschoben. Er wirkte wie eine Bulldogge und war der klassische

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