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Meineid

Meineid

Titel: Meineid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Verlierer, obwohl er sich redlich Mühe gab, ebenso gewissenhaft und qualifiziert war wie seine erfolgreichen Kollegen. Jan hielt den Kopf gesenkt. Er hob ihn auch nicht, als wir Gretas Wagen erreichten. Ob er Karreis’ letzten Satz noch gehört hatte, wagte ich nicht zu beurteilen. Ich betrachtete ihn, war unschlüssig, ob ich noch ein paar Worte mit ihm wechseln sollte. Es hätte vermutlich gut geklungen.
    «Mach dir keine Sorgen!»
    Dazu ein freundschaftliches Schulterklopfen. Aber danach war mir nicht. Halb drei! Das war ungeheuerlich! Ich deutete auf Jan und sagte zu Greta:
    «Bring ihn zurück. Und beeil dich. Es gibt eine Menge zu tun. Wir sehen uns in einer halben Stunde in der Kanzlei.»
    Ich sah nicht mehr, dass Jan weinte, als er in ihren Wagen stieg. Als Greta losfuhr, stammelte er:
    «Ich habe mich benommen wie ein Schwein. Es tut mir so furchtbar Leid. Ich wollte dir nicht wehtun. Du musst mir glauben, ich wollte es wirklich nicht. Aber ich dachte … Ich konnte nicht glauben, dass du das alles nur tust, um mir zu helfen. Verstehst du, was ich meine? Ich wollte –»

    «Ist schon in Ordnung, unterbrach sie ihn.
    «Du hattest Angst, da tut und sagt man viel, was man später bereut. Ich habe es nicht ernst genommen. Beruhige dich.»

    «Nein!»
    Er schlug sich mit der Faust aufs Bein, weinte heftiger.
    «Nichts ist in Ordnung. Wenn es da drin schief gegangen wäre, ich hätte nicht gezögert, dich ans Messer zu liefern. Sie hätten sich schon ihre Gedanken gemacht, wenn ich ihnen erzählt hätte, dass du mich überredet hast, auszusagen, wir wären zusammen gewesen.»

    «Du hast es nicht getan», sagte sie.
    «Das zählt.»
    Er zuckte mit den Achseln, wischte sich mit den Handrücken gleichzeitig über beide Wangen.
    «Du hättest mich verrecken lassen sollen, Greta. Wirklich! Du hättest dir selbst nur einen großen Gefallen getan. Ich weiß, wie du über mich denkst. Aber du irrst dich. Ich bin ein Schwein.»
    Sie ließ ihn vor dem Haus aussteigen, wollte weiter zur Kanzlei fahren. Doch als sie ihn auf die Haustür zugehen sah … Er ging nicht, er schlich mit hängenden, zuckenden Schultern und gesenktem Kopf, weinte immer noch. Sie mochte ihn nicht allein lassen. Am Ende hätte er sich wieder etwas angetan, also folgte sie ihm. Als sie die Wohnung betrat, war er im Bad. Die Tür hatte er geschlossen. Greta öffnete sie und sah ihn vor dem Waschbecken stehen. Fast wie Freitagabend: beide Hände um den Beckenrand verkrampft, den Kopf so tief, dass sein Kinn beinahe die Brust berührte. Sie sprach ihn an. Er reagierte auch nicht, als sie ihm eine Hand auf die Schulter legte. Sie holte zwei Beruhigungstabletten und ein Glas, füllte es mit kaltem Wasser und schob ihm die erste Tablette gewaltsam zwischen die zusammengepressten Lippen. Dann griff sie unter sein Kinn, bog seinen Kopf hoch, hielt ihm die Nase zu und das Glas an den Mund.
    «Schlucken, befahl sie. Er gehorchte, ließ sich auch die zweite Tablette in den Mund schieben, trank das Glas zur Hälfte leer. Seine Hände vom Beckenrand zu lösen war fast unmöglich. Sie schaffte es erst, als sie einen Schuh auszog und ihm mit dem spitzen Absatz auf die hervortretenden Knöchel schlug. Dann führte sie ihn ins Schlafzimmer, drückte ihn aufs Bett. Als er endlich lag, schloss er die Augen.
    «Keine Angst, Greta, flüsterte er. Sie verstand ihn kaum, musste sich tief über sein Gesicht beugen. Er griff mit einer Hand in ihren Nacken, zog ihren Kopf noch tiefer, bis sie mit der Wange dicht an seinen Lippen lag.
    «Keine Angst, wiederholte er.
    «Ich reiße dich nicht mit rein. Wenn es hart auf hart kommt, werde ich gestehen. Ich werde auch sagen, dass ich dich erst angerufen habe, als alles vorbei war. Dass du mir nur helfen wolltest, weil du wusstest, wie übel Tess mir mitgespielt hat. Das verspreche ich dir.»
    Sie fühlte seine Lippen auf der Haut. Sekundenlang war er still, dann flüsterte er weiter:
    «Du bist in Ordnung, Greta. Du bist nicht wie meine Mutter, wie Barby, Janine und Tess. Warum gerate ich immer an solche Weiber? Ich will doch nur in Ruhe mit einer Frau leben. Warum schaffe ich das nie?»
    Sie setzte sich aufs Bett. Ihren Nacken hielt er immer noch. Wer ist Janine, dachte sie und sagte:
    «Vielleicht suchst du dir die falschen Frauen aus.»

    «Wer kann sich die Mutter aussuchen?, murmelte er.
    «Ich werd das Bild nicht los, Greta. Wie sie auf dem Boden hockt und das Bier aufwischt. Ich dachte, wenn ich darüber schreibe, verliert

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