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Meineid

Meineid

Titel: Meineid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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doch nicht etwa im Ernst geglaubt, Jan hätte seine Mutter … Aber nein! Das hatte er nur behauptet, um zu sehen, wie Greta reagierte. Ihr lag auf der Zunge zu sagen, er habe zu lange mit Tess gelebt. Dass zu viel von ihrem Wesen auf ihn abgefärbt habe. Das sprach sie nicht aus, hörte weiter zu. Die einsamen Jahre. Die ersten Kontakte zum Fernsehen, als ein Kamerateam das Militärgelände als Kulisse benötigte und Jan als Berater oder Aufpasser abgestellt wurde, damit die Fernsehleute sich auf den genehmigten Wegen hielten. Sein erstes Drehbuch, noch als Berufssoldat. Es wurde abgelehnt, jedoch nur, weil der Stoff höchstens für einen Kurzfilm gereicht hätte. Man offerierte ihm, für Serien zu schreiben. Das tat er, quittierte den Militärdienst, als seine Zeit dort abgelaufen war, und verdiente sein Geld mit Schreiben. Hin und wieder ging er zu einer Prostituierten, hatte Angst vor Enttäuschungen, Verletzungen, vor jeder festen Beziehung. Bis Janine Breste in sein Leben trat. Zehn Jahre nach Barby. Er hatte Janine nicht getötet.
    «Soll ich das auch noch schwören, Greta?»
    Er hatte doch gar nicht gewusst, dass sie ihn betrog. Er war oft unterwegs, Besprechungen mit Redakteuren, Regisseuren, Produzenten, endlose Meetings mit Kollegen, Schauplatzrecherche und so weiter. Manchmal machte jemand aus der Nachbarschaft eine Andeutung, dass es in der Wohnung, die er mit Janine teilte, zugehe wie in einem Taubenschlag, wenn er den Rücken kehrte. Aber er nahm das nie ernst. Er dachte, es sei der blanke Neid, weil man ihm diese Frau nicht gönnte. Hübsch war sie gewesen und ein bisschen wie er, schwermütig und antriebsschwach auf eine Art, die man als Trägheit auslegen konnte. Aber wenn Janine in Fahrt kam, war sie hinreißend. Er sprach von Heirat, Janine wollte noch warten. Er sprach von Kindern, Janine wollte erst ihr Leben genießen. Manchmal gab es Streit deswegen. Dann warf Janine ihn aus dem Schlafzimmer. Und er betrank sich, an dem schrecklichen Abend auch. Er schlief ein auf der Couch im Wohnzimmer, erwachte irgendwann in der Nacht hustend und röchelnd im dichten Rauch. Sich zu Janine ins Schlafzimmer durchzukämpfen erwies sich als unmöglich. Er versuchte es natürlich, sogar mehrfach, so oft, dass er beinahe selbst draufgegangen wäre. Nur mit knapper Not hatte er es über den Balkon ins Freie geschafft. So war es gewesen. Und wieder die Verzweiflung. Befragungen durch die Polizei. Nein, sie hatten ihn nicht verdächtigt. Das konnte er auch beschwören. Und wieder die Einsamkeit. Ein Umzug aus dem Norden ins Rheinland, um Abstand zu gewinnen. Dann kam Greta, aber sie war rein äußerlich seiner Mutter so ähnlich. Es hatte ihm einen Schock versetzt, als er sie das erste Mal sah. Es hatte ihn ungeheure Überwindung gekostet, sie anzusprechen. Dass er es schaffte, dass er es danach sogar wagte, sie um einen Gefallen zu bitten, hatte er für ein gutes Zeichen gehalten. Und etwas in ihm sagte, dass er mit einer Frau wie Greta nicht nur leben, sondern auch all die inneren Ängste und Schuldgefühle überwinden könne. Auf dem Umweg über den Roman versuchte er festzustellen, wie sie zu Gewalt und Demütigungen stand. Als er es endlich wusste, fiel ihm auf, dass zwischen ihr und mir mehr war als berufliches Einvernehmen. Und er wollte sich nie wieder auf ein Verhältnis einlassen, wenn nicht hundertprozentig sicher war, dass er die Frau für sich alleine hatte. Bei Tess war er sicher gewesen, nachdem sie ihm von Mandys Vater und ihren schlechten Erfahrungen erzählt hatte. Eine Frau, die am eigenen Leib erleben musste, wie weh es tut, verraten und gequält zu werden, so eine Frau sei die Richtige für ihn, hatte er gedacht. Dann entpuppte sich Tess als der größte Reinfall von allen. Und jetzt waren es drei tote Frauen.
    «Hilf mir, Greta.»
    Natürlich! Was hätte sie auch sonst noch tun können? Sie glaubte ihm nicht einmal die Hälfte, hatte das Gefühl, auf einer Tretmine zu tanzen. Sie wusste nicht, was sie noch denken sollte, sehnte sich plötzlich nach mir. Jeden Augenblick wusste sie, was ich dachte und was sie in der nächsten Minute, Stunde oder am nächsten Morgen von mir zu erwarten hatte. Hilf mir, Greta! Ja, natürlich! Zurück konnte sie nicht mehr, wenn ihre Aussage bei Luis lag. Bei Bevering hätte sie es probiert. Bei Luis musste schon der Versuch in den Untergang führen. * Ich ahnte immer noch nichts von ihrer Angst, als ich eintraf. Aber mir war auch klar, dass es kein Zurück mehr

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