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Meineid

Meineid

Titel: Meineid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Geschmack und seinem Gefühl zu wählen. Jan habe ihr niemals auch nur ein Fünkchen Hoffnung gemacht. Im Gegenteil: Warum können wir nicht Freunde bleiben? Das konnten sie, das mussten sie sogar. Sie wollte Jan nicht völlig verlieren, Tess natürlich auch nicht. Beide sollten nicht den geringsten Grund bekommen, sie aus ihrem Leben zu verbannen, weil die Freundin der Frau in einer erfüllten Ehe nichts zu suchen hatte, speziell dann nicht, wenn sie den Mann gerne für sich gewonnen hätte. Und es musste doch jemand aufpassen, dass Tess ihn nicht zugrunde richtete mit ägyptischer Mythologie, Schleiertänzen, ihren Ansprüchen und ihrer Unersättlichkeit.

    «Ich weiß, wie ich klinge», sagte Greta,

    « wie ein eifersüchtiges Luder. Das bin ich im Moment auch, sie hat mir zwei Männer weggenommen. Aber das ist es nicht allein. Ich kenne Tess. Man hat ihr nie beigebracht, dass es Grenzen gibt.»
    Es dauerte etliche Wochen, ehe Greta sich mit den Gegebenheiten arrangiert hatte und in der Lage war, ihnen aufrichtig und von ganzem Herzen all das zu wünschen, was sie sich vom Leben erhofften. Für Tess immer genügend Geld auf den Bankkonten, einen berühmten Ehemann und ein bisschen mehr Leidenschaft. Da haperte es anscheinend. Noch zwei Monate nach der Hochzeit klagte Tess, es sei ein hartes Stück Arbeit. Das glaubte Greta ihr unbesehen. Und Jan wünschte sie eine harmonische Ehe. Dass seine kleine Stieftochter, in die er völlig vernarrt war, ihn so bald als möglich Papa nannte. Erfolg im Beruf, dass er irgendwann die zweite, dritte und vierte Romanszene schrieb. Ihre guten Wünsche kamen zu diesem Zeitpunkt von ganzem Herzen, davon bin ich überzeugt. Nur hatte Greta seit langem kein Herz mehr, wie hätte sich da einer ihrer Wünsche erfüllen können? Äußerlich schien es monatelang, als seien Jan und Tess das ideale Paar. Greta fuhr regelmäßig zweimal in der Woche am Abend nach Lindenthal, meist am Dienstag und am Donnerstag. Sie sah und hörte eine Menge, ich erfuhr davon knapp die Hälfte und grundsätzlich nur das, was Jan als liebenden und treu sorgenden Familienvater zeigte. Gemeinsam besuchten wir sie jeden zweiten Sonntag. Manchmal gingen wir zusammen essen. Mandy wurde solange bei den Großeltern deponiert. Aber Jan verbrachte seine Freizeit lieber in den eigenen vier Wänden und mit dem Kind. Und mit Freunden essen oder feiern, fand Tess, konnte man auch daheim. Sie gab Partys. Zur ersten, einige Wochen nach ihrer Hochzeit, lud sie auch zwei von Gretas Stammgästen ein, Luis und Hella Abeler, sowie ein paar von Jans Kollegen, um mit anschaulichem Material zu demonstrieren, dass ihr Mann mit Abstand der kreativste Kopf in dieser Runde war. Der Abend endete damit, dass sich eine Gruppe in Jans Arbeitszimmer verzog, um am Computer ein paar Überstunden mit einer Fernsehserie zu absolvieren, während die andere Gruppe über Präzedenzfälle und Revisionsurteile plauderte. Tess versuchte, mit Hella Abeler ins Gespräch zu kommen. Aber Hella war nicht interessiert an Funden von Saurierknochen in der Taiga. Sie achtete lieber darauf, dass Luis nicht ein zweites Mal im Eifer des Wortgefechtes die Hand auf Gretas Knie legte. Ab der zweiten Einladung beschränkte Tess sich auf das Publikum, das sie dirigieren konnte, Leute aus ihren Kursen und dem Fitnessstudio, Greta und mich. Und wenn die letzten Steaks oder Schnitzel vom Grill genommen waren, animierte sie Jan:

    «Erzähl mal die Szene, die du gestern geschrieben hast, Schatz.»
    Und zu uns:

    «Jan hat eine umwerfende neue Szene geschrieben. Ich hatte eine Gänsehaut, als ich sie las.»
    Auch nach der Hochzeit teilte Jan seine Zeit in Pflicht und Kür. Meist arbeitete er bis zum Spätnachmittag fürs Fernsehen, danach noch einige Stunden am Roman, und einmal im Monat leistete er sich einen freien Tag, um ungestört von Frau, Stieftochter und Telefon bei einer Fahrt über Land Ideen für den Roman zu sammeln. Ob er auch vorher schon herumgefahren war, wusste kein Mensch. Aber anscheinend funktionierte es nun endlich, er kam voran. Doch kaum hatte er begonnen, uns mit seinem letzten grandiosen Einfall zu unterhalten, unterbrach Tess ihn:

    «Nein, Schatz, nicht so trocken.»
    Dann erzählte sie. Es waren Szenen, wie wir sie mit der Neunzehnjährigen als Opfer zur Genüge kannten. Doch nun waren es andere Frauen, es gab jeweils eine kleine Vorgeschichte, die sich darum drehte, wie der Täter seine Beute aufspürte und belauerte, ehe er zuschlug. Es gab

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