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Meineid

Meineid

Titel: Meineid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Torte zu spendieren. Wenn ich das tu, gibt’s ein Donnerwetter. Mein lieber Mann ist momentan nicht gut auf mich zu sprechen. Ich hab ihm wieder ein großes Loch in die Kasse gerissen. Jetzt legt er eine Sonderschicht ein, um es aufzufüllen.»
    Kaum hatte Greta das Wohnzimmer betreten und war außer Hörweite, brach Tess in Tränen aus, wenn auch nur für ein paar Sekunden. Und dabei klang ihre Stimme nicht mehr so verwaschen.

    «Mir hängt das zum Hals raus. Für jeden Pfennig muss ich Kniefälle tun. Ich trau mich schon nicht mehr zu fragen, wenn ich was brauche. Aber Mandy brauchte dringend ein Paar Schuhe. Ich kann doch nicht verlangen, dass meine Eltern für alles aufkommen. Und dann fahr mal in die Stadt und sieh dir an, was Kinderschuhe kosten.»

    «Dir steht Unterhalt für Mandy zu», sagte ich.

    «Warum unternimmst du nicht etwas, wenn ihr Vater nicht freiwillig zahlt? Ich helfe dir gerne dabei. Ich denke, du hast eine Kopie der schriftlichen Erklärung. Wir können – »

    «Sunnyboy, du denkst zu viel, unterbrach sie mich, wischte die Tränen ab.

    «Hast du vergessen, was er mit mir angestellt hat, als er den Wisch zurückhaben wollte? Greta hat’s dir doch bestimmt erzählt. Was, meinst du, wird passieren, wenn er erfährt, dass ich eine Kopie habe? Ich kann dir sagen, was ich erreiche, wenn ich mein Recht erzwingen will. Entweder handele ich mir eine saftige Tracht Prügel ein und werde mal kurz im Auto vernascht, oder er dreht mir gleich den Hals um.»
    Sie betrachtete das leere Glas auf dem Boden neben der Liege und verzog das Gesicht, als wollte sie lächeln.

    «Stellen wir uns mal vor, ich gehe vor Gericht. Wie viel bekomme ich zugesprochen? Zweihundert Mark im Monat oder dreihundert Mark? Also ein Zehntel von dem, was ursprünglich vereinbart war. Nein, da muss ich mir was anderes einfallen lassen. Ich denke auch schon darüber nach. Aber ehe ich den Tiger reize, versuch ich es lieber nochmal beim Schaf. So’n kleiner Hammel bockt meist nur.»
    Kleiner Hammel! Der Ausdruck hatte mich sehr gestört. Ich hatte mir auch bei aller Antipathie nicht vorstellen können, dass Jan sich über ein Paar Kinderschuhe aufregte, wo ihm für Mandy nie etwas zu viel war. Ich hatte mir vieles nicht vorstellen können. Was sollte dieses Schmierentheater? War in den Flaschen tatsächlich nur Tee und Wasser? Greta und Jan hatten genug Zeit gehabt, den Inhalt auszutauschen. Andererseits, so dumm war Greta nicht, der Obduktionsbefund hätte bei längerem Alkoholmissbrauch die Manipulation der Flaschen rasch bewiesen. Und sie hätte nicht erschrecken müssen, wenn es zur Absprache gehörte. Und wenn es das nicht tat – konnte in dem Fläschchen, aus dem Tess sich braune Flüssigkeit auf ihren Oberschenkel getupft hatte, durchaus Schminke gewesen sein. Aber wozu? Warum – um alles in der Welt – hätte Tess Verletzungen vorgaukeln sollen, die eindeutig in eine bestimmte Richtung zeigten? Ich sah darin absolut keinen Sinn. Karreis nickte versonnen zu Jans Erklärung und bemerkte fast beiläufig, dass es Probleme in der Ehe gegeben hatte. Jan nickte ebenfalls, atmete tief durch.

    «Wir hatten nie etwas anderes. Ich habe meiner Frau schon vor Monaten die Trennung angeboten. Aber sie stellte Bedingungen, die ich nicht akzeptieren konnte.»
    Den Blick hielt er auf seine Hände gerichtet.

    «Sie wollte das Haus, für die Hypothek sollte ich aufkommen. Das sind mehr als fünftausend Mark im Monat. Hinzu kommen die laufenden Kosten. Als monatlichen Unterhalt verlangte sie ebenfalls fünftausend. Ich sollte ausziehen. Greta würde mich sicher mit Freuden aufnehmen und unterstützen, meinte sie.»
    Mehr als zehntausend Mark im Monat! So unverschämt konnte Tess nicht gewesen sein. Und dass Jan so dämlich war, der Polizei mit dieser horrenden Forderung ein klassisches Motiv zu liefern … Ich wusste nicht mehr, was ich denken sollte, erhob mich und ging auf die Terrassentür zu. Bevor ich sie erreichte, rief Karreis mir nach:

    «Moment, Herr Brand, wo wollen Sie denn hin so eilig?»

    «Nur an die frische Luft», sagte ich.

    «Ich möchte auch Tess gerne noch einmal sehen, bevor sie weggebracht wird.»

    «Bitte», sagte Karreis nur und deutete auf die Tür. Nachdem ich den Raum verlassen hatte, wandte er sich an Greta. Ich verstand auf der Terrasse jedes Wort.

    «Das scheint Ihren Mann aber umgehauen zu haben.»
    Die sarkastische Betonung auf Mann hätte er sich sparen können. Ehe Greta etwas erwidern konnte,

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