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Meineid

Meineid

Titel: Meineid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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erkundigte er sich bei Jan:

    «Sie haben ein Verhältnis mit Frau Baresi?»
    Ich hörte Gretas heftigen Protest.

    «Sie haben eine etwas zu lebhafte Phantasie, Herr Karreis.»

    «Die braucht man in dem Beruf, erklärte er.

    «Da kann sie nicht lebhaft genug sein.»
    Durch die offene Tür sah ich, wie er sich entspannt in seinem Sessel zurücklehnte und die Beine übereinander schlug, als richte er sich auf ein Plauderstündchen ein.

    «Man wird hinten und vorne belogen, stellte er fest.

    «Aber man merkt schnell, wenn zwei Leute unter einer Decke stecken. Nur befreundet! Zusammen am Roman arbeiten! Wollen Sie eine zweite Karriere aufbauen, Frau Doktor?»

    «Ich berate Herrn Tinner nur bei den juristischen Problemen, die im Roman auftauchen, erklärte Greta.

    «Die Handlung spielt zum größten Teil im Gerichtssaal.»
    Ihr bestimmter Ton imponierte Karreis nicht.

    «Na, da sind Sie ja Expertin, meinte er.

    «Bleiben Sie dabei, dass Sie das Haus kurz nach vier mit Herrn Tinner verlassen haben, dass Frau Tinner zu diesem Zeitpunkt an der Bar stand und sich einen Drink eingoss und dass Sie das Telefon auf der Bar nicht angefasst haben?»

    «Ja!», sagte Greta mit fester Stimme.

    «Sie haben den Apparat auch um halb elf nicht abgewischt und ein bisschen an den Tasten herumgespielt? Zum Beispiel die letzte angewählte Nummer durch eine Null ersetzt?»

«Nein! Ich sagte doch: Ich wollte hier unten nichts anfassen.»
    Karreis seufzte und bemerkte:
    «Ja, das sagten Sie.»
    Er hatte ihr kein Wort geglaubt. Greta begriff erst in dem Moment, dass sie einen großen Fehler gemacht hatte. Es hätten zumindest die Fingerabdrücke von Tess auf dem Hörer und dem Tastenfeld sein müssen. Sie hätte das Telefon auf keinen Fall abwischen dürfen. Sie hätte stattdessen dafür sorgen müssen, dass Jan von diesem Apparat aus die Polizei alarmierte. Seine Abdrücke wären jedem als völlig normal erschienen. Hätte! Wäre! Es war passiert und nicht rückgängig zu machen.
    .
    « Ich blieb eine Viertelstunde draußen, betrachtete Tess und unterhielt mich mit dem Gerichtsmediziner. Er hatte keine Scheu, mir zu demonstrieren, auf welche Weise sie gestorben und was ihm darüber hinaus bereits aufgefallen war. Ich weiß nicht, wie es anderen ergeht in solchen Momenten. Man schaut auf eine Tote hinunter, hört eine ungeheuerliche Erklärung, aber es ist noch nicht greifbar. Vielleicht war es zu frisch. Ich hatte noch nicht die Zeit gefunden, ihren Tod in den Teil meines Bewusstseins dringen zu lassen, der ihn voll und ganz erfassen konnte. Ihre Stimme klang mir noch im Ohr. Nicht die Worte, die sie am frühen Nachmittag ins Telefon gesprochen hatte, nicht der gepresste, mühsam beherrschte Ton, der jedem Satz Wahrhaftigkeit verlieh. Ich erinnerte mich an unser Gespräch über den richtigen Mann, das wir vor Jahren geführt hatten, als wir aus der Oper kamen. Ich sah sie noch vor mir im Abendkleid neben mir im Wagen und nicht halb nackt in einen Notsarg gelegt. Ein schlichtes Perlencollier um ihren Hals, nicht diese furchtbaren Wunden. Als ich zurück ins Wohnzimmer kam, war ich sehr aufgewühlt. Greta beobachtete mich misstrauisch. Sie wirkte ruhig und gefasst, als sei sie Herrin der Lage. Jan dagegen baute zusehends ab. An ihn gerichtete Fragen erreichten ihn nicht mehr. Er saß da wie isoliert, schüttelte den Kopf und betrachtete sein blutiges Hemd. Da sie das Hemd für ihre Untersuchungen brauchten, war Karreis damit einverstanden, dass ich ein frisches aus dem Schlafzimmer holte. Aber kaum hatte ich mich erhoben, sprang Greta auf.
    «Ich mache das schon.»
    Mit dem letzten Wort war sie bereits zur Tür hinaus. Karreis erhob keine Einwände, als ich ihr folgte. Sie musste auf der Treppe eine Rekordgeschwindigkeit erreicht haben. Als ich den ersten Stock erreichte, stand sie bereits vor dem Kleiderschrank und wühlte eilig in einem Stapel Kissenbezügen. Anscheinend war ihr entgangen, dass ich ihr gefolgt war. Ich verzichtete darauf, mich bemerkbar zu machen, beobachtete nur, wie sie zum Bett hinüberhuschte und unter die Kissen griff. Keine Frage, sie suchte etwas, aber kein frisches Hemd für Jan. Nur wurde sie nicht fündig, nahm endlich ein Hemd aus dem Schrank und ging wieder hinunter. Als sie das Hemd neben Jan auf die Couch legte, begann er mechanisch, die blutverkrusteten Knöpfe zu öffnen. Der Stoff war völlig durchtränkt, auch seine Brust war blutig. Er musste unmittelbar nach ihrem Tod mit Tess in Berührung

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