Meines Bruders Moerderin
geleistet.«
»Oder jemand anders. Soviel ich weiß, konnte man Barbara Dyckhoff bisher keine Fingerabdrücke abnehmen, und für das Ergebnis einer Genanalyse ist es noch zu früh.« Pia blätterte abwesend in den Papieren. »Und was ist mit der zweiten Leiche? Irgendwelche Anhaltspunkte?«
»Ein Mann, Mitte fünfzig, korpulent, keine Zähne. Aber der Mörder kann er nicht gewesen sein, er war schon lange vorher tot. Todesursache noch unbekannt.«
»Und die Nachbarn?«
»Reimann war nicht sehr beliebt. Man empfand ihn als Fremdkörper. Allerdings hat eine gewisse Dolores Cardona gesehen, wie er in seinem Porsche heimkam, knapp eine Stunde vor dem Feuer. Und bei ihm saß eine Frau. Die Beschreibung passt haargenau auf Barbara Dyckhoff. Ich wette, sie wird sie bei einer Gegenüberstellung wiedererkennen.« Er war sich sehr sicher.
»Sag mal, Toni«, Pia wechselte plötzlich Thema und Tonart. Lächelte in sein gebräuntes Gesicht. »Du hast doch diese beiden Marokkaner vernommen. Die den Porsche geklaut und einen Australier angefahren haben ...«
»Ja, klar«, Toni entspannte sich noch mehr, »zwei Dealer, Illegale. Aber die haben sonst nichts mit dem Fall zu tun. Die wären ja auch vielleicht gar nicht bei uns gelandet, wenn das nicht direkt hier vor der Haustür passiert wäre. Jetzt ist das nur ein Haufen überflüssiger Papierkrieg.«
»Soll ich dir die zwei abnehmen?« Aus Pias Lächeln troff der Honig.
Toni war verblüfft. »Das würdest du tun?«
»Warum nicht. Ich kenne eine Anwältin, die den Fall gern vertreten würde. Dann kann sie den Papierkram erledigen.« Pia sah die Erleichterung in seinem Gesicht.
»Abgemacht«, Toni grinste und hielt ihr die Hand zum Schlag hin.
»Toni, das würde ich nicht tun.« Silvi trug ein lilaledernes Miniröckchen und ein pink schimmerndes Schlangen-Top. Sie schüttelte ihr langes Blondhaar, aber der Augenblick war schlecht gewählt. Toni war auf der Gewinnerstraße, er hatte gerade Pia einen Berg lästiger Arbeit angehängt und musste sich nichts von einer kleinen Assistentin sagen lassen.
Pia tröstete sie. »Du bist alles andere als dumm, Silvi. Du sendest nur die falschen Signale aus.« Pia winkte Bonet zu, der zur Tür hereinkam, und bekam so Silvis hasserfüllten Blick nicht mit.
Pia ging zu ihrem Tisch und setzte sich. Sieg, Sieg. Sie breitete die Unterlagen vor sich aus und machte sich an das Studium. Als das Telefon läutete, nahm sie automatisch ab.
»Mein Kind!!!« Theatralisch schrill, Doña Pilar, ihre Mutter. Am liebsten hätte Pia den Hörer sofort wieder aufgelegt.
»Hallo, Mutter. Ich hatte dich doch gebeten, mich nicht im Büro anzurufen!«
»Kindchen, das ist ja schrecklich. Ich habe es im Fernsehen gesehen. Das ist doch kein Leben für eine Frau. Du musst aufhören damit. Warum kommst du nicht für ein paar Monate nach Hause und dann sehen wir weiter.«
Bonet blieb vor ihrem Tisch stehen, sie machte ihm Zeichen, zu warten. »Mutter, ich muss arbeiten. Ich rufe dich abends von zu Hause an. Ich habe nämlich ein Zuhause.«
»Pilar, mein kleiner Liebling, du weißt, wie ich dich vermisse«, ein leiser Schluchzer. »Ich mache mir solche Sorgen um dich, und meine Damen fragen immer wieder nach dir. Du erinnerst dich doch noch an ...«
»Hallo, hallo?« Pia schlug den Kugelschreiber gegen den Hörer und improvisierte eine Störung. »Hallo? Hallo!« Sie legte mitten im letzten Hallo auf.
Bonet gab ihr eine Liste. »Das sind alle Männer im Alter von vierzig bis fünfundsechzig, die im Zeitraum der letzten zwei Jahre in Barcelona und Umgebung als vermisst gemeldet worden sind.« Er legte ihr eine Liste von achtundzwanzig Namen auf den Tisch. Pia merkte, dass ihre Hand zitterte. Als das Telefon erneut läutete, hob sie nur den Hörer hoch und legte ihn sofort wieder zurück.
»Meine Mutter. Sie kann ziemlich hartnäckig sein.« Fünf der Namen waren mit einem Marker hervorgehoben. Drei gelb, einer blau, einer grün. »Du hast sie schon überprüft?«
»Die meisten kommen nicht in Frage. Zu alt, zu jung, zu dick, zu dünn, zu viele Zähne, inzwischen tot und so weiter. Der Blaue ist erst fünfundvierzig, Django Albiol, ein von seiner Familie verstoßener gitano , der sich mit einer alten Nutte aus dem Raval zusammengetan hatte. Sie hat ihn vor anderthalb Jahren als vermisst gemeldet. Die Vermutung liegt nahe, dass er sich einfach so vom Acker gemacht hat. Er wird hier bei keinem Zahnarzt geführt. Ich habe die Liste über den Computer an alle
Weitere Kostenlose Bücher