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Meines Bruders Moerderin

Meines Bruders Moerderin

Titel: Meines Bruders Moerderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Rodrian
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ist tot. Ermordet. Schon vergessen?«
    »So sieht es zumindest aus.«
    »Ist das nicht Ihr Auto?« Paul zog den Mund noch einen Eichstrich schiefer, Janet folgte seinem Blick. Ein Polizeikombi hielt kurz hinter ihrem Mini, und zwei Männer brachten schwarz-gelbe Krallen an.
    Janet hob die Schultern. »Was ist schon ein Auto. Das da hätte den nächsten TÜV sowieso nicht überlebt. In sechs Stunden wird es abgeschleppt. Erspart mir das Verschrotten.« Sie steckte sich eine neue Zigarette an der alten an. »Als gestohlen angeben und abmelden. Billiger als jede andere Methode, ein altes Auto loszuwerden.« Sie lächelte wehmütig. »Früher haben wir alte Autos vergraben oder im Meer versenkt, aber das geht ja heute nicht mehr. Wo waren wir stehen geblieben?«
    »Bei Ihrer armselig kleinen alten Rostbeule. Aber ihr Engländer liebt ja das Understatement.«
    »Bei der Frage, wie man eine Fülle derart wichtiger und brisanter Informationen so lange unterdrücken kann. Die Antwort ist relativ einfach. Geld, Macht und Einfluss in höchstem Maße.«
    »Diese Unterstellung muss ich wohl als Kompliment sehen. Nun, Sie sind ja anscheinend reich, frei und unabhängig. Sie können jetzt alles ausplaudern und den Artikel Ihres Lebens schreiben.«
    Paul lehnte sich zurück und bestellte zwei neue Whiskys. Seine anfängliche Nervosität war verschwunden. Er wirkte ruhig und souverän. Das hatte sie warnen müssen, aber Janet war blind, sie war auf dem Kriegspfad.
    »Ich bin keine Wirtschaftsjournalistin. Das interessiert mich nur am Rande. Mein Gebiet ist die Kriminologie. Und wenn wir mal unterstellen, dass ich auch nur annähernd Recht habe, dann hätten Sie doch ein wunderschönes Mordmotiv.«
    »Schade, ich hatte Sie für intelligenter gehalten.« Paul Reimann stand auf, warf genug Geld auf den Tisch, um die Drinks und noch mal das zehnfache zu begleichen und ging. Schaute über die Schulter zurück. Wieder dieses schiefe Grinsen. »Und falls Sie es auf Erpressung abgesehen hatten, mehr Geld als das werden Sie von mir nicht bekommen. Sorry Howard.«
    Janet blieb sitzen und sah ihm nach. Kein Grund zur Eile. Sie kippte die beiden Whiskys zusammen und steckte sich eine neue Zigarette an. Mit Paul Reimann waren auch die drei Blues Brothers verschwunden. Ihr Mini saß fest für immer. Sie nahm einen tiefen Schluck aus dem Doppelglas.
    Es gab nicht viel im Leben, vor dem Janet Angst hatte. Gefahren mussten erkannt und überwunden werden. Sonst paralysierten sie einen nur. Das sah sie ganz pragmatisch. Nur jetzt war plötzlich alles anders.
    Sie hatte nur eine kleine Leuchtrakete losgelassen und offensichtlich etwas zu viel Licht ins Dunkel gebracht. Unwillkürlich schaute sie zu den Dächern der umliegenden Häuser hoch auf der Suche nach Scharfschützen. Janet litt sicher nicht an übersteigerter Phantasie, aber im Moment fühlte sie sich wie im Fadenkreuz.
    Sie zahlte und steckte das überschüssige Geld ein, stand auf, hängte sich die Tasche über die Schulter und ging langsam und aufrecht hinüber zur Jaume I, über die Dagería in die Viladecols. Alles Einbahnstraßen in der falschen Richtung, gut, dass sie den Mini los war. Sie versuchte, schneller zu laufen. Schnappte nach Luft und überhörte das Pfeifen der Bronchien. Jede sanfte Steigung wurde zum Berg. Die Gassen mit den schwarzen Knubbelpollern, handbreiten Eisenbalkonen, von denen Jalousien oder Grünpflanzen herunterhingen, hohen Häusern, die die Sonne nur mittags kurz hereinließen, einer mittelalterlichen Steinbrücke mit verstaubten Butzenscheiben zwischen den Mauern. Ein Hauch von Venedig. Düstere Tore und halb geschlossene Fenster.
    Die Plaça Regomir lag im hellen Sonnenlicht. Janet blieb schwer atmend stehen. Alles war wie immer. Vor der Apotheke ein Lieferwagen, gegenüber schlappten noch zwei Fahnen von San Juan, Katalonien und Europa. Vor dem Telefonhäuschen zwei Japaner, die mit den Münzen nicht zurecht kamen, eine Mutter im Disput mit ihrem wütenden Schulkind. Eine alte Frau mit Haarnetz und Einkaufstasche ging zu dem kleinen Lebensmittelladen. Colmado Paco. Janet folgte ihr. Ein paar Gemüsekisten, eine Theke mit Schinken und Käse, ein Regal mit Dosen und abgepacktem Gebäck, ein Glasschrank mit Butter, Milch und Joghurt, ein hohes Regal mit Flaschen, ein Holzgestell mit Broten. Eine dicke Frau brachte gerade ein Blech mit duftend frischen empanadas nach vorne. Janet kaufte eine kleine Flasche J&B, ein Bauernbrot und sechs empanadas , drei mit

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