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Meines Bruders Moerderin

Meines Bruders Moerderin

Titel: Meines Bruders Moerderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Rodrian
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Gemüse gefüllt, drei mit Tunfisch.
    Die Alltäglichkeit dieser Aktion beruhigte sie. Sie packte den Whisky zwischen die Papiere in die Tasche und ging mit ihrer Brottüte hinaus und hinüber in den handtuchschmalen Durchgang, der zum Pati Llimona führte. Fühlte sich cool. Drückte sich flach an die Wand und wartete ein paar Sekunden.
    Eine Autohupe, zwei Frauen stritten, ein Baby schrie. Es roch nach feuchtem Mauerwerk, Tomatensuppe und Lavendel.
    Janet schob sich vorsichtig an die Mauer und schaute zurück auf den sonnenheißen Platz. Niemand beachtete sie, und niemand folgte ihr. Sie entspannte sich und ging weiter.
    Plötzlich wurde sie brutal zurückgerissen. Ihr linke Schulter brannte wie ausgekugelt. Sie sah in das runde Gesicht eines jungen Mannes. Dunkle Haare, braune Haut, breite Schultern, ein rotes T-Shirt. Er wandte den Blick sofort ab, riss nur an ihrer Tasche. Riss mit beiden Händen und mit aller Kraft. Janet schrie. Sie hielt den Arm im Reflex angewinkelt, um die Tasche festzuhalten und schlug um sich. Versuchte, ihn in die Eier zu treten, aber die Tasche war dazwischen. In der anderen Hand hatte sie nur die Tüte. Sie holte aus und schwang sie hoch. Traf seine Schulter. Er gab nicht auf. Ins Gesicht. Noch mal und noch mal. Endlich ließ er los und rannte davon. Kurz vor der Ecke wurde er schlagartig langsam und fiel in einen unschuldigen Schlendergang.
    Janet keuchte, zitterte. Ihr Kopf schien zu bersten. Sie hätte sich gern irgendwo hingesetzt, aber es gab nichts außer dem schmutzigen Boden.
    Ein älteres Paar kam die Gasse herauf. »Haben Sie geschrien? Können wir Ihnen helfen?«
    Janet untersuchte die Tüte, Blutspuren. Gut. Hoffentlich Ohr ab und Nase gebrochen. Das Brot war aufgeplatzt, die empanadas zermantscht. »Danke nein, es geht schon.«

IV. Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft

31
    Pia legte die rosigen Bacalaoscheiben auf eine Platte, beträufelte sie mit dunklem Olivenöl und schnitt kleine Tomatenwürfel dazu. Sie hatte schon Melone mit Schinken vorbereitet und Avocados mit gambas gefüllt. Eine Käseplatte mit Fliegenschirm. Pia sah auf die Uhr, elf Uhr zehn, und öffnete die erste Cavaflasche.
    Fritz saß auf einem der Barhocker und behielt sie im Auge. Und den Fisch, die gambas , den Schinken und den Käse. Er schnurrte. Als es läutete, überlegte Pia nicht lange, sie packte Fritz und nahm ihn mit zur Wohnungstür, drückte den Öffner zur Straße und ging in die Küche zurück. Zögerte. Hatte immer noch Fritz auf dem Arm, der sich auch in Anbetracht all der Köstlichkeiten wie ein willenloses Sofakissen tragen ließ.
    Die Wohnungstür stand noch auf. Das war unentschuldbarer Leichtsinn in einer Stadt wie Barcelona. Kurz entschlossen setzte sie Fritz auf die Terrasse und sperrte ihn aus. Rannte zurück zur Tür.
    Dagmar. Pia umarmte sie vor lauter Erleichterung. »Verdammt und alle Heiligen, in dieser Stadt kann man eine ganz schöne Paranoia entwickeln. Komm rein.«
    »Es ist nicht die Stadt, es ist dieser widerliche Fall.« Dagmars Gesicht war rot, Schweiß perlte von ihrer Stirn, aber sie strahlte. Hielt Pia eine Aluform mit Leberpastete hin und einen Beutel mit zwei kalten, in Zeitungspapier gewickelten Cavaflaschen, Codorníu Brut. »Ist Janet schon hier? Ich habe heute Morgen mit den beiden Marokkanern gesprochen. Ich hab da eine Idee.«
    »Ich auch, ich hab auch eine Idee. Warten wir auf Janet.« Pia füllte zwei Gläser, sie tranken. Pia packte die Pastete aus und richtete sie auf einem neuen Teller an. »Hmmm, die duftet ja lecker.«
    »Hühner- und Lammleber. Aber deine tapas sehen auch sehr verführerisch aus. Kann ich dir was helfen?«
    »Pass auf diesen blöden Kater auf. Der denkt immer nur an das eine«, Fritz war über das Terrassengeländer balanciert und kletterte gerade durch das offene Wohnzimmerfenster herein und sprang auf den Hocker neben Dagmar.
    Dagmar schwitzte immer noch. Pia hatte überall Fächer in allen Farben herumliegen. Sie nahm sich einen gelben und gab Dagmar einen blauen. »Hier. Neben der Siesta eine der größten Erfindungen Spaniens. Die schwarz gemusterten Touristenfächer kann ich nicht ausstehen, ich kauf immer nur einfarbige. Ich hab damit angefangen, als ich mit dem Rauchen aufgehört habe. Da hast du wenigstens etwas in der Hand zum Fummeln. In Madrid oder auf den Balearen total okay, gilt aber hier in Barcelona als absolut uncool. Ist nur was für gebrechliche alte Damen. Mich kratzt das nicht. Ich finde es extrem

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