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Meines Vaters Land: Geschichte einer deutschen Familie (German Edition)

Meines Vaters Land: Geschichte einer deutschen Familie (German Edition)

Titel: Meines Vaters Land: Geschichte einer deutschen Familie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wibke Bruhns
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er kannte ja ihre Methoden.«
    HG ist ein Mann der Abwehr. Nichts zu sagen, ist ihm zur zweiten Natur geworden. An Else schreibt er im April 1944: »Seit länger als vier Jahren lebe ich jetzt eine Art Doppelleben, und ich empfinde es gerade in letzter Zeit als schmerzlich, nicht mit Dir darüber reden zu können, was in der anderen Hälfte vorgeht. Gerade weil Du nicht ins Amt gehörst, würde eine Zwiesprache mit Dir mir manches klarer werden lassen, und wenn es wie jetzt so überhand nimmt, bin ich davon so beansprucht, daß die andere Hälfte, in der Du vorkommst, davon zugedeckt zu werden droht, und ich weiß nicht mehr, wie ich der Entfremdung vorbeugen soll.« Mit wem spricht HG statt dessen? Ich denke, mit niemandem. Alle diese Männer, es sei denn sie sitzen im Auge des Taifuns, sind zur Sprachlosigkeit verdammt. Sie tun ihre Pflicht, ihre Aufgabe ist die Lösung anstehender Probleme, nicht die Beschäftigung mit eigenen Ängsten. Es hat seinen Grund, daß HGs Briefe aus dem Jahr 1944 fast alle enden mit »Dein einsamer Mann«.
    Bernhard schreibt natürlich auch nichts über die Turbulenzen im OKH an Ursula, obwohl sie fast täglich Post von ihm bekommt. Das sind Briefe voller Poesie und Zärtlichkeit, Seiten detaillierter Zukunftspläne für die Zeit nach dem Krieg, Vorfreude auf das Kind, das Ursula erwartet, Zweisamkeit: »Weißt Du, ich glaube, daß die meisten Ehen verflachen durch gedankenlose Gewöhnung. Das kann bei uns schon gar nicht sein, denn Du bist jedesmal für mich ein neues Wunder, das ich noch nicht kannte, und das mir trotzdem so vertraut erscheint, weil Du es bist. Aber ich staune immer wieder, ich entdecke Dich in tausend Variationen, und immer wieder liebe ich Dich neu!«
    Ich finde einen Brief Bernhards an seinen Vater, den Respekt einflößenden Berliner Bankier mit dem Kneifer. Bernhard schreibt ihm am 13. Juli 1944 – eine Woche vor dem Attentat – im Flugzeug nach Budapest: »Der Gedanke, bald Vater zu sein, ist mir im Augenblick ebenso fremd wie der Gedanke, verheiratet zu sein, es vor meiner Hochzeit war. Wenn ich mich aber an das Vater-Sein ebenso schnell gewöhne und es mich ebenso glücklich macht wie das Zusammenleben mit Ursula, dann werde ich mich wohl sehr schnell dran gewöhnen und es wird mich sehr glücklich machen. Lieber Papa, wes das Herz voll ist, des läuft der Mund über: immer wieder muß ich sagen, daß die Ehe mit Ursula ein so großes Glück für mich ist, wie ich es nie auf dieser Welt bisher kennen gelernt und auch nicht erwartet habe. Ich bin sicher, daß Ursula genau so fühlt wie ich.«
    Gelegentlich erwähnt Bernhard Leute aus seinem militärischen Umfeld, mehrfach finde ich seine Bewunderung für Oberstleutnant, später Generalmajor Hellmuth Stieff. Er hat Bernhard 1942 in den Generalstab des Oberkommandos der 4. Armee und 1943 auf Stauffenbergs früheren Posten in die Organisationsabteilung im Generalstab des Heeres geholt. Stieff ist ein kleingewachsener, umtriebiger, charismatischer Mann, dessen empörte Briefe über Hitler verblüffend offenherzig sind. »Ich bin von einem abgrundtiefen Haß erfüllt!« schreibt er an seine Frau und, wegen der Aushungerung Leningrads, »wenn ein wahrer Teufel in Menschengestalt so etwas erfindet, wovor ein Dschingis Khan vor Neid erblassen würde«. Stieff hatte um sich eine Gruppe junger Offiziere geschart, die sich spätestens seit dem Fall von Stalingrad in der Ablehnung des Regimes einig waren. Sie sind es, die an jenem Februarabend in Mauerwald mit HG zusammensitzen.
    Das OKH residierte stets in der Nachbarschaft des Führerhauptquartiers, mal bei der Wolfschanze, mal am Obersalzberg, in Zossen bei Berlin oder wo immer Hitler seine Zelte aufschlug. Stieff hatte Zugang zu Hitler – hätte er sich bereit gefunden, das Attentat durchzuführen, wie Stauffenberg noch bis Anfang Juli zu hoffen schien, vielleicht wäre manches anders gekommen. Aber Stieff konnte nicht, wollte nicht, bekannte sich zu einer »Tötungshemmung«, wer wollte es ihm verdenken. Stauffenberg, durch seine Kriegsverletzung schwer behindert – ihm fehlten ein Auge, eine Hand und an der anderen Hand die beiden letzten Finger – flog für das Attentat von Berlin in die Wolfschanze, nach dem Anschlag brauchte er kostbare dreieinhalb Stunden zurück nach Berlin, ehe er die Leitung des Staatsstreichs übernehmen konnte. Auch hierin liegt ein Grund für das Scheitern der Verschwörung.
    Bernhard erzählt Ursula nichts von den wiederholten

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