Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meister Antifer's wunderbare Abenteuer

Meister Antifer's wunderbare Abenteuer

Titel: Meister Antifer's wunderbare Abenteuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
fluchte er wie ein Mastwächter, dem ein Tau durch die Hände glitt, kante wüthend am Mundstück seiner Pfeife, die zwanzigmal ausging und zwanzigmal wieder in Brand gesetzt wurde, schleuderte den Atlas in einen Winkel, zertrümmerte eine große Muschel, die den Kaminsims schmückte, stieß mit dem Fuße auf, daß die Deckenbalken zitterten und schrie mit einer Stimme, die es gewöhnt war, das Rauschen des Sturmwinds zu übertönen und wobei er sich aus einem Pappstück ein Sprachrohr zusammenbog:
    »Nanon!.. Enogate!«
    Enogate und Nanon, die eine mit einer Strickarbeit, die andre nahe dem Küchenherde mit dem Plätteisen beschäftigt, hielten es nun für an der Zeit, diesem Aufruhr der häuslichen Elemente einen Dämpfer aufzusetzen.
    Der Auftritt spielt in einem jener guten alten Häuser von Saint-Malo, die aus Granit erbaut sind. Seine Façade ist nach der Straße der Hautes-Salles gerichtet. Es besteht aus einem Erdgeschoß nebst zwei Stockwerken, jedes mit zwei Stuben, wovon das obere über den Rundgang auf dem Walle hinausragt Von diesem aus sieht man seine granitnen Mauern, die dick genug sind, den Geschossen früherer Zeit zu widerstehen, seine schmalen, eisenvergitterten Fenster. die massive Thür aus bestem Eichenholz mit Metallbeschlägen und einem Klopfer, den man bis Saint-Servan hört, wenn der Meister Antifer ihn handhabt, und endlich das von Luken durchbrochene Schieferdach, durch das manchmal das lange Fernrohr des in Ruhestand getretenen Seemanns hervorlugt. Dieses Haus, halb Casematte, halb Meierhof, nahe einer Ecke der die Stadt umschließenden Mauern, bietet eine herrliche, weite Aussicht, zur Rechten den Grand-Bey, eine Ecke von Cézembre, die Décolléspitze und das Cap Fréhel, – zur Linken den Hafendamm und den Molo, die Mündung der Rance, den Strand von Prieuré nahe Dinard, und den altersgrauen Dom von Saint-Servan.
    Ehemals war Saint-Malo eine Insel, und vielleicht dachte der Meister Antifer mit Bedauern an die Zeit, wo er sich einen Inselbewohner nennen konnte.
    Das alte Aaron ist aber einmal eine Halbinsel geworden, und er mußte sich wohl oder übel damit abfinden. Uebrigens hat man alles Recht, stolz zu sein, wenn man ein Kind dieser Stadt Armor’s ist, die Frankreich so viele große Männer geschenkt hat, unter andern Duguay-Trouin, dessen Statue unser würdiger Seemann stets begrüßte, wenn er über den Square ging, Lamennais, obwohl dieser Schriftsteller jenen in keiner Weise interessierte, und Chateaubriand, von dem er nur das letzte Werk kannte. Hiermit meinen wir nur dessen bescheidnes und doch stolzes Grabmal auf dem Eiland des Grand-Bey, das den Namen des berühmten Autors trägt.
    Der Meister Antifer (Pierre-Servan-Malo) war zur Zeit sechsundvierzig Jahre alt. Seit achtzehn Monaten hatte er sich vom Handwerk mit genügenden Ersparnissen zurückgezogen, um mit den Seinigen wenigstens sorgenlos leben zu können. Einige Tausend Francs Rente hatte ihm seine Dienstleistung auf zwei oder drei von ihm geführten Schiffen abgeworfen, deren Heimathafen stets Saint-Malo gewesen war. Diese Schiffe, dem Hause Le Baillif & Comp. gehörig, dienten der weiteren Küstenfahrt im Canal, in der Nord-und Ostsee und dem Mitteländischen Meere. Bevor er jene hohe Stellung erlangte, hatte sich Meister Antifer schon recht tüchtig in der Welt umgesehen. Eine Theerjacke von altem Schrot und Korn, war er unternehmend, hart gegen sich, wie gegen andre, trat überall schonungslos mit seiner Person ein und war von einer Zähigkeit, die vor keinem Hinderniß zurückbebte, von der Halsstarrigkeit des bretonischen Bretagners. Ob er es bedauerte, das Meer verlassen zu haben?… Wohl nicht, da er es ja im kräftigsten Mannesalter gethan hatte. – Ob seine Gesundheit diesen Entschluß beeinflußt hatte?… Gewiß nicht, denn er schien aus dem reinen Granit der armorikanischen Küsten gemeißelt zu sein.
    Es genügte schon, ihn zu sehen, zu hören und von ihm einen Händedruck zu bekommen, womit er nicht besonders geizte. Stelle man sich in ihm einen stämmigen, mittelgroßen Mann mit breitem Nacken vor. Hier sein Signalement: Keltischer Dickschädel; starkes, stachelschweinartig abstehendes Haar, dunkles, doch etwas welkes Gesicht, das vom Meerwasser und der Sonne niedriger Breiten gefärbt war. Barthalskrause, dicht und stark wie die Flechten am Felsen. deren graue Strähne oben mit dem Haupthaar verschmolzen; lebhafte Augen. wahre Karfunkeln unter dem Brauenbogen, mit pechschwarzer funkelnder

Weitere Kostenlose Bücher