Meister Antifer's wunderbare Abenteuer
mit der Meldung, daß genannter Zambuco eines Tages den Besuch des genannten Antifer erhalten werde, enthielt die Breitenangabe 3°17’ südlich des Aequators.
Jetzt brauchte man auf einer Karte nur die entsprechenden beiden Linien zu kreuzen, um die Lage der Insel Nummer Zwei zu ersehen.
»Sie haben ohne Zweifel einen Atlas? fragte der Banquier.
– Einen Atlas und auch einen Neffen, antwortete Meister Antifer.
– Einen Neffen?
– Ja… einen jungen Kapitän der langen Fahrt, der die nöthige Operation ausführen wird.
– Wo ist denn dieser Neffe?
– Hier, im Hôtel de France.
– Da wollen wir sofort hin, Herr Schwager! rief der Banquier, einen breitkrämpigen alten Hut aufstülpend.
– Nun, also vorwärts!« erwiderte Meister Antifer.
Beide begaben sich nach dem Marineplatze. Vor dem Postgebäude angelangt, wollte Zambuco erst noch eine Depesche nach Malta aufgeben.
Meister Antifer hatte nichts einzuwenden. Fräulein Talisma Zambuco mußte doch wenigstens die Kunde erhalten, daß sich »ein Officier der französischen Marine« um ihre Hand beworben und ihr Bruder sie diesem, unter höchst annehmbaren Bedingungen bezüglich der Vermögens-und Familienverhältnisse, fest zugesagt habe. Nach Erledigung der Telegrammangelegenheit begaben sich beide Männer wieder nach dem Platze hinaus. Gildas Tregomain und Juhel hatten sie schon bemerkt und eilten jetzt herbei.
Als er sie sah, wollte Meister Antifer zuerst am liebsten den Kopf wegwenden. Er überwand jedoch diese unpassende Schwächeanwandlung und stellte seinen Begleiter mit fester Stimme vor.
»Der Banquier Herr Zambuco,« sagte er.
Der Banquier maß die beiden Gefährten seines Schwagers von unten her mit nicht besonders sympathischem Auge.
Dann setzte Meister Antifer, sich an Zambuco wendend, hinzu:
»Mein Neffe Juhel… Gildas Tregomain, ein alter Freund von mir.«
Auf einen Wink folgten ihm nun alle nach dem Hôtel und gingen dabei Ben Omar und Nazim, die sie scheinbar gar nicht kannten, aus dem Wege, dann ging’s die Treppe hinauf und in das Zimmer des Malouin, das sorgsam abgeschlossen wurde.
Meister Antifer holte aus dem Reisesacke den von Saint-Malo mitgebrachten Atlas hervor. Er schlug die Planisphärenkarte auf und sagte, indem er sich an Juhel wendete:
»Sieben Grad dreiundzwanzig Minuten östlicher Länge und drei Grad siebzehn Minuten südlicher Breite.«
Juhel konnte seine Verblüffung nicht verhehlen. Eine südliche Breite?… Kamylk-Pascha jagte sie noch bis unter den Aequator hinaus?… Ach, seine arme Enogate! Gildas Tregomain wagte kaum ihn anzusehen.
»Nun… was wartest Du noch?« fragte da schon sein Onkel in einem Tone, der ihm nichts übrig ließ, als zu gehorchen.
Er nahm also den Zirkel zur Hand, folgte mit der Spitze dem siebenten Längengrade, dem er noch dreiundzwanzig Minuten hinzufügte, und kam so bis zum Aequator hinunter.
Die Parallele von 3°17’ durchlaufend, gelangte er dann an deren Durchschnittspunkt mit jener Länge.
»Nun? begann Meister Antifer wieder. Wo sind wir denn da?
– Im Busen von Guinea.
– Genauer?
– In der Höhe von Loango.
– Und noch genauer?…
– Im Gewässer der Ma-Yumba-Bai.
– Morgen früh, erklärte darauf Meister Antifer, fahren wir mit der Post nach Bona und von da aus mit der Eisenbahn nach Oran.«
Das kam in dem gewöhnlichen Tone der Schiffskapitäne heraus, wenn diese, angesichts des Feindes, etwa: »Hängematten herunter!« commandieren.
Dann wendete er sich an den Banquier zurück.
»Sie begleiten uns ohne Zweifel?
– Natürlich.
– Bis zum Busen von Guinea?
– Bis ans Ende der Welt, wenn’s sein muß!
– Gut… so richten Sie sich zur Abreise ein….
– Ich werde bereit sein, Herr Schwager!«
Gildas Tregomain ließ sich ein unwillkürliches »Oho!« entschlüpfen. Vor dieser, seinen Ohren so ungewohnten Qualification stand er so verblüfft, daß er es zu keiner Erwiderung des ironischen Grußes brachte, mit dem der Banquier ihn beim Fortgehen beehrte.
Jetzt standen die drei Malouins allein zusammen.
»Was… Du hast zugestimmt? sagte Gildas Tregomain.
– Jawohl… Frachtschiffer!… Nun…?«
Nun?… Ja, hier war nichts dagegen zu sagen, und deshalb hielten es Gildas Tregomain und Juhel für rathsamst, darüber zu schweigen.
Zwei Stunden später erhielt der Banquier ein Telegramm aus Malta.
Fräulein Talisma Zambuco erklärte sich für das glücklichste Mädchen unter der Sonne, in Erwartung, bald die glücklichste Ehefrau zu
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