Meister der Assassinen
Flinte ins Korn werfen. Ich gehe da rauf und hole mir meinen Dolch zurück.«
»Ich finde, wir sollten es alle versuchen«, schlug Finn vor. »Je mehr, desto besser. Vor allem, weil wir sehr unterschiedlich sind, noch dazu Menschen und Elfen. Wir kennen die Auswahlkriterien nicht, decken aber eine große Bandbreite ab. Wenigstens einer sollte durchkommen. Wenn wir es alle schaffen - umso besser!«
»Mir gefällt das mit den Prüfungen nicht«, murrte Milt.
»Aber das kennen wir aus den ganzen Filmen«, tröstete Laura. »Ins Shaolin-Kloster kannst du auch nicht einfach hineinspazieren.«
»Schön und gut, aber was haben wir damit zu tun?«
»Dass wir wohl oder übel ins Spiel einsteigen müssen. Sebasto hat gesagt, dass keine Gefahr droht. Es wird wohl mehr ein innerer Kampf, sich selbst zu überwinden oder so etwas.« Sie hob die Arme. »Es bringt nichts, herumzudiskutieren. Einer von uns gibt auf dem Schiff Bescheid, und wir anderen gehen schon mal vor. Morgen Abend wissen wir dann mehr.«
Yevgenji lief zum Schiff zurück, und die anderen machten sich auf den Weg. Es war eine breite Trasse, aber nicht mehr ganz so ausgetreten wie die von unten hier herauf. Es gab also durchaus welche, die bereits im ersten Basislager aufgaben ... oder vielleicht kamen auch die Warentransporte da entlang. Schließlich musste die Festung sich versorgen, und Anbaumöglichkeiten gab es hier oben nicht. Der Meister hatte sich eine sehr raue, karge Umgebung ausgesucht, aber das passte. Streng abgeriegelt. Keine Ablenkung, völlige Hingabe. Wie in einem Kloster.
Sie waren nicht die Letzten, die aufbrachen; ungefähr ein Dutzend weitere Glücksritter machten sich auf den Weg zum Basislager zwei. Einige hatten es eilig, andere hatten ungefähr das Tempo von Lauras Gruppe drauf, und die Übrigen gingen langsamer. Hier galt es, die Kräfte zu schonen, und da der Weg nicht so weit war, ungefähr fünfhundert Höhenmeter, schafften sie es auch in bequemem Tempo noch vor der Dunkelheit.
»Mit einer Seilbahn wären wir in zehn Minuten oben«, bemerkte Milt. Er schnaufte schon auf den ersten Metern, weil er das richtige Atmen bergauf noch nicht gelernt hatte. Finn erklärte es ihm, und dann ging es besser.
Laura hörte den anderen zu.
»Was wirst du denn machen, wenn du erst mal Assassine bist?«
»Das, wozu der Meister mich beruft, was denkst du denn?«
»Es ist der Pfad der Erleuchteten!«, sagte ein junger Elf begeistert. »Der Meister hat die Lehren der Harmonie verinnerlicht. Ich werde die Glückseligkeit finden!«
»Die Assassinen beherrschen die höchste Kampfkunst«, verkündete ein Mensch. »Der Pfad des Kriegers ist zugleich der des Lebens und der Erleuchtung.«
Der Letzte der Gruppe wollte nicht zurückstehen. »Er fordert höchste Disziplin und Selbstbeherrschung und ein streng asketisches Leben.«
»Wie ...«, sagte ein dicklicher junger Mann, der etwas Schimpansenhaftes hatte. »Gar keine Genüsse mehr?«
»Des Geistes gewiss.« Die anderen kicherten. »Und der körperlichen Ertüchtigung. Also solltest du vielleicht gleich umkehren.«
Laura beobachtete, wie die Glücksritter vor ihnen forsch ausschritten. Keiner von denen hatte in seinem bisherigen Leben einen Berg bestiegen. Aber sie hatten eine große Klappe und wussten einfach schon alles.
Eine Frau ging mit ihnen etwa gleichauf; sie war ein Mensch, dunkelhäutig und weißhaarig wie Deochar. Ernst und schweigend unternahm sie Schritt vor Schritt, ruhig und gleichmäßig atmend. Auf dem Rücken trug sie ein Schwert, die Hände steckten in fingerlosen Handschuhen.
Die Großmäuligen hatten sich bereits mehrmals über sie lustig gemacht. Laura hätte ihre Worte Vorhersagen können, bevor sie ausgesprochen wurden. Manchmal war Innistìr eben auch einfach nur eine Menschenwelt.
Laura drehte sich um, als sie leichte Schritte hörte. Yevgenji joggte gemütlich herauf, um zu ihnen aufzuschließen. Im Vorbeilaufen nickte er der Frau zu, und sie grüßte überrascht zurück.
»Wie ist die Stimmung?«, wollte Spyridon wissen.
»Hundsmiserabel.«
»Wieso - hat sich ein Gog/Magog an Bord versteckt?«
Laura lachte mit. Sie konnte sich vorstellen, wie Arun und Nidi jetzt beisammensaßen und sich bitter über ihr trauriges Schicksal beklagten.
Der Weg wurde steil. Steiler. Das Prahlen endete, denn die Kraft wurde zum Atmen gebraucht. Die Luft wurde allmählich dünner. Milt hatte sich in Tempo und Atemtechnik an die Gruppe angepasst und konnte gut Schritt halten; auch
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