Meister der Assassinen
freien Tisch niederließ.
»Dann ist es gut, wenn du gleich weiter hinaufsteigst«, sagte Finn lächelnd.
»Es ist eine tolle Erfahrung«, gestand der Bahamaer. »Ich habe hier so viel erlebt, gesehen und gelernt, dass es für mindestens ein Leben reicht. Meine Einstellung hat sich ziemlich gewandelt.«
»Keiner von uns wird als der zurückkehren, als der er hierhergekommen ist. Das ist doch unvermeidlich.«
»Es sollte allerdings eine Entwicklung zum Positiven sein«, dozierte Finn mit erhobenem Finger. »Ich habe schon das unerfreuliche Gegenteil erlebt und Freunde verloren.«
»Wer von uns wird als Erster morgen wach sein?«, fragte Naburo in die Runde.
»Ich nicht.« Finn stupste Yevgenji an. »Hast du noch Geld für eine Portion und ein Bier?«
»Sicher.« Der hellhaarige Elf gab ihm die Münzen, und Finn ging zum Tresen, holte sich eine Schale, dazu einen Krug und verschwand dann nach draußen.
»Ich glaube, den sehen wir heute nicht mehr«, bemerkte Spyridon.
»Sehr gut, mehr Platz für uns«, freute sich Yevgenji.
»Die Frau, nicht wahr?«, sagte Laura. »Die mit den Handschuhen.«
Spyridon nickte. »Er hat ein Faible für starke Frauen, und das ist so eine.«
»Ich dachte, er wäre in Veda verliebt?«, meinte Milt.
»Das auch.«
»Also, wer ist morgen als Erster wach?«, wiederholte Naburo.
»Na, du!«, sagten die anderen einstimmig und stießen mit ihren Krügen gegen seinen. »Du weckst uns!«
Draußen war die Nacht hereingebrochen. Überall waren Fackeln in Haltern aufgestellt, die Feuer spendeten zusätzlich Licht. Finn hätte einiges um einen Sternenhimmel gegeben - der musste hier oben grandios sein. Aber so blieb nur das dunstige violette Flackern dort oben.
Er fand die junge Frau allein an einem Feuer sitzen und steuerte auf sie zu. »Hier.« Er hielt ihr Schale und Bier hin. »Du brauchst Stärkung für die Strapazen morgen.«
Sie sah überrascht zu ihm hoch, nahm das Angebotene aber an und bedeutete ihm, sich neben sie zu setzen. Hungrig machte sie sich über den Eintopf her. Zwischen zwei Bissen Brot fragte sie: »Was seid ihr für merkwürdige Leute?«
»Nicht mehr oder minder als ihr«, versetzte er.
Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Wir sind alle hier, weil wir Assassinen werden wollen. Aus unterschiedlichen Gründen, gewiss, aber das Ziel ist bei allen gleich. Ihr seid aber in anderer Absicht hier.«
»Wie kommst du darauf?«
»Nun, zum einen gehen da drei Krieger mit, die die Kampfkunst perfekt beherrschen. Ich kann das leicht erkennen und andere auch. Diese drei wollen frei und unabhängig sein, sie würden sich niemals den strengen Regeln eines Ordens unterwerfen. Du und der andere Mann und die junge Frau - ihr hingegen seid Menschen. Und sei nicht beleidigt, wenn ich dir sage, dass keiner von euch jemals Assassine werden könnte. Ihr seid hoffnungslos untalentiert.«
»Auch das erkennst du?« Er war beeindruckt.
»Es ist nicht nur eure ungeschickte Art, euch zu bewegen - ihr habt ein ganz anderes Ziel, das ist deutlich zu erkennen. Das und nichts anderes strebt ihr an. Jedoch nichts für das Leben. Ihr seid eine ... tja, Zweckgemeinschaft, aber aufeinander eingespielt, die in einem Auftrag unterwegs ist. Außerdem seid ihr drei Reinblütige. Und die Frau, so schüchtern sie wirken mag, gibt den Ton an.«
Finn lächelte. »Du bist echt gut.«
Sie zuckte die Achseln und stellte die leer gegessene Schale beiseite. Dann trank sie den Krug aus. »Ich würde mich nicht hierher wagen, wenn ich nicht wenigstens ein paar Grundkenntnisse hätte.«
»Hast du auch weiterführende Kenntnisse über Reinblütige?« Er rückte ein bisschen näher zu ihr.
»Nein«, antwortete sie. »Aber ich bin wissbegierig.«
Sie lächelte zum ersten Mal, als er den Arm um sie legte und sie küsste.
14
Die zweite
Etappe beginnt
N ein«, jammerte Laura. »Nein, bitte, ich hab’s mir anders überlegt. Und ich bin auch gar nicht da ...«
Aber Naburo war unerbittlich. »Auf mit euch!«
»Es ist doch noch stockfinster«, beschwerte sich Milt.
»Mach die Augen auf, dann wird es gleich heller«, riet der japanische General.
»Hilft auch nicht viel.« Stöhnend und ächzend kämpften sich Laura und Milt hoch. Es tat alles weh vom Liegen, es tat alles weh von dem kleinen Berganstieg vom Vortag, und es war klamm. Sie hatten Kopfweh von der dünnen Luft und Hunger. Durst sowieso.
»Gebirge ist schön«, stellte Laura fest. »Und eine halbe Stunde auf einem Berg rumwandern auch. Aber dann
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