Meister der Stimmen: Roman (German Edition)
Schwerkraft. Einer nach dem anderen fiel herab und zerstörte beim Aufprall die Bodenfliesen. Renaud lachte gackernd, und das Licht des Wassers flackerte um ihn herum und wechselte blitzschnell von Blau zu Weiß zu einem fast vollkommenen Schwarz.
»Renaud!«, schrie Miranda und riss in dem verzweifelten Versuch, sich und Gin vor den fallenden Steinen zu schützen, die Arme über den Kopf. »Es reicht! Du wirst alles zerstören, wenn du so weitermachst!«
»Und was interessiert mich das?« Renauds Stimme zitterte von der Macht des Geistes, den er zurückhielt. »Mellinor gehört mir, und ich kann damit machen, was ich will!« Wieder streckte er den Arm aus, und das Wasser glitt in einer weißen Fontäne darüber hinweg. »Das ist das Herz von Mellinor!«, rief er und hob das Wasser hoch über seinen Kopf. »Alles andere ist nur eine leere Hülle!«
Als er die Hand zur Faust ballte, konnte Miranda die tiefe Stimme des Wassers unter der Versklavung hören. Es schrie frustriert, während es gegen Renauds Klammergriff kämpfte. Und solange der Schrei andauerte, zitterte der Palast schlimmer als jemals zuvor.
»Wir müssen hier verschwinden!« Miranda drehte sich verzweifelt zu Eli um und versuchte gleichzeitig Gins Kopf zu schützen, als immer größere Steine von der Decke fielen. »Dieser Idiot wird nicht aufhören, bevor er nicht alles zum Einsturz gebracht hat!«
Eli schloss Nicos letzte Fessel und sah auf. Aber was auch immer er sagen wollte, blieb ihm im Hals stecken, als ein großes Mauerstück knapp dreißig Zentimeter neben Josefs Kopf landete und sie alle mit Schotter bedeckte.
»In Ordnung«, knurrte Eli. »Das reicht.«
Die nackte Wut in seiner Stimme riss Miranda aus ihrer kauernden Haltung, und sie sah gerade noch, wie ein weiterer, faustgroßer Stein auf Nicos ungeschützte Schulter zuraste. Eli fing ihn mühelos auf und schleuderte ihn mit aller Kraft auf Renauds grinsendes Gesicht.
»Findest du das witzig?«, schrie er. »Hältst du das für ein Spiel? Ist es dir so wichtig, uns zu schlagen, dass du dafür dein eigenes Dach zum Einsturz bringst?«
Renaud zerstörte Elis Stein mit einer gelassenen Geste. »Bilde dir nichts ein, Monpress. Hier ging es nie um dich. Du und deine Spinner waren einfach zur falschen Zeit am falschen Ort, als das Schicksal sich entschlossen hat, mir mein Geburtsrecht zurückzugeben.« Er grinste irre. »Betrachte es als meinen Dank. Ein Thronsaal als Gruft – meine Art, mich für die ungewollte Freundlichkeit zu bedanken, die du mir erwiesen hast.«
Das Wasser zischte bei seinen Worten und veränderte seinen Fluss, als Renauds Triumph seinen weit geöffneten Geist erfüllte und damit die Form der Versklavung leicht veränderte. Plötzlich hatte Miranda eine Idee.
»Du solltest besser auf deinen Gefangenen achten, bevor du von Freundlichkeit sprichst«, sagte sie und wandte sich Renaud zu. »Ich weiß nicht, was dieser Geist einmal war, aber Gregorn ist bei dem Versuch, ihn zu kontrollieren, gestorben.« Sie schenkte ihm ihr kältestes Lächeln. »Egal, was du von Geburtsrecht faselst, Renaud, du bist nicht Gregorn. Ich gebe dir eine Viertelstunde, bevor das Wasser deine Seele zerbricht und dich bei lebendigem Leib auffrisst.«
»Was weißt du schon über Kontrolle, Mädchen?« Renaud riss seine Hand nach vorne, und eine mächtige Wasserwand türmte sich über Miranda auf. »Ihr Spiritisten wisst überhaupt nichts über Kontrolle! Ständig redet ihr von Gleichgewicht, von eurer Pflicht gegenüber den Geistern, aber wir Magier sind diejenigen mit der wahren Macht! Die Geister gehorchen meinem Willen, selbst jener, der Gregorn besiegt hat!« Inzwischen schrie er, und sein Gesicht war rot angelaufen. Selbst auf die Entfernung konnte Miranda fühlen, wie die Ketten der Versklavung vor Wut vibrierten, und die Welle, die über ihr aufragte, fing an zu zittern. »Bald«, brüstete sich Renaud, »wirst selbst du lernen, dass so das wahre Gleichgewicht aussieht! Mit dem Magier an der Spitze und den Geistern zu seinen Füßen!«
»Falls das der Fall ist«, sagte Miranda und lächelte ihn durch die Wasserwand hindurch an, »wenn du die absolute Kontrolle hast …« Nur noch ein kleines bisschen … »Warum ist dann dein Hemd feucht?«
Renauds Arm schoss zu seiner Schulter. Und tatsächlich, sein schwarzes Hemd war vollkommen durchnässt. Er riss die Hand zurück, konnte aber nicht verhindern, dass ein Hauch von Unsicherheit durch die Versklavung huschte, die das Wasser
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