Meister der Stimmen: Roman (German Edition)
Steinen unter ihren Füßen, zitterte vor verzweifelter Wut. Staub rieselte von der Decke, als der Marmor sich gegen den Mörtel stemmte. Selbst die Stützpfeiler krochen langsam näher und bereiteten sich darauf vor, sich zu lösen und die Schwerkraft den Rest erledigen zu lassen, selbst wenn es sie ihr Leben kostete. Alles, um den Dämon zu töten.
Nico setzte sich auf, begleitet von einem ekelhaften Knacken. Sie streckte die Arme aus, und die Knochen rutschten zurück in ihre Gelenke. Als sie sich bewegte, warf der verzweifelte Staub sich auf sie und schuf so eine Wolke, die ihre Bewegungen verbarg. Doch trotzdem konnte Miranda fühlen, wie das Mädchen sich umdrehte, konnte spüren, wie sein Blick über sie glitt. Dann öffnete Nico die Augen, und Mirandas Blut erstarrte zu Blei. Die Augen des Mädchens, die jetzt zu groß waren, um noch menschlich zu sein, glühten in einem beständigen, jenseitigen Licht. Wie Kerzenflammen leuchteten sie hinter dem verzweifelten Staub, grell, aber ohne etwas zu erhellen. Der Rest ihres Gesichts blieb in Schatten verborgen, aber Miranda konnte klauenartige Hände erkennen, als das Mädchen näher an den Rand des Kraters kroch – und das reichte ihr schon.
Nico schob sich an der Wand entlang und sammelte ihre Kraft für den nächsten Sprung, aber Gin ließ ihr keine Zeit dazu. Mit einem Heulen rannte er auf die Dämonenbrut zu. Das Mädchen knurrte als Antwort und sprang vor, um sich ihm entgegenzuwerfen. Ihr Sprung war so schnell, dass Mirandas Augen ihm nicht folgen konnten. Aber Gin sah besser als Nico, und die Zähne des Geisterhundes umschlossen Nicos Arm, bevor sie ihren tödlichen Schlag ausführen konnte. Sie riss jedoch den anderen Arm herum und fing seinen Kiefer, bevor er wirklich zubeißen konnte. Es war, als kämpfte er gegen eine eiserne Wand. Gin wand sich in ihrem Griff, Nico lachte bösartig und kniff die schrecklichen Augen zu glühenden Schlitzen zusammen. Sie rammte ihre Füße in den schreienden Stein und hob den Geisterhund vom Boden. Gin jaulte überrascht, als Nico ihn über den Kopf schwang und an derselben Stelle gegen die Wand knallte, an der sie vorher gelandet war. Der Hund rollte sich im Flug zusammen und landete auf den Pfoten. Kaum hatte er die Wand berührt, stieß er sich auch schon mit all seiner Kraft ab und raste wieder auf Nico zu. Der Dämonenbrut blieb keine Zeit zum Ausweichen, so dass Gins Schädel ungebremst in ihre Brust rammte und sie in dem wogenden Fell und den schnappenden Kiefern unterging. Doch als sie landeten, war Nico oben. Mit einem triumphierenden Schrei versenkte sie ihre Krallen in Gins Rücken, und der Geisterhund jaulte. Er kämpfte mit all seiner Kraft gegen sie, rollte sich herum, schnappte, versuchte sie abzuwerfen, aber ihre Hand war tief in seinen Muskeln verkrallt, und er konnte sie nicht abschütteln. Dunkelrotes Blut verklebte sein Fell und bedeckte seine Muster. Seine Bewegungen wurden träger, aber er hörte nicht auf zu kämpfen, nicht einmal, als seine Beine unter ihm nachgaben. Mirandas Kehle war wund, noch bevor sie registrierte, dass sie schrie, obwohl sie ihre eigenen Worte nicht verstehen konnte und nicht einmal wusste, ob es wirklich Worte waren.
Ohne Vorwarnung explodierte Mirandas Geist, und ihre Macht erhob sich. Geisterstimmen schossen durch ihr Bewusstsein, klarer als zuvor, und erfüllten jeden Sinn, bis sie fast schmecken konnte, wo die eine Seele aufhörte und die nächste begann. Ohne nachzudenken, ließ sie ihren Geist über das alles gleiten, und die Antwort kam unverzüglich. Jeder Geist verzehrte sich verzweifelt danach, endlich etwas zu tun, um den Eindringling zu bekämpfen. Sie brauchten nur Anweisungen. Sie zeigte mit der Hand auf die Dämonenbrut, und die Geister stürzten sich mit rachsüchtigen Schreien auf sie. Zerbrochenes Glas, Stein und Metall schoss aus jeder Ecke des Thronsaals, um Nico zu treffen, wo immer man sie treffen konnte. Die Wucht der Einschläge riss ihre Hand aus Gins Rücken und warf sie um. Sobald sie auf dem Boden aufprallte, wurden die Steine unter ihr auf Mirandas Befehl hin nachgiebig wie Ton. Nachdem Nico tief genug eingesunken war, schloss sich der Stein über ihren Armen, Beinen, Brust und Hals, bevor er sich wieder verhärtete und die Dämonenbrut auf dem Boden fixierte. Miranda trat vor und streckte die Hand aus. Das Wurfmesser, das Nico weggeworfen hatte, klapperte über die Fliesen und flog in ihre Hand. Miranda umklammerte das Heft, sprang vor und
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