Meister der Stimmen: Roman (German Edition)
zielte mit der Spitze auf Nicos freiliegende Kehle.
Doch der Stoß fand sein Ziel nicht. Im letzten Moment riss die Dämonenbrut ihre Beine aus dem Stein und trat Miranda gegen die Brust. Die Spiritistin grunzte, als der Schmerz in ihren alten Wunden bei diesem neuen Schlag wieder aufflammte, stolperte rückwärts und schlug mit dem Kopf auf den Steinboden. Nico sprang auf die Beine, während toter Stein von ihr rieselte wie getrockneter Schlamm.
»Dummes Mädchen«, zischte sie. Ihre Augen glühten in dem umschatteten Gesicht wie Laternen. Dann schoss ihre Hand vor und packte Miranda an der Kehle. Miranda wehrte sich heftig, als Nico sie vom Boden hob, aber ihr war schwindlig, und der Griff der Dämonenbrut fühlte sich an wie gefrorenes Eisen. Nico zog sie zu sich heran – nah genug, dass Miranda den seltsamen metallischen Geruch der veränderten Haut des Mädchens riechen konnte. Der Mund der Dämonenbrut verzog sich zu einem scharfzähnigen Grinsen, während sie Miranda am ausgestreckten Arm hielt, bis die Spiritistin nur noch schwach um sich trat, weil ihr die Luft ausging.
»Das reicht.«
Die tiefe Stimme übertönte das Gebrüll der Geister und ließ sie alle verstummen. Nico erstarrte, und ihre glühenden Augen schossen über Miranda hinweg zu der großen Gestalt, die in der zerstörten Tür erschienen war.
Josef stand schief, und das Herz des Krieges war unter seiner Schulter eingeklemmt wie eine Krücke. Unendlich langsam schlurfte er an Eli vorbei, der sich immer noch die Rippen hielt, vorbei an Gin, der bewegungslos dalag, und blieb direkt hinter Miranda stehen.
»Lass sie los.«
Nico gehorchte, und die Spiritistin landete keuchend und hustend auf dem zerstörten Boden, wo sie sofort ihre Kehle umklammerte. Weder die Dämonenbrut noch der Schwertkämpfer beachteten sie. Sie standen sich direkt gegenüber, Nico eingeschüchtert und schwankend, Josef vollkommen ruhig. Mit großer Mühe verlagerte er sein Gewicht auf seine eigenen Füße und richtete das Herz des Krieges auf Nicos zitternden Körper.
»Es ist Zeit, nach Hause zu kommen«, sagte er und schlug zu.
Miranda konnte kaum atmen. Sie wusste, dass das Herz des Krieges ein erwecktes Schwert war, aber das erklärte nicht, was nun geschah: Als die Klinge mit Nicos Schulter in Kontakt kam, öffnete sich der Geist des Schwertes wie der eines Magiers. Miranda hatte noch nie von einem Geist gehört, der seine Seele öffnen konnte, doch die Präsenz des Herzens wuchs und schwoll an, bis sie den gesamten Saal mit einem drückenden, unbeugsamen Gewicht erfüllte. Es fühlte sich an, als wäre ein Berg auf die Burg gefallen, mit dem Schwert in der Mitte und Nico darunter. Sie fiel zu Boden, und Josef folgte ihrer Bewegung, indem er auf die Knie sank.
Mit einem Schluchzen fing Nico an zu schrumpfen, und das schreckliche Licht in ihren Augen verblasste. Ihre Klauen wurden zu Fingern, und ihr Körper bestand wieder aus Haut und Knochen. Noch während sie schrumpfte, dämpfte sich die Aura der Angst. Miranda konnte fühlen, wie sich die Geister beruhigten, weil das Herz des Krieges sie in einen tiefen Schlaf drängte. Erst als der gesamte Raum still war, zog der Geist des Herzens sich zurück. Als der Berg wieder einfach nur ein Schwert war, zog Josef die schwarze Klinge zurück und rammte sie neben Nicos Kopf in den Boden. Das Mädchen lag mit geschlossenen Augen da, wieder schmal und hilflos, als wäre nichts geschehen. Josef sackte in sich zusammen, bis er auf dem Ellbogen aufgestützt neben ihr lag.
»Dummes Mädchen«, murmelte er und schob ihr sanft die zerzausten schwarzen Haare aus dem Gesicht. Er lächelte, dann verdrehten sich seine Augen, und er brach neben ihr zusammen. Das Herz des Krieges ragte über den beiden auf wie eine Wache.
Miranda bemerkte nicht, dass Eli sich bewegte, bis er an ihr vorbeikroch. Unter einem Arm trug er Nicos silberne Fesseln. Er kämpfte sich zu ihr vor und fing an, ihr mit grimmigem Gesicht die Fesseln wieder anzulegen. »Gin lebt noch«, flüsterte er rauh, als er den silbernen Ring um Nicos Hals schloss. »Bring ihn auf die Beine und schaff sie hier raus.« Er deutete mit dem Kinn auf Josef und Nico. »Wir sind noch nicht in Sicherheit.«
Zu diesem Zeitpunkt waren Widerworte sinnlos. Miranda stemmte sich langsam auf die Füße und stolperte zu Gins Körper. Fast hätte sie vor Erleichterung angefangen zu weinen, als sie entdeckte, dass seine blutige Brust sich hob und senkte.
»Gin«, flüsterte sie und
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