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Meister der Stimmen: Roman (German Edition)

Meister der Stimmen: Roman (German Edition)

Titel: Meister der Stimmen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Aaron
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klapperte nicht einmal. Er versuchte es noch einmal, diesmal fester, doch er hätte genauso gut gegen die Wand selbst drücken können. »Hmmm.« Er runzelte die Stirn. »Dieses hier scheint verschlossen zu sein.«
    Miranda warf ihm einen verwirrten Blick zu. »Seid ihr das letzte Mal nicht so reingekommen?«
    »Natürlich nicht.« Eli wirkte beleidigt. »Die oberste Regel eines Diebes lautet: Benutze niemals zweimal denselben Eingang.«
    Miranda verdrehte die Augen. »Wie viele ›oberste Regeln‹ hast du eigentlich?«
    »Wenn ein einziger Fehler dafür sorgen kann, dass dein Kopf auf einem Spieß landet, ist jede Regel die oberste Regel«, erklärte Eli fröhlich.
    Der Dieb ließ seine langen Finger über die Kanten der Tür gleiten, die bündig in die Wand eingelassen war. Miranda beobachtete ihn mit zunehmender Unsicherheit. Soweit sie sehen konnte, gab es nicht mal ein Schlüsselloch. Als er jeden Zentimeter abgetastet hatte, lehnte sich Eli zurück und zog ein nachdenkliches Gesicht.
    »Kannst du sie nicht einfach aufreden?«, fragte Miranda und rutschte ein bisschen näher. »Wie du es mit der Zellentür gemacht hast?«
    »Das könnte ich, aber …« Er griff in seine Jackentasche und zog ein kleines Lederetui heraus, auf dem ein goldenes, ziseliertes M eingestickt war. »Manchmal geht es auch einfacher.«
    Eli öffnete das Etui und enthüllte damit eine überraschend vielseitige Sammlung von Dietrichen. Sorgfältig wählte er den längsten und dünnsten aus, dann lehnte er sich vor, bis seine Nase fast an die Tür stieß. Er hielt die Hand auf, und Josef gab ihm ohne weitere Aufforderung ein Messer. Eli zwängte die schmale Klinge geschickt in die haarfeine Spalte zwischen Mauer und Eisen. Dann nutzte er die Klinge als Hebel, um die Tür ein kleines Stück aus ihrer Nische zu heben. Sie bewegte sich wenige Millimeter, bevor sie mit einem leisen Klirren zurückrutschte.
    »Hebel und Schloss«, murmelte Eli und tauschte den dünnen Dietrich gegen einen längeren mit gebogenem Kopf. »Josef, wenn du so freundlich wärst.«
    Josef nahm ihm das Messer ab und hielt es, wie Eli ihn anwies. Er übte gerade genug Druck auf den Hebel aus, um die Öffnung so groß wie möglich zu halten, ohne dabei das Messer zu zerbrechen. Eli nahm eine schmale Zange mit unglaublich langem Kopf aus seinem Etui und schob mit beiden Händen sowohl Zange als auch Dietrich durch den schmalen Spalt.
    Er packte mit der Zange zu und bewegte den Dietrich erst nach rechts, dann nach links, dann wieder nach rechts, als versuche er, etwas einzufangen. Endlich erklang ein lautes Klicken. Eli ließ die Zange los, und auf der anderen Seite gab es einen leisen Knall, als das Schloss zu Boden fiel. Dann schob er seine Werkzeuge zurück in das Lederetui und öffnete mit großer Geste die Tür. Der gesamte Vorgang hatte weniger als eine Minute gedauert.
    Als Eli entdeckte, wie überrascht Miranda ihn anstarrte, wurde sein Grinsen unglaublich selbstgefällig.
    »Was hast du erwartet?«, fragte er. »Ich bin der größte Dieb der – au!« Er jaulte auf, als Josef ihn gegen den Arm boxte.
    »Genug geprahlt«, grunzte der Schwertkämpfer. »Rein jetzt, schnell. Nur zu eurer Information, die Patrouillen bewegen sich immer im Kreis.«
    Eli glitt mit den Füßen zuerst in das dunkle Loch, wobei er sich immer noch den Arm rieb. Dann folgte Nico, die sich trotz ihres voluminösen Mantels mühelos durch die schmale Öffnung schob.
    »Jetzt du«, sagte Josef und sah Miranda an.
    Sie schluckte. Plötzlich erschien ihr das Schlupfloch unglaublich schmal und unendlich tief. Doch sie hatte einen Ruf als Spiritistin zu verlieren, und der beinhaltete wohl auch Mut im Angesicht von Löchern, egal wie schmal oder tief sie auch waren. Sie setzte sich und fing steif an, sich mit den Füßen voran in die Öffnung zu schieben. Gerade als sie es geschafft hatte, sich einzureden, dass es gar nicht so schlimm war, hörte sie das Knirschen von Schritten im Wald. Panisch blickte sie über die Schulter und entdeckte am Waldrand den ersten Soldaten. Sie wollte gerade eine Warnung flüstern, als Josef sie heftig schubste. Miranda schrie leise auf und verlor das Gleichgewicht, so dass sie den Rest des Weges durch das Schlupfloch rutschte. Sie landete ungeschickt auf kaltem, hartem Erdboden. Eine Sekunde später landete Josef auf ihr. Die eiserne Tür über ihnen fiel scheppernd zu, und der Raum bestand plötzlich nur noch aus Finsternis.

Kapitel 18
    I n den nächsten Sekunden

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