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Meister Li 01 - Die Brücke der Vögel

Meister Li 01 - Die Brücke der Vögel

Titel: Meister Li 01 - Die Brücke der Vögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Hughart
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Rhythmus durchbricht, stirbt vermutlich, denn er springt in die Luft, wenn er den Boden berühren sollte, und sein Gegner, der nach seinen Haaren zielt, schlägt ihm den Kopf ab.
    Während der Pflichtfiguren spielen die Trommler zusammen, trennen sich jedoch beim siebten Grad. Jeder trommelt für einen der Wettkämpfer. Wie man sagt, ist ein wirklich großer Trommler gleichbedeutend mit einem dritten Schwert. Als Beispiel ein Gespräch in der Sportschule:
    »Ich habe gehört, daß Fan Yun dich herausgefordert hat. Wer ist dein Trommler?«
    »Der Blinde Meng.«
    »Der Blinde Meng Großer Buddha, dann muß ich meine Frau verkaufen und das Geld auf dich setzen! Diener, bestell bitte Blumen für die Witwe von Fan Yun.«
    Das gilt natürlich nur für die Meisterklasse, und der Feind des blutigen Anfängers wie Nummer Zehn der Ochse, ist nicht sein Gegner, sondern er selbst. Die Schwerter sind scharf wie Rasiermesser, und es erfordert ungeheure Kraft, sie in einer Figur siebten Grades um den Körper zu wirbeln. Der Anfänger strahlt möglicherweise nach gelungener Figur voll Stolz, um dann jedoch zu entdecken, daß eines seiner Beine auf der Erde liegt.
    Die Schönheit des Schwerttanzes läßt sich unmöglich in Worten beschreiben. Sie beruht auf der Einheit von Können, Stolz, Mut, Schönheit und Anmut. Wenn sich zwei wahre Meister begegnen, scheinen ihre Körper mühelos durch die Luft zu fliegen, im Raum zu schweben, und ihre Schwerter sind blitzende, blendende Leuchtspuren - besonders nachts oder abends im Licht der Fackeln. Das Dröhnen des aufeinanderprallenden Stahls ist wie die Musik von Gongs, die das Herz ebenso in Erregung versetzt wie die Ohren. Jede brillante Figur fordert den Gegner zu einer noch brillanteren heraus, und die Trommler schlagen ihren Rhythmus in die Herzen ihres Kämpfers und zwingen ihn, die menschlichen Grenzen zu überschreiten und in das Übernatürliche vorzudringen. Die Zuschauer schreien laut auf, wenn eine Klinge trifft, und Blut spritzt, doch die Tänzer lachen nur laut. Und dann ist die Sanduhr abgelaufen, die Trommeln schweigen, und selbst die Richter springen auf und jubeln, während die keuchenden Gegner die Schwerter sinken lassen und sich umarmen.
    Man könnte annehmen, daß dieser gefährliche Kampf die Stärke eines Mannes erfordert, doch Schnelligkeit und Geschmeidigkeit können fehlende Kraft ersetzen. Man sagt, unter den sechs größten Tänzern aller Zeiten sei eine Frau gewesen. Doch ich bestehe darauf, daß diese Behauptung korrigiert wird. Es waren zwei Frauen, und ich bin in der Lage, es zu beweisen.
    In der nächsten Nacht schleppte Li Kao zwei scharfe Schwerter zu dem Pfad in der Mauer. Sie mußten scharf sein, denn ein Kenner würde sich von stumpfen Klingen keine Sekunde täuschen lassen. Hahnrei Ho schleppte zwei Trommeln, und ich schleppte zweitausend Pfund nackte Angst. Ich hatte am ganzen Körper Gänsehaut, als ich mich bis auf das Lendentuch auszog, und meine Finger fühlten sich wie Eiszapfen an, als ich die Schwerter von Li Kao entgegennahm. Die beiden verbargen sich im Gebüsch. Ich hatte noch nie erlebt, daß die Zeit so langsam verging und es trotzdem mit erschreckender Geschwindigkeit Mitternacht wurde. Der Holzklöppel des Wächters schlug dreimal. Ich drehte mich um und sah die schwachen Umrisse eines Geisterschattens auf der zugemauerten Stelle in der Mauer. Die Schattendecke glitt mir mühelos über den Kopf, dann stand die Tür offen, der Brunnen war nicht mehr zugedeckt, und auf dem Pfad wuchs kein Unkraut. Ich ging Leuchtendem Stern auf dem Pfad entgegen.
    Die Flöte spielte ihre gespenstische Melodie. Ein Licht kam näher. Das wunderschöne Mädchen tanzte auf dem Pfad, und wieder beobachtete ich mit angehaltenem Atem die Qualen der Vollkommenheit, mit denen sie ihrer Kunst huldigte, während ihr das Herz brach. Sie sah mich nicht.
    Hahnrei Ho begann, die Trommel zu schlagen. Und anfangs konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, was er tat. Es handelte sich eindeutig nicht um das Zeichen zum Schwerttanz. Doch mein Pulsschlag gab mir schließlich die Antwort. Der sanfte Gelehrte spielte das Lied, das er über alles liebte, und das er liebeskrank in den schlaflosen Nächten gelernt hatte: den Herzschlag eines Tanzmädchens. Er beugte sich über die Trommel, legte sein ganzes Gewicht hinein, und der eindringliche Herzschlag pochte und dröhnte zwischen den Bäumen. Der erste Makel im Tanz Leuchtenden Sterns war der Ausdruck leichter

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