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Meister Li 01 - Die Brücke der Vögel

Meister Li 01 - Die Brücke der Vögel

Titel: Meister Li 01 - Die Brücke der Vögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Hughart
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todbringende Lava, und der heiße rauhe Wind, der durch die Ruinen pfiff, schien »Tod, Tod, Tod« zu heulen. Ein verwirrendes Durcheinander von Gassen und Gäßchen zweigte auf beiden Seiten von der Hauptstraße ab - sofern man von Gassen sprechen konnte, denn es gab kein einziges unbeschädigtes Gebäude und in der Ferne entdeckten wir einen großen Steinhaufen. Vermutlich war dies einmal der Königspalast gewesen, und wir beschlossen hinaufzuklettern, um die grüne Oase zu suchen, die wir von ferne gesehen hatten. Es war ganz sicher einmal ein Palast gewesen. Wir kletterten über zerbrochene Statuen und schöne Steinfriese, blieben aber plötzlich wie angewurzelt stehen. Vor uns ragte eine ungefähr dreißig Fuß hohe und etwa hundertfünfzig Fuß lange Mauer auf. Uns allen schoß derselbe Gedanke durch den Kopf.
    »Diese Mauer hätte die Katastrophe unmöglich überstanden«, rief ich. »Sie muß später aus den Trümmern gebaut worden sein.«
    »Ich möchte dem Wesen nicht begegnen, das dieses Loch in die Mauer gebrochen hat«, sagte Meister Li nachdenklich. Ich konnte ihm nur zustimmen. Eine unglaubliche Kraft hatte riesige Steinquader einfach herausgerissen und achtlos wie Kiesel beiseite geworfen. Wir standen vor einem großen klaffenden Loch wie vor einem brüllenden Maul, und als wir vorsichtig hindurchstiegen, entdeckten wir auf der anderen Seite große Berge von Menschenknochen. Geizhals Shen wurde leichenblaß.
    »Ich möchte schwören, daß diese armen Leute zermalmt worden sind!« stieß er hervor.
    Er hatte recht. Nur monströse Mahlzähne konnten Knochen so bearbeitet haben. Und nicht nur Knochen. Auch Rüstungen waren zu winzigen Stücken zerkaut worden; Geizhals Shen und ich atmeten erleichtert auf, als Li Kao sie kritisch untersucht hatte und erklärte: »Die Rüstungen sind mindestens fünfhundert Jahre alt, vielleicht sogar älter. Tausend Jahre kommen der Wahrheit vermutlich näher. Worum es sich bei diesem Wesen auch gehandelt haben mag, es muß seit Jahrtausenden selbst zu Staub zerfallen sein.« Er beugte sich hinunter und betrachtete noch einmal aufmerksam die zerstückelten Skelette.
    »Wißt ihr, ich kann mich an ein Ungeheuer erinnern, das bewaffnete Krieger so hätte zurichten können«, sagte er nachdenklich. »Es wurde gefroren im Eis eines mongolischen Gletschers entdeckt. Es war halb Säugetier, halb Echse und maß vom Kopf bis zum Schwanz einhundert Fuß. Die Zähne in seinem Maul erinnerten an Gitterstäbe.
    Die Gelehrten wollten das Ungeheuer für wissenschaftliche Zwecke konservieren, aber damals hatten wir einen ungewöhnlich dummen Kaiser, und bedauerlicherweise muß ich sagen, daß der kaiserliche Schwachkopf die Bestie gekocht und tranchiert bei einem Staatsbankett auftragen ließ. Der Sohn des Himmels nahm nicht den geringsten Anstoß daran, daß das Ungeheuer wie zweitausend alte ungelüftete Zimmer stank und wie ranziger Walfischtran schmeckte. Er verlieh sich zufrieden den Orden Heldenhafter Bezwinger ungenießbarer Monstrositäten und trug ihn bei allen öffentlichen Anlässen.«
    Ich starrte auf einen der herumliegenden großen Steinquader. »Meister Li, ich glaube, ich sehe Schriftzeichen, aber sie sind so alt, daß sie für mich keinen Sinn ergeben«, sagte ich. Li Kao untersuchte bedächtig den Stein und wischte die Salzkruste beiseite. Zeit und Wind hatten einen Großteil der Schrift unleserlich gemacht, aber das Verbliebene genügte, um mir die Haare zu Berge stehen zu lassen.
    »Der Text beginnt mit einem Gebet an die Götter«, sagte Meister Li. »Danach fehlen ein paar Worte, aber dann heißt es: ... für unsere Sünden bestraft. Die Erde öffnete sich unter donnerndem Gebrüll, und Flammen hüllten uns ein. Brennende schwarze Felsen wurden wie Wasser in die Luft geschleudert, die Erde zitterte und bebte acht Tage. Am neunten Tag spie die Erde Die Hand, Die Niemand Sieht aus den tiefsten Tiefen der Hölle.«
    »Die was?« erkundigte sich Geizhals Shen.
    »Die Hand, Die Niemand Sieht, aber fragt mich nicht, was das bedeutet«, erwiderte Meister Li. »Die folgenden Worte fehlen ebenfalls, doch dann heißt es, ... sechster Tag des Unheils, und wir arbeiten an der Mauer, aber wir sind mutlos. Wir beten und opfern, doch die Götter bleiben unversöhnlich. Die Königin und ihre Hofdamen haben den gnädigeren Tod gewählt und sind in den See aus feurigem geschmolzenen Stein gesprungen. Niemand hat versucht, sie daran zu hindern. Die Hand kommt näher. Wir schleudern

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