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Meister Li 01 - Die Brücke der Vögel

Meister Li 01 - Die Brücke der Vögel

Titel: Meister Li 01 - Die Brücke der Vögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Hughart
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sagte er. »Majestät, das ist zu viel Ehre für mich Unwürdige!« rief Jadeperle. »Das stimmt genau. Ich will gar nicht daran denken, was geschieht, wenn meine geliebte Frau, die Königinmutter Wang, es herausfindet«, murmelte er grimmig, »na ja, der Himmel könnte ein bißchen Glanz und Leben vertragen. Zumindest hast du meinen Verdacht bestätigt, daß der Sternenhirte der vernünftigste meiner Neffen ist.« Ein neuer Gedanke stimmte den Kaiser fröhlich. »Außerdem ist mir meine Frau etwas schuldig nach dieser schmachvollen Geschichte mit ihren verdammten Pfirsichen der Unsterblichkeit und Chang-o und diesem widerlichen Weißen Hasen, der immer die Nase rümpft, wenn ich am Mond vorbeifliege. Folge meinem Rat, junge Dame, und halte dich vom Hasen fern!«
    Der Jadekaiser griff in den rechten Ärmel seines Gewandes und holte drei winzige weiße Federn hervor, die er behutsam an den Rand der Krone steckte. »Welcher Tag ist heute? fragte er. »Eure Majestät, es ist der siebte Tag des siebten Monats«, erwiderte Jadeperle.
    »Sehr gut«, sagte der Kaiser, »Jadeperle, das hier sind drei Federn vom König der Vögel. Solange du sie an deiner Krone trägst, wirst du die Prinzessin der Vögel sein. Und alle Vögel Chinas sind deine treuen Untertanen. Hiermit ordne ich an, daß dir am siebten Tag des siebten Monats erlaubt ist, die Vögel zu rufen. Sie werden eine Brücke für dich bauen, damit du hinauf in den Himmel steigen kannst, um dort mit dem Sternenhirten wiedervereint zu sein. Doch es ist nicht erlaubt, daß jemand, der den vollen Kreis auf dem Großen Rad der Wandlungen noch nicht vollendet hat, ein ganzes Jahr im Himmel verbringt. Am ersten Tag des ersten Mondes mußt du die Vögel wieder rufen. Sie werden die Brücke bauen, auf der du zur Erde zurückkehrst. Am siebten Tag des siebten Mondes darfst du wieder in den Himmel hinaufsteigen, und das wird so bis in alle Ewigkeiten sein. Denn wenn der Sternenhirte dir nicht den Pfirsich der Unsterblichkeit gibt, ist er ein größerer Dummkopf, als ich das für möglich halte.«
    Der Jadekaiser bewegte den Finger vor der Nase des Bauernmädchens hin und her, um die Bedeutung seiner Worte zu betonen. »Jadeperle, vergiß nicht den siebten Tag des siebten Mondes! Die Bedingungen werden in das Kaiserliche Buch der Etikette eingetragen, die selbst ich befolgen muß. Wenn du nicht am festgesetzten Tag zum Sternenhirten zurückkehrst, unterstehst du nicht mehr dem Schutz des Himmels. Das Kaiserliche Buch der Etikette läßt keine Entschuldigungen zu«, sagte der Kaiser eindringlich, »es wird den Göttern verboten sein, dir zu helfen. Und nur ein Sterblicher kann dich in den Himmel zurückbringen. Nach einer vorsichtigen Schätzung stehen die Chancen, daß jemand ein solches Kunststück fertigbringt, eins zu zehntausend Billionen Trillionen. Hast du mich verstanden?«
    »Ich höre und gehorche«, flüsterte Jadeperle.
    Das Bauernmädchen kniete vor dem Himmelskaiser nieder, und er setzte ihr die kleine goldene Krone auf den Kopf. »Erhebe dich, Prinzessin der Vögel! befahl er, und als Jadeperle aufstand, sah sie erstaunt, daß sie im göttlichen Licht erstrahlte. »Rufe deine Untertanen!« befahl der Kaiser. Und als sie die Vögel herbeirief, erhob sich ein großer Freudengesang. Alle Vögel Chinas flogen zu ihrer Prinzessin. Sie trugen grüne Zweige und Äste und bauten damit eine Brücke, die bis zu den Sternen reichte. Jadeperle stieg auf der Brücke zum Himmel, und der Sternenhirte heiratete die Prinzessin der Vögel. Er gab ihr den Pfirsich der Unsterblichkeit. Und am ersten Tag des ersten Mondes trennten sie sich unter vielen Tränen. Und auf der wunderschönen Brücke der Vögel kehrte Jadeperle wieder zur Erde zurück.
    Der Himmel sorgte dafür, daß es ihrem kleinen Dorf an nichts fehlte, so daß die Prinzessin ihre Zeit auf der Erde damit verbringen konnte, Lieder zu singen und Ketten aus Gänseblümchen zu flechten. Drei Mädchen aus ihrem Dorf dienten ihr als Zofen: Schneegans, Kleine Ping und Herbstmond, und sie hatte eine Ziege, eine Katze und einen kleinen Hund, die ihr halfen, die Zeit zu vertreiben. Trotzdem schien es eine Ewigkeit zu dauern, bis der siebte Tag des siebten Monats anbrach. Jadeperle küßte ihre Zofen und verbeugte sich vor ihren Eltern. Dann rief sie die Vögel, und die Bauern von China blickten voll Staunen in den Himmel, als die Brücke der Vögel sich bis zu den Sternen spannte, die Prinzessin der Vögel hinaufeilte und in die

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