Meister Li 01 - Die Brücke der Vögel
lauschigen Bambushain. Er fand einen Pfad und folgte ihm. In der Mitte des Hains erreichte er eine Lichtung, auf der wilde Blumen blühten. Und in der Mitte der Lichtung war ein Teich, in dem Fische in vielen Farben schwammen. Und in der Mitte des Teichs badete ein Bauernmädchen. Ihre Haut schimmerte wie in Honig getauchtes Elfenbein, und ihre Augen waren wie schwarze Mandeln mit goldenen Flecken. Ihr Haar war wie eine Wolke aus wirbelndem Rauch, und ihre Lippen waren voll und reif und prall vor Süße wie Pflaumen. Es gab viele andere interessante Dinge an dem Bauernmädchen, und Ihr könnt sicher sein, daß dem Sternenhirten nichts davon entging. Oh! rief Jadeperle, als sie die Spiegelung eines Gesichts im Wasser entdeckte. Sie hob die Augen, und das schönste Mädchen der Welt sah den hübschesten Gott des Himmels vor sich.
Wie es so üblich ist, führte das eine zum anderen, und eines Tages kam ein alter Diener, dem man das Recht gewährt hatte, im Großen Fluß der Sterne zu angeln, keuchend in den Palast des Himmelskaisers gerannt und verlangte eine Audienz beim Jadekaiser. Eure Himmlische Majestät, die Regenzeit ist angebrochen, aber der Sternenhirte ist nicht von der Erde zurückgekehrt! klagte er. Wilde Wogen rauschen durch den Großen Fluß, und die verängstigten Sterne werden gegen die großen schwarzen Felsen geschleudert. Viele sind beschädigt, und manche sogar gesunken!* Der Jadekaiser konnte nicht glauben, daß sein Lieblingsneffe seine Pflichten so völlig vernachlässigte. Er eilte hinaus, um sich selbst davon zu überzeugen. Als er sah, daß der alte Diener die Wahrheit gesprochen hatte, stieß er einen wilden Zornesschrei aus, flog zur Erde und landete mit einem schrecklichen Donnerschlag mitten in dem Bambushain. Der Kaiser packte den Sternenhirten beim Haar und schüttelte ihn hin und her wie ein Spielzeug an einer Schnur. Dann warf er ihn geradewegs in das Sternbild Aquila. »Zurück an deine Arbeit, du unverschämter Grünschnabel! brüllte er, ich schwöre bei meinem Vorgänger, dem Himmlischen Meister des Ersten Ursprungs, daß Du nie mehr die Erde besuchen darfst! Dann fuhr er Jadeperle an: Auf die Knie, du Dirne! brüllte er, »bereite dich auf den Zorn des Himmels vor!
Jadeperle fiel auf die Knie und faltete die Hände. »Eure Himmlische Majestät, Ihr müßt arme Jadeperle nicht bestrafen*, schluchzte sie, »ich habe dem Sternenhirten mein Herz geschenkt, und wenn ich ihn nie mehr sehen darf, werde ich sterben.«
Der Jadekaiser betrachtete Jadeperle etwas genauer und erinnerte sich daran, daß er auch einmal jung gewesen war. Er betrachtete sie noch einmal und erinnerte sich daran, wie er vor kurzem geschworen hatte, daß der Sternenhirte in seinem kleinen Finger mehr Verstand besaß als seine anderen Neffen im ganzen Körper. Er betrachtete sie zum dritten Mal, und er versank in tiefe Gedanken über seine geliebte Frau, Königinmutter Wang, die mehr Puder und Schminke mit weniger Wirkung benutzte als irgendeine andere Frau, die er gesehen hatte. Er betrachtete Jadeperle zum vierten Mal und sagte: »Zehntausend Flüche!
Der Jadekaiser seufzte und setzte sich an das Ufer. Dann klopfte er auf das Gras neben sich und sagte: Komm, setz dich zu mir, mein Kind.
Also setzte sich das Bauernmädchen neben den Himmelskaiser, er zog seine Sandalen aus, und gemeinsam ließen sie die Füße im Wasser baumeln. Der Kaiser beobachtete die winzigen goldenen und roten Fische, die wie buntbemalte Schneeflocken um seine Zehen glitten, und sagte dann: Jadeperle, ich habe beim heiligen Namen des Himmlischen Meisters des Ersten Ursprungs geschworen, daß Sternenhirte nie mehr die Erde besuchen darf. Dieser Eid kann nicht gebrochen werden.« Jadeperle begann, bitterlich zu weinen.
Nun ja, du solltest sehen, was der unvernünftige Junge aus dem Großen Fluß der Sterne gemacht hat!« schimpfte der Jadekaiser, jedes Krankenhaus im Himmel wird mindestens acht Monate lang mit gebrochenen Sternen überfüllt sein. Und du weißt nicht, was ein Unglück ist, solange du noch nicht versucht hast, einen gebrochenen Stern zu verbinden!«
Jadeperle weinte immer noch, und der Blick des Kaisers wurde weich, als er sie ansah. Schließlich murmelte er achselzuckend: »Ich werde es bedauern. Ich spüre es.« Dann griff er in den linken Ärmel seines Gewandes und zog eine kleine goldene Krone hervor. »Bauernmädchen, da der Sternenhirte dich auf Erden nicht besuchen kann, erlaube ich dir, ihn im Himmel zu besuchen«,
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