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Meister und Margarita

Meister und Margarita

Titel: Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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vertraut, füllte ihn Lastotschkin schleunigst aus und fing an, die Verschnürung des Bündels zu lösen. Als er das Mitgebrachte erblickte, begann es in seinem Kopf zu flackern. Der Mund presste krankhaft etwas hervor.
    Vor den Augen schwirrten ausländische Noten. Stapelweise kanadische Dollar, englische Pfund, niederländische Gulden, lettische Lati, estnische Kronen …
    – Noch so ein Trickser vom Varieté –, vernahm der Buchhalter eine strenge Stimme. Und wurde auf der Stelle verhaftet.

Kapitel 18
Erfolglose Besucher
    Während der überaus emsige Buchhalter im Taxi hinsauste (nur um am Ende auf den freihändig schreibenden Anzug zu stoßen), entstieg dem kuscheligen Wagen Nr. 9 des Nachtzugs von Kiew nach Moskau mit den übrigen Reisenden ein gepflegter Mann – in der Hand ein kleines Vulkanfiberköfferchen. Dieser Mann war niemand anderes als der Onkel des verstorbenen Berlioz, Maximilian Andrejewitsch Poplawski. Ein Wirtschaftsplaner. Wohnhaft in Kiew (ehemalige Institutskaja-Straße). Den Grund seiner Ankunft in Moskau gab ein Telegramm, das er vorgestern erhalten hatte. Ein Telegramm folgenden Inhalts: »ich wurde soeben patriarchenteich tram überfahren beisetzung freitag fünfzehn uhr bitte kommen berlioz«.
    Maximilian Andrejewitsch galt nicht umsonst als einer der klügsten Menschen von Kiew. Aber auch den Klügsten kann solch ein Telegramm in Verlegenheit bringen. Wenn man doch schreibt, man sei überfahren worden, dann versteht sich von selbst, dass es nicht tödlich war. Was hat es dann mit der Bestattung auf sich? Oder ist er schwach und fühlt sein baldiges Ende? Schon möglich. Doch dann irritiert umso mehr diese Genauigkeit der Angabe: Woher weiß er mit einer solcher Gewissheit, dass er am Freitag um fünfzehn Uhr beigesetzt wird? Ein mehr als verblüffendes Telegramm!
    Doch kluge Menschen sind deshalb nur klug, weil sie sich auch in der verzwicktesten Lage zurechtfinden. Ganz einfach. Es ist ein Fehler unterlaufen. Die ursprüngliche Nachricht wurde verfälscht. Das Wort »ich« stammt zweifellos aus einemanderen Telegramm und landete anstelle des Namens »berlioz«, der seinerseits ans Ende geriet. Mit einer solchen Berichtigung wird der Sinn verständlich, wenn auch sicherlich tragisch.
    Nachdem sich der Ausbruch des Schmerzes bei seiner Ehefrau ein wenig gelegt hatte, begann Poplawski unverzüglich mit den Reisevorbereitungen.
    Jetzt wäre es auch angebracht, ein kleines Geheimnis von Maximilian Andrejewitsch zu lüften. Ohne Frage, der Neffe seiner Gemahlin, in der Blüte des Lebens dahingerafft, tat ihm offen und ehrlich leid. Doch als vielbeschäftigter Mann wusste er, dass seine Anwesenheit bei der Beerdigung nicht wirklich vonnöten ist. Und dennoch beeilte er sich sehr, nach Moskau zu gelangen. Weswegen denn nur? Wegen einer Sache – wegen der Wohnung! Eine Wohnung in Moskau, das ist kein Jux. – Niemand weiß, warum, doch in Kiew gefiel’s Maximilian Andrejewitsch immer weniger. Und der Gedanke an einen Umzug nach Moskau nagte so sehr an ihm, dass er in letzter Zeit unruhig schlief.
    Er erfreute sich nicht daran, wie der Dnjepr im Frühling über die Ufer trat und das Wasser, die Insel am Flachufer flutend, mit dem Horizont verschmolz. Er erfreute sich nicht an dem herrlichen Ausblick, der sich vom Denkmal des Fürsten Wladimir dem Auge bot. Er erfreute sich nicht an den Sonnenflecken, die im Frühjahr auf den Pfaden des Wladimirbergs tanzten. Nichts davon wollte er – er wollte nur eins: nach Moskau ziehen.
    Die Zeitungsannoncen über den Tausch seiner Wohnung auf der Institutskaja-Straße in Kiew gegen eine kleinere Fläche in Moskau blieben ohne Ergebnis. Es gab einfach keine Interessenten. Und wenn sie sich – selten genug – dennoch fanden, waren ihre Vorschläge nicht vertrauenswürdig.
    Das Telegramm traf Poplawski mitten ins Herz. Eine solche Gelegenheit zu verpassen, das wäre schlichtweg unverzeihlich! Als vielbeschäftigter Mann erkennt man doch gleich: Es wird sie gewiss kein zweites Mal geben!

    Darum galt es – allen Hindernissen zum Trotz – die Wohnung des Neffen auf der Gartenstraße zu übernehmen. Ja, das ist schwierig, sehr schwierig sogar, aber diese Schwierigkeiten müssten um jeden Preis gemeistert werden. Der erfahrene Maximilian Andrejewitsch wusste: Der erste und entscheidende Schritt war es, sich in den Räumen des verstorbenen Neffen melden zu lassen – und sei es auch nur provisorisch.
    Am Freitagvormittag betrat Poplawski die Hausverwaltung

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