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Meister und Margarita

Meister und Margarita

Titel: Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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vergessen! Sehen Sie? –, schluchzte die Sekretärin.
    – Ich darf doch sehr bitten! Sie sind im Büro! –, sprach verärgert der reizbare gestreifte Anzug und schob mit dem Ärmel einen frischen Packen Papier noch näher an sich heran – mit der klaren Absicht, selbigen für Dienstanweisungen zu verwenden.
    – Nein, das kann ich nicht mit ansehen, nein! –, schrie Anna Richardowna und rannte hinaus ins Sekretariat und ihr nach kam – Hals über Kopf – auch Wassilij Stepanowitsch gelaufen.
    – Stellen Sie sich vor, da sitze ich also –, erzählte, zitternd vor Aufregung, Anna Richardowna und verkrallte sich wieder im Ärmel des Buchhalters, – und ein Kater kommt rein. Ein schwarzer und fetter, fast schon ein Nilpferd. Ich natürlich: »Husch, husch! Na, wird’s bald!« Er geht, und statt seiner kommt ein dicker Mann rein und hat auch so eine katzenhafte Visage. Der sagt: »Hören Sie mal, Fräulein, seit wann empfängt man seine Besucher mit einem Husch, husch ?« Und – schwups! – marschiert er zu Prochor Petrowitsch. Ich natürlich: »Sind Sie übergeschnappt?« Lauf ihm nach! Aber denkste! Dieser Lümmel platzt doch gleich bei Prochor Petrowitsch herein und macht es sich vor dessen Schreibtisch bequem! Und der – ein herzensgütiger Mensch, nur manchmal halt ein wenig nervös – ist außer sich. Tja, was soll ich sagen … Ein nervöser Mensch, zugedeckt mit Arbeit. Da ist man auch schon mal außer sich! Ruft: »Wie können Sie es wagen! Ohne Termin!« Darauf lehnt sich der Typ ganz lässig zurück und antwortet ihm, unverschämt grinsend: »Ich hätt’ ja mit Ihnen ein Wörtchen zu reden in einer gewissen Angelegenheit.« Und Prochor Petrowitsch, wieder außer sich: »Ich hab’ zu tun!«Und der Kerl, rotzfrech: »Sie haben überhaupt nichts zu tun …« Wie? Da ist Prochor Petrowitsch mit der Geduld am Ende und brüllt: »Ja, ist das zu fassen! Raus mit ihm! Hol mich der Teufel!« Und der andere setzt so ein Schmunzeln auf und sagt: »Der Teufel soll Sie holen? Nun, warum nicht! Das lässt sich einrichten!« Und – rums! – es verschlägt mir den Atem – ich schaue: Der mit der Katzenvisage ist weg und im Sess… und im Sessel … dieser Anzug … Wäääh! … –, heulte Anna Richardowna mit weit aufgerissenem, vollkommen formlos gewordenem Mund.
    Die Schluchzer blieben ihr im Halse stecken, sie schnappte nach Luft, erzählte dann aber nur noch vollkommen ungereimtes Zeug:
    – Und er kritzelt und kritzelt und kritzelt und kritzelt! Zum Verrücktwerden! Und telefoniert! Ein Anzug! Und alle sind sie getürmt, diese Angsthasen!
    Der Buchhalter stand nur da und bebte. Doch ein glücklicher Umstand kam ihm zur Hilfe. Ins Sekretariat trat seelenruhig und mit geschäftigem Schritt die Miliz ein, repräsentiert durch zwei Beamte. Als die Schöne sie erblickte, weinte sie noch heftiger und winkte mit der Hand in Richtung des Büros.
    – Jetzt lassen wir das Weinen mal ganz schnell sein, Fräulein –, sagte der Erste trocken. Da wusste Lastotschkin: Seine Gegenwart ist mehr als entbehrlich, und er flitzte hinaus und befand sich bereits nach einer Minute auf der Straße. Durch seinen Schädel pfiff der Wind. Es tönte hohl wie in einem Rohr. Und aus diesem Getön flatterten Fetzen der Hausbotenmärchen vom gestrigen Kater – als einem Teilnehmer der Séance . »Hehe! Ist das etwa unser Schnucki?«
    Nach der ergebnislosen Visite bei der Kommission beschloss Wassilij Stepanowitsch, es einmal in deren Filiale (Wagankowski-Gasse) zu versuchen. Und um wieder ein wenig auf den Boden zu kommen, ging er zu Fuß.
    Die Filiale der Städtischen Schauspielkommission befand sich im Hof, in einem Gebäude, dessen Putz von der Zeit schon etwasbröckelte und das für seine Porphyrsäulen im Eingangsbereich berühmt war.
    Doch heute waren es nicht die Säulen, die den Besucher in Staunen versetzten, vielmehr das, was sich unter ihnen abspielte.
    Einige Leute standen verwirrt vor einem ganz aufgelösten Fräulein, das hinter dem kleinen Büchertisch saß, wo Publikationen fürs Theater verkauft wurden. Davon bot sie im Augenblick keinem was an und winkte ab, wenn teilnahmsvolle Fragen fielen. Indessen schwirrte von überall her – von oben, von unten, aus allen Zimmern – das Trillern von mindestens zwanzig rasenden rastlosen Telefonapparaten.
    Das Fräulein weinte noch eine Weile, zuckte plötzlich zusammen und schrie hysterisch:
    – Da! Da! Schon wieder! –, und sang los mit zittrigem Sopran:
    –

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