Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meister und Margarita

Meister und Margarita

Titel: Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
Vom Netzwerk:
unbekannten üppigen und grünen Blättern eingerieben – bis sie glänzte. Nun stürzte auch noch der Kater herein und begann zu helfen. Er hockte sich zu Margaritas Füßen und massierte ihr die Sohlen – mit der Selbstverständlichkeit eines Straßenschuhputzers.
    Wer hat ihr aus bleichen Rosenblüten ein Paar Schuhe genäht? Wie haben sich die Goldschnallen dieser Schuhe von allein geschlossen? Etwas riss Margarita nach oben und stellte sie vor den Spiegel – und in ihrem Haar erglänzte eine diamantene Königskrone. Schließlich tauchte Korowjew auf und legte um Margaritas Hals eine schwere Kette mit einem gewichtigen ovalen Geschmeide, das einen schwarzen Pudel darstellte. Der Schmuck war schon eine ziemliche Bürde. Die Kette drückte, das Geschmeide zwang zu Boden. Doch dafür – eine kleine Entschädigung! – dieser Respekt seitens Korowjews und Behemoths!
    – Wird schon, wird schon, wird schon! –, murmelte Korowjew an der Tür des Zimmers mit dem Wasserbecken. – Was sollman machen? Es muss sein, es muss sein, es muss sein … Erlauben S’ mir, Königin, Ihnen einen letzten Ratschlag zu erteilen. Unter den Gästen wird so manch einer sein … Ja, das können S’ mir glauben! … Aber trotzdem, verehrte Königin Margot, ist niemand bevorzugt! Gefällt Ihnen einer mal nicht … ich weiß, man wird’s Ihnen auf keinen Fall anmerken! Etwas anderes wäre schlicht undenkbar! Dem würde es nämlich gleich auffallen, und wie! Nein, den müssen S’ lieben, lieben lernen! Dafür soll die Herrin vom Ball tausendfach entlohnt werden. Und noch was: Nicht einer darf unbeachtet bleiben! Wenigstens ein Lächeln! Und ist für ein Plauscherl keine Zeit vorhanden, reicht auch ganz ein kleines Kopfnicken. Alles, nur keine Vernachlässigung! Davon werden die nämlich krank …
    Da trat Margarita, von Korowjew und Behemoth begleitet, aus dem Becken in ein vollkommenes Dunkel.
    – Das Signal gebe ich –, hauchte der Kater, – ich, ich!
    – Na geh schon! –, sprach im Finstern Korowjew.
    – Der Ball! –, kreischte der Kater durchdringend, worauf Margarita aufschrie und für einige Sekunden die Augen schloss. Der Ball brach über sie herein – in Form von Licht, Klang und Duft. Korowjew griff ihr unter den Arm und führte sie durch einen tropischen Wald. Papageien mit roter Brust und grünem Schwanz klammerten sich an Lianen fest, hüpften von einer zur anderen und riefen dabei: »Ich bin entzückt!« Doch der Wald war schon bald zu Ende. Statt der Saunahitze die Kühle des Tanzsaals – mit gelben funkelnden Steinsäulen. Der Saal – wie der – Wald vollkommen leer. Nur an den Säulen regungslose nackte Neger mit silbernem Turban. Vor Aufregung färbten sich die Gesichter schmutzig braun – denn Margarita samt ihrem Gefolge (in dem auf einmal auch Azazello mitlief) schwirrte herein! Da ließ Korowjew ihren Arm los und flüsterte:
    – Vorwärts, direkt auf die Tulpen zu!
    Und vor Margarita erwuchs eine niedrige Wand aus weißenTulpen. Dahinter: zahllose Windlichter, vor denen sich weiße Hemdbrüste und schwarze Schultern von Frackträgern tummelten. Da kam also die Tanzmusik her! Eine wahre Kaskade aus schmetternden Trompeten und darunter hervorschießenden Geigen überströmte den Leib: ein Bad in Blut! Das Orchester (etwa hundertfünfzig Mann) donnerte eine Polonaise.
    Darüber prangte ein Mann im Frack. Er sah Margarita, erblasste, lächelte, und ließ plötzlich mit einer einzigen Handbewegung alle Musiker sich erheben. Ohne das Spiel auch nur für einen Augenblick zu unterbrechen, übergossen sie stehend Margarita mit Harmonien. Der Mann im Frack wandte sich vom Orchester ab und verbeugte sich tief, wobei er die Arme weit auseinanderwarf. Und Margarita erwiderte sein Lächeln und winkte.
    – Das geht sich ned aus –, tuschelte Korowjew. – So wird er die ganze Nacht keine Ruhe finden! Rufen S’ ihm zu: »Seien Sie gegrüßt, Walzerkönig!«
    Margarita folgte dieser Anweisung. Erstaunlich: Ihre Stimme! Volltönend wie eine Glocke! Ja, lauter als das gesamte Orchester! Der Mann zuckte beglückt zusammen, legte die linke Hand auf die Brust, während die Rechte mit dem weißen Taktstock weiter dirigierte.
    – Das geht sich ned aus –, zischte Korowjew. – Schauen S’ nach links, auf die ersten Geigen, und nicken S’ ihnen zu, dass jeder glaubt, er sei höchstpersönlich gemeint. Da ist die Crème-de-la-Crème versammelt! Winken S’ dem da, am ersten Pult, ’s ist Henri Vieuxtemps. Grandios,

Weitere Kostenlose Bücher