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Meister und Margarita

Meister und Margarita

Titel: Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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Zelle ist ihr ein kleines Malheur widerfahren. Das am Fuß, Königin, ist ein Spanisches Stieferl. Mit der Binde aber hat’s folgende Bewandtnis: Als die Gefängniswärter erfuhren, dass ungefähr fünfhundert unglücklich gewählte Gatten Neapel und Palermo für immer verlassen hatten, erwürgten sie Signora Tofana – sozusagen im Affekt.
    – Ich fühle mich außerordentlich geehrt, schwarze Königin! –, flüsterte Tofana in klösterlicher Demut und bemühte sich, auf ein Knie zu fallen. Der Spanische Stiefel war hinderlich. Korowjew und Behemoth halfen beim Aufstehen.
    – Ich freue mich –, erwiderte Margarita, ihre Hand zugleich all den anderen reichend.
    Jetzt wurden die Stufen von unten herauf regelrecht überflutet. Das Empfangszimmer – irgendwo fern! Margarita hob mechanisch den Arm und ließ ihn ebenso wieder sinken. Den Gästen schickte sie ein gleichförmiges, zähnebleckendes Lächeln entgegen. In der Luft über der Treppe tönte ein Rauschen. Aus den Tanzsälen, durch die Margarita vorhin gelaufen war, brauste ein Meer von Klängen heran.

    – Das dagegen ist eine durch und durch triste Person –, sagte Korowjew, diesmal laut. Wozu bei dem gewaltigen Lärm auch flüstern? – Sie schwärmt für Bälle und sucht nach einer Gelegenheit, über ihr Tuch zu granteln.
    Und da war sie auch schon – unter den Heraufsteigenden – jene, auf die Korowjew mit dem Finger wies. Eine junge Frau. Ungefähr zwanzig. Umwerfend schön. Nur die Augen irgendwie besorgt und zudringlich.
    – Was denn für ein Tuch? –, fragte Margarita.
    – Ihr wurde ein Stubenmädchen zugewiesen, das ihr – seit dreißig Jahren – jeden Abend – ein Schnäuzquadrat aufs Nachtkasterl legt. Wenn sie morgens erwacht, wartet es da. Was hat sie damit nicht schon alles angestellt! Es verbrannt oder im Fluss versenkt! Hilft leider nix …
    – Was denn für ein Tuch? –, raunte Margarita, während sie ihre Hand hob und wieder fallen ließ.
    – Eins mit einer blauen Kante. Sie arbeitete in einem Kaffeehaus. Eines Tages ruft sie der Besitzer in die Speisekammer. Und neun Monate später bringt sie einen gesunden Buben zur Welt. Nun, den nimmt sie halt mit in den Wald, steckt ihm das besagte Tuch ins Mäulchen und verscharrt ihn dort. Vor Gericht heißt es nur: Sie wusste nicht, wie sie das Kind hätte ernähren sollen.
    – Und wo ist der Besitzer des Kaffeehauses? –, fragte Margarita.
    – Königin! –, knarrte plötzlich von unten der Kater. – Würden Sie mir bitte eines verraten: Was hat der Besitzer damit zu tun? Nicht er hat das Kind im Wald erdrosselt!
    Margarita lächelte unverändert und hob und senkte die rechte Hand. Die scharfen Nägel der linken grub sie indes in Behemoths Ohr und raunte:
    – Wenn du miese kleine Ratte es noch einmal wagst, dich in fremde Gespräche einzumischen …
    Behemoth piepste so gar nicht ballmäßig und röchelte:
    – Königin … Das Ohr … Ist schon ganz geschwollen …Wozu unnötig den Ball verderben? … Mit einem geschwollenen Ohr? … Ich meinte es doch rein juristisch … Von einem juristischen Standpunkt betrachtet … Bin still, bin still … Glauben Sie von mir aus, ich sei kein Kater, sondern ein Fisch … Nur lassen Sie bitte das Ohr los.
    Margarita ließ das Ohr los. Vor ihr die düsteren zudringlichen Augen.
    – Ich darf mich glücklich schätzen, Königin, zu dem Großen Vollmondball geladen zu sein.
    – Und ich –, entgegnete Margarita, – freue mich meinerseits, Sie zu sehen. Sehr sogar. Mögen Sie Champagner?
    – Bitte zu bedenken, was Sie da tun, Königin! –, rief verzweifelt, doch unhörbar Korowjew. – Da staut sich nämlich alles!
    – Ja, mag ich –, sagte die Frau flehentlich. Und wiederholte auf einmal reflexartig: – Frieda, Frieda, Frieda! Ich heiße Frieda, oh Königin!
    – Dann betrinken Sie sich heute, Frieda. Und lassen Sie einfach alles los –, bat Margarita.
    Frieda streckte die Arme nach ihr aus. Aber Korowjew und Behemoth erfassten sie äußerst geschickt von beiden Seiten, worauf sie im Gedränge verschwand.
    Jetzt schob sich die Menge von unten heran – eine einzige dichte Wand – und belagerte Margarita. Nackte Frauenkörper inmitten von Fräcken – gebräunt, weiß, mokka- und kohlenfarben – umflossen sie. Zwischen den Haarsträhnen – rot, schwarz, brünett oder flachsblond – im strömenden Licht – erglänzte und zitterte, sprühte Funken manch edles Gestein. Von den Brüsten verspritzten Brillantenbehänge glitzernde

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