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Meister und Margarita

Meister und Margarita

Titel: Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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genauso. Und weiter!
    – Wer ist der Maestro? –, fragte Margarita im Vorbeiflug.
    – Johann Strauß! –, brüllte der Kater. – Und ich will gehängt sein! – an einer Liane im Tropenwald! –, wenn auf irgendeinem Ball dieser Welt jemals solch ein Orchester spielte! Hab ich nämlich selbst eingeladen! Und bitte festzustellen: Nicht einer hat sich krankgemeldet, nicht einer hat abgesagt!
    Im nächsten Saal gab es keine Säulen. Nur Wände von Blumenzu beiden Seiten: Rosen – pink, rot und milchweiß, Kamelien – buschig und japanisch! Dazwischen sprudelten Fontänen, und Champagner schäumte in drei Bassins: aus lichtem Violett, aus Rubin, aus Kristall. Und emsige Neger in purpurnen Binden schöpften den Wein mit silbernen Kellen in flache Schalen. Durch die Rosenwand ging ein Bruch, dahinter eine Bühne und darauf ein Herr in einem kirschfarbenen Schwalbenschwanz. Vor ihm rasselte Jazz – unerträglich schrill. Sobald der Dirigent Margarita erblickte, verneigte er sich so tief, dass seine Finger den Boden berührten, fuhr wieder hoch und schrie herzzerreißend:
    – Halleluja!
    Er klatschte sich aufs Knie (und eins!). Dann überkreuz aufs andere (und zwei!). Entriss dem Musiker ganz außen das Becken und traktierte damit eine Säule.
    Margarita flog weiter. Doch der Jazzvirtuose briet in seiner Schlacht gegen die Polonaise, die im Rücken rauschte, den übrigen Big-Band-Mitgliedern mit dem Becken eins über, worauf sie in grotesk übertriebener Angst in die Hocke gingen.
    Endlich wieder das Treppenhaus. Etwa jenes, wo vor Kurzem noch Korowjew im Dunkeln mit dem Öllämpchen gewartet hatte? Nun, diesmal war es hier blendend hell! Vor lauter Licht, welches aus kristallenen Weintrauben strömte! Margarita wurde ein Platz angewiesen. Zu ihrer Linken ein niedriger Amethystpfeiler.
    – Die Hand, die können S’ da drauflegen, wenn’s zu schwer wird –, flüsterte Korowjew.
    Ein Schwarzer warf unter sie ein Kissen mit einem gestickten goldenen Pudel. Darauf stellte Margarita – von jemandem gelenkt – ihr angewinkeltes rechtes Bein.
    Margarita schaute. So gut es grad ging. Neben ihr Korowjew und Azazello. Beide in feierlicher Haltung. Bei Azazello standen noch drei junge Männer. Alle drei ein wenig wie Abadonna. Von hinten zog Kälte. Sie drehte sich um. Eine Marmorwand mit herausquellendem Champagner. Brausende Bäche, niederprasselnd in ein eisiges Bassin. Am linken Fuß etwas flauschig Warmes. Es war Behemoth.
    Margarita. Sie stand hoch oben. Unter ihren Sohlen traten Stufen hervor. Riesig und vom Teppich bedeckt. Und fielen hinab. Welch eine Weite! Wie durch ein verkehrt herum gehaltenes Fernglas. Ein überdimensionales Empfangszimmer. Der Kamin darin einfach unermesslich. In seinen kalten und schwarzen Rachen passt mit Leichtigkeit ein Fünftonner-Lastwagen hinein. Der ganze Raum dort unten, wie auch die Treppe, vollkommen leer und lichtüberflutet – so hell, dass es wehtat. Jetzt tönten die Trompeten, ein leiser Nachhall, von irgendwo her. Und einfach dastehen, ohne sich zu bewegen, eine geschlagene Minute lang.
    – Wo bleiben denn die Gäste? –, erkundigte sich Margarita bei Korowjew.
    – Keine Sorge, Königin, die werden schon kommen, und wie die kommen werden! An denen soll’s nicht mangeln. Ich würd’ ja viel lieber Holz hacken, als die da auf den Stiegen willkommen heißen.
    – Ach was, Holzhacken! –, stimmte der redselige Kater mit ein. – Ich würde in einer Tram als Schaffner arbeiten! Die schlimmste Tätigkeit, die ich kenne!
    – Zuerst muss alles paletti sein, Königin –, erklärte Korowjew und ließ dabei sein Auge durch das kaputte Monokel glänzen. – Was ist peinlicher, als wenn ein Gast als Erster antanzt und herumhängen muss, weil er nix Besseres zu tun hat! Und die ihm angetraute Furie nervt schon und zischelt: Wieso kommen wir eigentlich immer vor den anderen an? Nein, solche Bälle gehören auf den Mist, Königin.
    – Jawohl, definitiv auf den Mist! –, bestätigte der Kater.
    – Bis Mitternacht sind’s jetzt nicht mehr als zehn Sekunden –, ergänzte Korowjew, – gleich ist es so weit!
    Diese zehn Sekunden! Wie fürchterlich lang! Etwa schon verstrichen? Und noch immer nichts los! Doch schon rumpelte etwas in dem Riesenkamin und daraus hüpfte ein Galgen hervor. Daran baumelte ein halb verfallener Kadaver. Dieser Kadaver riss sich vom Strick, schlug am Boden auf und wurde sogleich zu einem dunkelhaarigen Schönling im Frack und mit Lackschuhen. Als

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