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Meister und Margarita

Meister und Margarita

Titel: Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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von eigenen Gedanken herausgelockt. Jawohl, so ist es.
    – In der Tat. Judas war misstrauisch und hat sein Geld immer vor anderen versteckt.
    – Ja. Doch du sprachst von Gat-Schmanim. Warum wollt ihr gerade dort nach ihm suchen? Das verstehe ich beim besten Willen nicht.
    – Das, oh Statthalter, ist besonders simpel. Niemand würde sein Geld auf Straßen vergraben, an offenliegenden und öden Plätzen. Judas war weder auf dem Weg nach Hebron noch auf dem Weg nach Bethanien. Er muss an einer Stelle gewesen sein, die abgeschirmt und von Bäumen beschützt ist. Das ist wirklich simpel, denn schließlich gibt es in der Nähe von Jerschalajim keinen anderen solchen Platz, außer eben Gat-Schmanim. Also brauchte er nicht weit zu gehen.
    – Du hast mich voll und ganz überzeugt. Was aber bleibt uns jetzt noch zu tun?
    – Mit der Suche nach den Mördern, die Judas vor der Stadt aufgelauert haben, sogleich zu beginnen. Und ich begebe mich alldieweil, wie bereits angekündigt, unter Arrest.
    – Aber weswegen?
    – Meine Wache hat ihn gestern am Bazar durchschlüpfen lassen, als er aus dem Hohenpriesterpalast herausgekommen war. Wie das geschehen konnte, ist mir unfassbar. In meinem gesamten Leben ist mir so etwas noch nie geschehen. Man hat angefangen, ihn zu beschatten unmittelbar nach unserem Gespräch. Doch am Bazar hatte er seinen Weg geändert, machte eine seltsame Schleife und verschwand spurlos.
    – Verstehe. Und sage dir hiermit, dass ich es nicht für nötig erachte, dich zu belangen. Du hast alles versucht, was in deiner Macht stand. Und niemand auf dieser ganzen Welt –, hierbei musste Pilatus lächeln, – hätte da mehr erreicht als du! Weise jene Verfolger zurecht, die Judas aus den Augen verloren haben. Aber ich möchte darauf bestehen, dass auch diese Zurechtweisung in jeder Hinsicht milde ausfällt. Letzten Endes haben wir doch unser Möglichstes getan, nur um diesen Schurken zu retten! Eine Frage noch –, der Statthalter rieb sich die Stirn, – wie ist es ihnen gelungen, das Geld Kaiphas zuzuspielen?
    – Seht, Statthalter. Das ist nicht allzu schwer. Die Rächer näherten sich dem Palast von hinten, dort, wo die Gasse den Hof überragt, und warfen das Bündel über den Zaun.
    – Mit einem Schriftfetzen?
    – Es ist genauso, wie der Statthalter es vermutet. Hier ist es, übrigens … –, da riss Afranius das Siegel vom Bündel und zeigte seinen Inhalt dem Hegemon.
    – Aber was tust du, Afranius! Das ist doch gewiss das Siegel des Tempels!
    – Der Statthalter sollte in diesem Punkt ganz unbesorgt sein –, sagte der Gast und schloss das Bündel.
    – Du besitzt doch nicht etwa sämtliche Siegel? –, fragte Pilatus und lachte laut.
    – Wie sollte es anders sein, Statthalter –, gab Afranius bitterernst und ohne einen Anflug von Lächeln zur Antwort.
    – Ich kann mir denken, wie es bei Kaiphas angekommen ist!
    – Ja, Hegemon, es sorgte für große Aufregung. Ich wurde unverzüglich gerufen.

    Trotz des Halbdunkels glänzten Pilatus’ Augen.
    – Sehr interessant, sehr interessant …
    – Ich wage, dem Statthalter zu widersprechen. Das war keineswegs interessant. Vielmehr eine höchst langweilige und ermüdende Angelegenheit. Meine Frage, ob irgendjemand in Kaiphas’ Palast irgendwelches Geld erhalten hatte, wurde kategorisch verneint.
    – Niemand hat irgendwelches Geld erhalten? Gut, wenn sie meinen … Umso schwieriger wird es sein, die Mörder zu fassen.
    – Das glaube ich auch, Statthalter.
    – Ach ja, Afranius. Noch ein spontaner Gedanke kommt mir in den Sinn: Wäre es vorstellbar, dass er selbst Hand an sich gelegt hätte?
    – Nein, niemals, Statthalter –, Afranius lehnte sich vor Staunen im Sessel zurück. – Verzeiht mir, aber das erscheint ganz und gar unmöglich!
    – In dieser Stadt ist nichts ganz und gar unmöglich! Ich könnte wetten: Schon in kurzer Zeit wird just dieses Gerücht hier verbreitet werden.
    Afranius warf Pilatus einen Blick zu, dachte nach und antwortete:
    – Wer weiß, vielleicht, Hegemon!
    Die Frage nach dem Mord an dem Mann aus Kirjath ließ den Statthalter trotzdem nicht los. Und das, obwohl sie doch nunmehr erschöpft war. Ein wenig träumerisch sagte er:
    – Ich hätte ja nicht übel Lust, die Tat aus nächster Nähe mitzuerleben.
    – Es geschah nach allen Regeln der Kunst, Statthalter –, entgegnete Afranius mit leiser Ironie in den Augen.
    – Woher weißt du denn das nun wieder?
    – Der Statthalter habe die Güte und sehe sich einmal die

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