Meister und Margarita
einiger Damen, die durch die Vorstellung zu Schaden kamen, wie jener in violetten Dessous, die Rimski derart in Staunen gesetzt hat, und denen von Karpow, der als Erster in die Wohnung Nr. 50 auf der Gartenstraße geschickt wurde) führt ohne Umschweife zum mutmaßlichen Aufenthaltsort des für den ganzen Schlamassel Verantwortlichen.
Die Wohnung Nr. 50 wird überprüft. Und nicht nur einmal. Und nicht nur die Wohnung: Mit peinlicher Sorgfalt werden dort sämtliche Wände abgeklopft, die Kaminschächte durchforstet und geheime Fächer gesucht. Aber keine dieser Maßnahmen befördert irgendetwas Taugliches ans Licht: Bei allen Besuchen – niemand zu Hause, trotz der Gewissheit: Jemand ist da. Wobei die Personen und Behörden, die für alle Belange ausländischer Künstler in Moskau an sich zuständig sind, steif und fest behaupten, von irgendeinem Schwarzen Magier Woland kann in der Stadt keine Rede sein.
Seine Einreise ist nirgendwo registriert. In seine Papiere nahm niemand Einsicht. Nirgends finden sich etwaige Verträge mit ihm. Überhaupt ist sein Name noch nie gefallen. Der Vorsitzende der Programmabteilung der Schauspielkommission Kitajzew schwört bei allem, was ihm heilig ist: Kein Programm irgendeines Woland wurde ihm vom verschwundenen Stjopa Lichodejew jemals zur Bestätigung zugesandt, und auch kein Telegramm über dessen Ankunft. Daher ist es Kitajzew völlig schleierhaft, wie Stjopa eine derartige Séance im Varieté durchgehen ließ. Auf den Einwurf hin, Arkadij Apollonowitsch habe diesen Magier während der Vorführung leibhaftig erblickt, zuckt Kitajzew bloß seine Schultern und hebt die Augen zum Himmel empor. Und diesen Augen ist anzusehen, ihr Besitzer könnte kein Wässerchen trüben.
Auch der Vorsitzende der Schauspielkommission, der schon einmal erwähnte Prochor Petrowitsch …
Apropos: Er kehrte in seinen Anzug zurück, sobald die Miliz das Büro betrat (zur ungestümen Freude von Anna Richardowna und größten Verwunderung der ganz unnötig alarmierten Beamten). Und noch etwas: Der in seinem alten grauen Anzug Wiedererschienene war mit sämtlichen Resolutionen, die das Kleidungsstück während seiner kurzen Abwesenheit verabschiedet hatte, völlig einverstanden.
… also, der schon einmal erwähnte Prochor Petrowitschweiß rein gar nichts von einem Woland oder wie er sonst heißt.
Das Ergebnis ist, mit Verlaub gesagt, hanebüchen: Tausende Zuschauer, der Stab des Varieté, schließlich Arkadij Apollonowitsch Semplejarow, ein in jeder Hinsicht solider Mann, haben diesen Magier zu Gesicht bekommen, genauso wie seine verfluchten Gehilfen. Dabei bleibt er absolut unauffindbar. Was also, bitte schön, ist geschehen? Ist er nach seiner skandalösen Séance einfach vom Erdboden verschluckt worden? Oder aber, wie andere behaupten, gar nicht in Moskau gewesen? Nimmt man Ersteres an, so muss er beim Verschlucktwerden auch die Leitung des Varieté eingesackt haben. Nimmt man Letzteres an, dann sieht es ganz danach aus, als hätte die Leitung des verflixten Theaters etwas Schweinisches angestellt (siehe das zerbrochene Bürofenster und das auffällige Verhalten von Karo-Ass !) und daraufhin fluchtartig die Stadt verlassen.
Alle Achtung verdient der Chefermittler: Der verschwundene Rimski wird mit atemberaubender Geschwindigkeit ausfindig gemacht. Eine Verknüpfung zwischen den Reaktionen des Spürhunds am Taxistand vor dem Kino mit einigen Zeitangaben (wie etwa dem Ende der Séance und dem hypothetischen Moment von Rimskis Verschwinden), und schon wird nach Leningrad telegraphiert. Eine Stunde später (es ist Freitagabend) kommt prompt die Antwort: Rimski bewohne das Zimmer Nr. 412 im Hotel Astoria auf der vierten Etage (direkt neben dem Zimmer, in dem sich der Programmleiter eines gastierenden Moskauer Theaters niedergelassen hat, eben jenem Zimmer, das, bekannterweise, blau-grau möbliert ist und über ein perfekt ausgestattetes Bad verfügt).
Rimski steckt im Kleiderschrank des besagten Zimmers Nr. 412 im Hotel Astoria, wird sofort verhaftet und noch in Leningrad gründlich vernommen. Daraufhin wird nach Moskau telegraphiert, der Finanzdirektor des Varieté sei geistig verwirrt, er könne oder wolle ihm gestellte Fragen nicht vernünftig beantworten und bitte nur um eins: in eine gepanzerte Zelle gesperrt und von einem bewaffneten Kommando bewacht zu werden. Und aus Moskau folgt der Befehl, Rimski unverzüglich nach Moskau zu eskortieren. Also wird er am Freitagabend mit dem Nachtzug nach
Weitere Kostenlose Bücher