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Meister und Margarita

Meister und Margarita

Titel: Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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–, bekräftigte Behemoth.
    – Oh ja –, setzte Korowjew fort, – die im höchsten Maße ungewöhnlichen Dinge dürfen in den Treibkästen dieses Hauses vermutet werden, welches da unter seinem Dache einige Tausend Eiferer eint, so sich dafür entschieden haben, ihr Leben bedingungslos dem Dienste Melpomenens, Polyhymnias, Thalias zu weihen. Kannst du dir ausmalen, welch ein Jubel sich erhebt, sollte einer von ihnen dem lesenden Publikum für den Anfang mit einem »Revisor« oder zum wenigsten einem »Eugen Onegin« aufwarten?
    – Und zwar sehr lebhaft –, stimmte ihm Behemoth abermals zu.

    – Oh ja –, setzte Korowjew fort und hob dabei kummervoll seinen Finger, – insofern! Insofern, wiederhole ich – insofern! Die gezüchteten zarten Pflänzchen nicht von irgendeinem Mikroorganismus befallen und kräftig an der Wurzel beknabbert werden, auf dass sie darob durch und durch verfaulen! Dies geschieht ja so manch einer Ananas! Ojemine!, und wie das geschieht!
    – Apropos –, erkundigte sich Behemoth, der seinen runden Kopf durch das Gitter schob, – was tun sie dort, auf der Veranda?
    – Sie geruhen zu speisen –, erklärte Korowjew, – es sei hinzugefügt, mein lieber Freund: Die Restauration hier ist sehr zu empfehlen und nicht einmal teuer. Indessen wünsche ich, wie jeder Tourist vor einer noch ausstehenden Reise, ein großes kühles Glas Bier zu trinken.
    – Und ich erst! –, erwiderte Behemoth, und die Mistkerle marschierten auf dem Asphaltweg unter den Linden geradewegs zur Veranda des Restaurants, das nichts Böses ahnte.
    Ein blasses und gelangweiltes Fräulein in weißen Söckchen und ebensolchem Barett mit Zipfel saß auf einem Wiener Stuhl an der Ecke der Veranda, wo das Grün des Gitterwerks einen Durchgang bot. Vor ihr, auf einem einfachen Küchentisch, lag so etwas wie ein dickes Geschäftsbuch, worin das Fräulein, weiß Gott warum, alle Restaurantbesucher verzeichnete. Und von eben diesem Fräulein wurden Korowjew und Behemoth aufgehalten.
    – Ihre Ausweise? –, verwundert musterte sie Korowjews Zwicker und Behemoths Kocher sowie den zerrissenen Ärmel des Letzteren.
    – Bitte tausendmal um Vergebung, aber was meinen S’ mit Ausweisen? –, wunderte sich seinerseits Korowjew.
    – Sie sind Schriftsteller? –, fragte wiederum das Fräulein.
    – Worauf Sie sich verlassen können –, entgegnete Korowjew würdevoll.

    – Ihre Ausweise? –, wiederholte das Fräulein.
    – Schatzerl … –, begann Korowjew zärtlich.
    – Ich bin nicht Ihr »Schatzerl« –, unterbrach ihn das Fräulein.
    – Hach, das schmerzt –, sagte jener enttäuscht und setzte fort: – Na schön, wenn S’ es vorziehn, nicht mein Schatzerl zu sein, was, ehrlich gesagt, ganz hinreißend wäre, dann seien S’ es halt nicht. Doch ich bitte Sie: Um zu wissen, dass Dostojewski ein Schriftsteller ist, würden S’ den auch nach dem sein’ Ausweis fragen? Nehmen S’ doch fünf x-beliebige Seiten aus einem x-beliebigen Roman von dem, schon erkennen S’ auch ohne jeden Ausweis, dass Sie einen Schriftsteller vor sich haben. Oje, ich vermute, der hatte nicht mal einen solchen Ausweis! Was meinst denn du? –, wandte er sich an Behemoth.
    – Ich könnte glatt wetten, er hatte keinen –, sagte der andere, stellte den Kocher auf dem Tisch neben dem Buch ab und wischte sich den Schweiß von der rußigen Stirn.
    – Sie sind nicht Dostojewski –, bemerkte das Fräulein, von Korowjew ein wenig dusselig gemacht.
    – Tja, wer weiß, wer weiß –, erwiderte jener.
    – Dostojewski ist tot –, sagte das Fräulein, doch klang es irgendwie unsicher.
    – Ich protestiere! –, rief Behemoth emphatisch. – Dostojewski ist und bleibt unsterblich!
    – Ihre Ausweise, wenn ich bitten darf –, beharrte das Fräulein.
    – Jetzt wird’s aber schon ein bisserl g’spaßig –, gab Korowjew nicht nach, – ein Schriftsteller wird nicht an seinem Ausweis gemessen, sondern an dem, was der so schreibt! Woher wollen S’ zum Bleistift wissen, was da alles in meinem Kopf steckt? Oder in dem Kopf dort? –, und er zeigte auf den von Behemoth, der sofort die Schiebermütze abnahm: So ließ sich sein Kopf quasi besser studieren.
    – Bitte einmal Platz machen! –, sagte das Fräulein bereits nervös.
    Korowjew und Behemoth rückten zur Seite, und ein Schriftsteller schritt vorbei. Grauer Anzug. Ohne Krawatte. Weißes Sommerhemd, dessen Kragen breit über den Kragen des Anzugs geschlagen war. Unter den Arm geklemmt eine Zeitung.

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