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Meister und Margarita

Meister und Margarita

Titel: Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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stopft sich voll mit Lachs! Der strotzt doch nur so vor lauter Devisen! Und unsereins?! Wie? Und unsereins?! Was? Also mir tut das weh! Von Herzen weh! –, heulte Korowjew wie ein Brautentführer von anno dazumal.
    Pawel Iossifowitsch schüttelte sich vor Wut ob dieser recht albernen, vollkommen taktlosen und politisch gewiss höchst bedenklichen Rede. Allein in sehr vielen Mienen der Versammelten las er kurioserweise Anteilnahme! Als sich Behemoth zu guter Letzt mit seinem schmutzigen löchrigen Ärmel die Augen wischte und tragisch ausrief:
    – Danke, Freund, dass du dich stark machst für den Gepeinigten! –, geschah ein Wunder. Der schüchterne kleine Opa, ärmlich, doch gepflegt, der sich an der Süßwarentheke gerade drei Mandeltörtchen kaufte, war mit einem Mal wie verwandelt. Seine Blicke schossen martialische Blitze, er lief scharlachrot an, schleuderte die eingewickelten Törtchen zu Boden und schrie mit dünner kindlicher Stimme:
    – Bravo! – Schnappte sich ein Tablett, fegte die von Behemoth übrig gelassenen Trümmer des Schoko-Eiffelturms weg, schwenkte es, stieß mit der Linken dem Ausländer den Hut vomKopf, während die Rechte ihm flach das Tablett auf die Glatze schmetterte. Es ertönte das Geräusch von Blechplatten, wenn Arbeiter sie vom Lastwagen schmeißen. Der Dicke erblasste, kippte nach hinten und landete mit dem Gesäß im Heringsfässchen, woraus eine Fontäne aus Salzlake spritzte. Da geschah auch gleich noch ein zweites Wunder. Der Fliederfarbene, im Heringsfässchen, rief auf Russisch, ohne jeden Akzent:
    – Die bringen mich um! Hilfe! Miliz! Hilfe! Die Banditen! Die bringen mich um! –, offenbar wurde er unter Schockeinwirkung spontan der ihm unbekannten Sprache mächtig.
    Jetzt verstummte die Pfeife des Portiers. Und im Tumult der erregten Kundschaft funkelten – immer näher kommend – zwei Milizhelme. Doch wie man Bänke im Schwitzbad mit Wasser besprengt, übergoss der hinterfotzige Behemoth die Süßwarentheke mit Benzin aus dem Kocher, das sich von selbst entzündete. Die Flamme schoss aufwärts, kroch über die Stände und fraß unterwegs die dekorativen Papierbänder an den Körben mit Früchten auf. Alle Mitarbeiterinnen rannten kreischend hinter den Theken hervor, und sobald sie draußen waren, haben die Vorhänge Feuer gefangen, und auch am Boden brannte es lichterloh. Das tobende Publikum erhob auf der Stelle ein wüstes Geschrei, taumelte rücklings aus der Abteilung und überrollte dabei den nicht weiter mehr benötigten Pawel Iossifowitsch. Von den Fischständen liefen zum Hinterausgang im Gänsemarsch mit ihren blankgeschliffenen Messern die Verkäufer. Der fliederfarbene Zeitgenosse, ganz in Heringslake, entrupfte sich dem Fässchen, schwang sich über den ausgelegten Salm und stürzte ihnen hinterher. Es klirrten und schepperten die Glasscheiben der Spiegeltüren im Eingangsbereich, herausgedrückt von den flüchtenden Menschen. Die beiden Schurken aber (Korowjew und der verfressene Behemoth) waren mit einem Mal unauffindbar, wo auch immer sie stecken mochten. Erst später berichteten Augenzeugen, die den Beginn des Brands im Torgsin am Smolenski miterlebt hatten, die beidenRüpel seien nach oben unter die Decke geschwebt und dort geplatzt wie zwei Spielzeugballons. Dass es sich wirklich wie beschrieben zutrug, ist verständlicherweise sehr unwahrscheinlich – doch was wir nicht wissen, wissen wir nicht.
    Wir wissen nur eins: Zehn Minuten danach befanden sich Behemoth und Korowjew bereits auf dem Bürgersteig des Boulevards – exakt vor dem Haus der Gribojedow’schen Tante. Korowjew wandte sich dem Gitter zu und sagte:
    – Hoho! Da schau her! Das Schriftstellerhaus! Weißt du, Behemoth, ich höre viel Lobenswertes und Schmeichelhaftes über dieses Haus. Mein Freund, achte einmal auf dieses Haus. Ja, es beglückt mich überaus, zu wissen: Da unter diesem Dach verbirgt sich und reift allmählich heran eine Unzahl von Talenten.
    – Wie Ananas in Orangerien –, bemerkte Behemoth und kletterte hoch auf den Betonsockel des gusseisernen Gitters: Von dort war das cremefarbene Säulengebäude noch besser zu sehen und zu bestaunen.
    – Ganz recht –, pflichtete Korowjew seinem ständigen Begleiter bei, – und ein wonniges Gruseln beschleicht mir das Herz, wenn ich nur daran denke: In diesem Haus gedeiht der künftige Autor des »Faust«, des »Don Quijote« oder sogar, ich will verdammt sein, der »Toten Seelen«! Was meinst du? Nicht?
    – Du meine Güte!

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