Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meister und Margarita

Meister und Margarita

Titel: Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
Vom Netzwerk:
seiner Hand erschien ein Revolver. Er rief: – Zwei! – Der Revolver zuckte nach oben. Er rief: – Drei! – Es blitzte und dröhnte. Und schon schneite es in den Saal: Von der Kuppel – zwischen den Trapezen abtauchend – schwirrten lauter weiße Schnipsel.
    Sie rotierten, wurden zur Seite getrieben, zu den Emporen hinaufgeweht, in den Musikergraben, auf die Bühne gewirbelt.Sekunden später erreichte das dichter werdende Geldscheingestöber die Sitze im Saal, und die Menschen begannen, danach zu greifen.
    Hunderte von Händen hoben sich. Die Zuschauer sahen durch die Papierchen in die helle Bühnenbeleuchtung und erkannten darauf die guten alten zuverlässigen Wasserzeichen. Auch der Geruch ließ keinen Zweifel – unvergleichlich, nur allzu köstlich: Das Aroma von frisch gedrucktem Geld. Das gesamte Theater wurde erfasst – erst von Freude, sodann von Entzücken. Überall summte es: »Zehner! Zehner!« Überall seufzte es: »Ach! Ach!« Und überall herzlichstes Lachen. Es gab welche, die krochen bereits durch die Gänge und wühlten emsig unter den Sitzen. Etliche kletterten hoch auf die Polster, um nach den flüchtigen Scheinen zu schnappen.
    Die Gesichter der Miliz drückten allmählich Bedenken aus, und hinter dem Vorhang lugten zwanglos die Künstler hervor.
    Im ersten Rang erklang eine Stimme: »He da! Nicht so schnell mit den Händen! Die sind mir, die sind mir! Die flogen hierher!« Und noch eine andere: »Vorsicht, Bürschchen! Ich kann auch gut schubsen!« Plötzlich machte es patsch, und im ersten Rang erschien der Helm eines Milizmanns: Jemand wurde hinausbefördert.
    Überhaupt stieg die Aufregung drastisch – tja, und wer weiß, mit welchem Ausgang –, da setzte Fagot dem Geldscheingeriesel ein Ende, indem er spontan in die Luft blies.
    Daraufhin sahen sich zwei junge Männer bedeutsam an. Mit schelmischen Blicken standen sie auf und marschierten schnurstracks zum Theaterbuffet. Der Saal erdröhnte. Die Augen der Zuschauer glänzten erhitzt – wie gesagt: Wer weiß, mit welchem Ausgang … Allein Bengalski fasste sich ein Herz und wurde tätig. Er riss sich am Riemen, so gut es grad ging, er rieb sich gewohnheitsmäßig die Hände und sagte mit einer besonders sonoren Stimme Folgendes:
    – Liebe Mitbürger, eben wurden wir Zeugen einer sogenannter Massenhypnose. Alles reine Wissenschaft. Bestens geeignet, die Existenz von Magie und Wundern restlos zu widerlegen. Bitten wir also Maestro Woland, sein Experiment für uns zu enthüllen. Sie werden erleben, wie dieses ganze vermeintliche Geld genauso plötzlich verschwindet, wie es erschienen ist.
    Und er klatschte. Freilich vollkommen einsam. Auf seinem Gesicht lag zwar ein Lächeln, das Sicherheit demonstrieren wollte, in seinen Augen fehlte indes von solch einer Sicherheit jegliche Spur. Sie wirkten im Gegenteil eher flehend.
    Bengalskis Rede fand beim Publikum wenig Anklang. Es wurde todstill. Das Eis brach erst der karierte Fagot:
    – Und wiederum sind wir alle Zeugen von sogenanntem purem Geschwätz –, ließ er mit Ziegentenor verlauten. – Glaubt’s mir, Leute: Die Scheine sind echt!
    – Bravo! –, bellte von oben kraftvoll irgendein Bass.
    – Übrigens, der da –, Korowjew zeigte in Richtung Bengalski, – nervt gewaltig. Dauernd steckt er seine Nase in Sachen, die ihn rein gar nix angehen. Stört mit falschen Behauptungen die Séance! Was soll man bloß mit so einem machen?
    – Den Kopf abreißen! –, sprach jemand schroff von der Galerie.
    – Was haben S’ gesagt? –, ging Fagot sogleich auf den geschmacklosen Vorschlag ein. – Ja wie war das? Den Kopf abreißen? Eine fabelhafte Idee! Behemoth! –, rief er zum Kater herüber. – Tu es! Eng! Dö! Trua!!!
    Und nun geschah etwas Unvorstellbares: Der schwarze Kater sträubte sein Fell, miaute entsetzlich, zog sich zusammen zu einem Knäuel, sprang wie ein Panther auf Bengalskis Brust, von dort auf den Kopf, verkrallte knurrend die prallen Pfoten im schütteren Haar des Ansagers, kreischte schrill und trennte – mit paarmal Dran-Zerren – den Kopf vom fleischigen Hals.
    Zweieinhalbtausend Menschen im Theatersaal schrien gleichzeitig auf. Fontänen von Blut schossen aus den geplatzten Arterien und überfluteten Frack und Hemd. Der enthauptete Leib watschelte planlos umher und setzte sich schließlich hin. Weibliche Hysterieanfälle brachten den Raum zum Beben. Der Kater überreichte den Kopf an Fagot, der packte ihn bei den Haaren, hielt ihn hoch und präsentierte ihn dem

Weitere Kostenlose Bücher