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Meister und Margarita

Meister und Margarita

Titel: Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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urteilen – etwas zutiefst Verlockendes:
    – Guerlain, Chanel Nr. 5, Mitsouko, Narcisse Noir, Cocktailkleider, robes décolletées …
    Fagot wand sich, der Kater verbeugte sich, das Weib aber schloss die Vitrinen auf.
    – Nur zu! Nur zu! –, brüllte Fagot. – Geht schon, nicht so zimperlich! Bloß nicht so zaghaft!
    Die Aufregung wuchs, doch niemand im Saal traute sich, nach vorne zu gehen. Endlich kam aus der zehnten Reihe des Parketts irgendeine Brünette. Ihr Lächeln besagte: Ist doch egal, und überhaupt, ich pfeife auf alles. Sie schritt zu einer der Seitentreppen und bestieg die Bühne.
    – Bravo, bravo! –, tönte Fagot. – Ich begrüße unsere erste Kundin! Behemoth, den Sessel! Lassen S’ uns mit die Schuh anfangen, Madame.

    Die Brünette nahm Platz. Schon schüttete Fagot auf den Teppich einen Haufen Damenschuhe. Da zog sie ihren rechten aus und versuchte es mit einem fliederfarbenen. Trat einige Male gegen den Teppich. Begutachtete den Absatz.
    – Und die sind auch ganz bestimmt nicht zu eng? –, fragte sie nachdenklich.
    Worauf Fagot beleidigt ausrief:
    – Aber ich bitt’ Sie! – Und der Kater miaute gekränkt.
    – Ich glaube, die nehme ich, Monsieur –, sprach das Fräulein mit Würde und zog sich nun auch den dazu passenden zweiten Schuh an.
    Ihr altes Paar landete hinter dem Vorhang. Und auch sie selbst begab sich dorthin, vom rothaarigen Weib und Fagot begleitet, der einige Kleider samt Bügeln mitnahm. Der Kater war eifrig, half, wo er konnte und hängte sich – um mehr Eindruck zu schinden – ein Zentimetermaß um den Hals.
    Kurze Weile später kam die Brünette wieder hervor: In solch einem Kleid, dass dem ganzen Parkett die Spucke wegblieb. Die Mutige, unvorstellbar verschönert, blieb vor einem der Spiegel stehen. Ließ die entblößten Schultern spielen. Fasste sich im Nacken an die Frisur. Rekelte sich, um den Rücken zu sehen.
    – Die Firma bittet Sie, dieses kleine Präsent gütiglichst anzunehmen –, sagte Fagot und reichte der Dame ein offenes Etui mit einem Flakon.
    – Merci –, sprach das Fräulein von oben herab, schritt zur Treppe und zurück ins Parkett – vorbei an den Leuten, von denen auch jeder aufsprang, das Etui zu berühren.
    Nun aber gab es kein Halten mehr: Aus allen Winkeln strömten plötzlich auf die Bühne zahllose Frauen. Und mitten im erregten Geraune, Geseufz und Gelächter erklang eine Männerstimme: »Das wirst du nicht tun!« – und eine weibliche: »Wagen Sie es ja nicht, mir den Arm zu brechen, Sie Tyrann, Sie Spießer!« Die Damen enteilten hinter den Vorhang, ließen dort ihre alten Kleider und kamen in feschen neuen heraus. Auf Hockern mit vergoldeten Beinen saß jetzt ein ganzer Trupp von Ladies, und ihre frisch übergezogenen Schuhe stampften energisch den Teppich platt. Fagot fuchtelte auf den Knien emsig mit dem metallenen Löffel. Der Kater wurde beinahe erdrückt von der Last der Täschchen, die er tragen musste. (Er schleppte sie von den Vitrinen heran – zu den Hockern und wieder zurück.) Das Weib mit der hässlichen Narbe am Hals erschien und verschwand und brachte es fertig, nur noch in Französisch zu quasseln. Das Erstaunlichste aber war, dass es alle Damen auf Anhieb verstanden (selbst solche, die kein Wort Französisch konnten).
    Für allgemeine Verwunderung sorgte ein Mann, der sich auf die Bühne verirrte. Er behauptete, seine Frau habe Grippe, und bat, ihr etwas mitbringen zu dürfen. Als Beweis seines Familienstandes war er bereit, den Pass vorzulegen. Die Worte des liebenden Ehegatten lösten laute Lacher aus. Fagot schrie, er glaube ihm aufs Wort – auch ohne Papiere – und überreichte dem Herrn zwei Paar Seidenstrümpfe. (Der Kater gab aus eigenem Antrieb noch einen Lippenstift dazu.)
    Verspätete Frauen bestürmten die Bühne, von der Bühne strömten Beglückte zurück – im Ballkleid, im Pyjama mit Drachen, im strengen Jackett oder mit Hütchen (über die eine Braue geschoben).
    Nun erklärte Fagot – wegen fortgeschrittener Uhrzeit – schließt das Geschäft – bis zum nächsten Abend – in genau einer Minute. Und vorne entstand eine furchtbare Hektik. Die Damen packten sich auf die Schnelle – ganz ohne Anprobe – mehrere Schuhe. Eine sauste ungestüm hinter den Vorhang, streifte dort ihre Hüllen ab und bemächtigte sich des ersten Besten, was ihr unter die Finger kam – einer seidenen Robe mit riesigen Blumen (und ließ dabei zwei Parfumfläschchen mitgehen).
    Nach genau einer Minute fiel dann

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