Meister und Margarita
die noch folgen würden. Hinter den Kulissen drängelten sich Artisten und Bühnenarbeiter. Dazwischen das bleiche und angespannte Gesicht von Finanzdirektor Rimski.
Bengalskis Visage (er hatte sich seitlich auf der Bühne ein kleines Fleckchen ergattert) zeigte so langsam Irritation. Er hob ein wenig die Braue und nutzte die entstandene Pause, um einzuwerfen:
– Der ausländische Gast drückt seine Bewunderung über Moskau aus, das in technischer Hinsicht gewachsen ist, aber auch über die Bürger der Stadt –, und Bengalski lächelte gleich zweimal: ins Parkett und empor zur Galerie.
Woland, Fagot und der Kater drehten ihre Köpfe synchron dem Ansager zu.
– Habe ich vielleicht Bewunderung ausgedrückt? –, erkundigte sich der Magier bei Fagot.
– Mitnichten, Messire. Sie haben keine Spur von Bewunderung ausgedrückt –, antwortete jener.
– Was aber redet diese Person?
– Pures Geschwätz! –, verkündete lauthals, im ganzen Saal hörbar, der karierte Gehilfe. Und dann, in Richtung Bengalski gewandt: – Na, herzlichen Glückwunsch, Msjö G’schwätzig!
Auf der Galerie prustete es einsam. Bengalski erbebte und machte Froschaugen.
– Natürlich interessieren mich weniger Omnibusse, Telefone und andere …
– Apparate! –, half der Karierte.
– Exakt, besten Dank –, sprach der Magier schleppend mit schwerem Bass, – als vielmehr die ganz entscheidende Frage: Haben sich die Menschen auch innerlich gewandelt?
– Ja, das ist eine entscheidende Frage, Herr.
Hinter dem Vorhang wurden allmählich unruhige Blicke gewechselt und die Achseln gezuckt. Bengalski war rot, Rimski blass. Aber als hätte er den gärenden Unmut gespürt, sagte der Magier:
– Da plaudern wir zwei und merken nicht einmal, dass die Zuschauer sich langweilen, mein lieber Fagot. Zeig uns zum Warmwerden etwas Nettes.
Durch das Publikum ging eine Regung der Erleichterung. Fagot und der Kater begaben sich an die beiden äußeren Rampenenden. Fagot schnippte mit den Fingern, rief energisch: – Drei und vier und! –, griff aus der Luft ein Kartenspiel, mischte und ließ es zum Kater hin sprudeln. Der fing es auf und schickte es zurück – eine rauschende seidene Schlange. Nun sperrte Fagot sein Maul weit auf, wie ein hungriger Jungvogel, und verschlang es – Blatt für Blatt.
Daraufhin verbeugte sich der Kater und machte mit der rechten hinteren Pfote einen Kratzfuß – dies sorgte für stürmischen Applaus.
– Hut ab! Hut ab! –, scholl es begeistert hinter dem Vorhang.
Doch Fagot wies mit dem Finger ins Parkett und erklärte:
– Das nämliche Kartenspiel, Leutchen, finden S’ nun in der Reihe Numero sieben. Beim Herrn Partschewski. Und zwar präzis zwischen dem seinen Dreirubelschein und der Vorladung vors Gericht in der Angelegenheit »Alimentenzahlung an Fräulein Selkowa«.
Das Parkett geriet in Bewegung. Einige erhoben sich. Endlich zog irgendein Mensch, der auch wirklich Partschewski hieß, rotvor Staunen, aus seiner Börse das Kartenspiel und fuchtelte damit in der Luft, unschlüssig, was mit diesem zu tun sei.
– Behalten S’ es ruhig als Souvenir! –, schrie Fagot. – Nicht umsonst haben S’ gestern Abend beim Essen gemeint: Wenn’s nicht das Pokern gäb’, Ihr Leben in Moskau wär’ grauslich.
– Ist kalter Kaffee! –, rief es von oben. – Der Typ im Parkett, der steckt mit denen unter einer Decke!
– Aha? Ganz sicher? –, brüllte Fagot und zwinkerte hoch zur Galerie. – Dann gehören S’ nämlich mit zur Bande! Denn das Kartenspiel ist in Ihrer Weste!
Oben regte sich etwas, schließlich erklang eine freudige Stimme:
– Und ob! Es ist hier! Es ist hier! Bei ihm! … Ja, spinn’ ich denn! Alles Zehnrubelscheine!
Im Parkett drehten sich jetzt die Köpfe: Das betretene Männlein auf der Galerie entdeckte in seiner Tasche ein Notenbündel. Mit Banderole, wie frisch aus der Bank. Darauf stand gedruckt: »Eintausend Rubel«.
Die Sitznachbarn nahmen den Herrn in die Mangel. Er aber rubbelte mit dem Nagel perplex am Paket, um herauszufinden, ob die Scheine echt oder irgendwie verzaubert seien.
– Die sind echt! Ich schwör’s! Echte Zehner! –, tönte es froh von der Galerie.
– Treibt eure Spielchen doch auch mal mit mir! –, bat scherzhaft ein Dickwanst aus den mittleren Reihen.
– Awäck pläsier! –, reagierte Fagot. – Aber warum nur mit Ihnen alleine? Nein, jetzt macht’s alle mal anständig mit! – Er kommandierte: – U-u-und hochgeschaut! … Eins! – In
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