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Meister und Margarita

Meister und Margarita

Titel: Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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ganzen Saal hörbar, mit menschlicher Stimme:
    – Die Séance ist beendet! Los, Maestro! Einen Marsch hingefetzt!
    Worauf der verdutzte Dirigent – ohne Rücksicht auf Verluste – den Taktstock hob. Und das, was seine Kapelle nun tat, das war kein Spielen, kein Schrammeln, kein Schruppen: Gemäß dem scheußlichen Ausdruck des Katers, fetzte sie eine Marschmusik hin – von nie dagewesener, unerhörter, beispielloser Liederlichkeit.
    Für einen winzigen Augenblick kamen die – irgendwo – unter südlichen Sternen – im billigen Tanzlokal – aufgeschnappten – schwer verständlichen – und halbblinden – aber recht ausgelassen Worte des Marsches wieder zurück ins Gedächtnis:
    Der Graf, der liebte Sittiche,
und mit Vergnügen nahm
er unter seine Fittiche
manch niedliche Madame.
    Vielleicht aber waren’s nicht diese Worte, sondern ganz andere – im selben Ton, jedenfalls ganz und gar unanständig. Das ist nicht wichtig. Wichtig ist nur die Tatsache, dass im Varieté nach all dem ein Tohuwabohu entstand. Die Miliz lief zur Semplejarow-Loge. Schaulustige kletterten auf die Barriere.Höllische Lachsalven. Irres Geschrei. Überdröhnt vom goldenen Gongschlag der Becken.
    Und es war zu sehen, wie die Bühne verödete. Wie der Bluffer Fagot und das rotzfreche Katervieh Behemoth sich in Luft auflösten. So war schon zuvor der Magier verschwunden – im Sessel mit abgewetztem Bezug.

Kapitel 13
Der Auftritt des Helden
    Der Unbekannte – mit erhobenem Zeigefinger – flüsterte:
    – Tsst!
    Iwan nahm die Beine aus dem Bett und sah etwas genauer hin. Vom Balkon blickte achtsam irgendein Mann herein. Rasiert. Dunkle Haare. Spitze Nase. Besorgte Augen. Eine wirre Haarsträhne fiel auf die Stirn. Ungefähr achtunddreißig.
    Der heimliche Gast hatte festgestellt, dass Iwan allein war, horchte wieder, wurde kühner und tat einen Schritt ins Zimmer. Da bemerkte Iwan – der Ankömmling trug Krankenhauskleidung. Unterwäsche. Latschen ohne Socken. Brauner Hausmantel über die Schultern geworfen.
    Der Eingetretene zwinkerte Iwan zu, versteckte in der Tasche ein Schlüsselbund, fragte leise: »Darf ich Platz nehmen?«, und ließ – auf das bejahende Nicken hin – sich in den Sessel fallen.
    – Wie sind Sie denn hier reingekommen? –, sagte Iwan, dem trocken erhobenen Zeigefinger gehorchend, im Flüsterton. – Die Fenstergitter sind doch verriegelt?
    – Die Fenstergitter sind verriegelt –, bestätigte jener, – doch Praskowja Fjodorowna ist eine zwar liebe, doch zerstreute Person. Tja, so konnt’ ich vor einem Monat ihr ein ganzes Bund Schlüssel stibitzen. Und habe dadurch die Möglichkeit, auf den Gemeinschaftsbalkon zu gelangen. Der zieht sich um das gesamte Gebäude. Und von Zeit zu Zeit statte ich meinen Nachbarn kleine Besuche ab.
    – Aber wenn Sie auf den Balkon gelangen können, haben Sieauch die Möglichkeit, zu türmen. Nicht wahr? Oder ist es zu hoch? –, fragte Iwan voll Eifer.
    – Nein! –, gab der Gast entschlossen zur Antwort. – Ich kann hier nicht weg. Nicht weil’s zu hoch ist. Sondern, weil ich nirgends hin kann.
    – Und fügte nach einer Weile hinzu: – Also was jetzt – reden wir?
    – Von mir aus: Reden wir –, sagte Iwan und schaute tiefer in diese dunklen und äußerst unruhigen Augen.
    – Gut … –, plötzlich wurde der Mann nervös, – Sie sind aber keiner von den Tobsüchtigen, oder? Es gibt nichts, was ich so verabscheue wie Lärm, Gewühl, Gewalt und dergleichen. Ganz besonders unausstehlich finde ich Schreie – ob vor Schmerz, vor Wut oder aus sonst einem Grund. Nun beruhigen Sie mich, indem Sie mir sagen, dass Sie keiner von den Tobsüchtigen sind.
    – Gestern Abend im Restaurant hab’ ich einem Typen die Fresse poliert –, gestand tapfer der verwandelte Iwan.
    – Begründung –, fragte unbarmherzig der Gast.
    – Nun, eigentlich ohne jede Begründung –, antwortete Iwan und schämte sich.
    – Das ist übel! –, verurteilte ihn der andere. – Und dann diese Ausdrücke: Die Fresse poliert! Tja, wer weiß schon genau, was Menschen so haben – eine Fresse oder vielleicht ein Gesicht? Ich tippe doch eher auf Letzteres. Und da kommen Sie mit Ihren Fäusten … Das muss wohl nicht sein. Also lassen Sie das, und zwar für immer.
    Nachdem er Iwan auf diese Weise die Leviten gelesen hatte, wollte er wissen:
    – Ihr Beruf?
    – Dichter –, entgegnete jener, ohne sonderlich große Begeisterung.
    Der Gast war darüber wenig erfreut.
    – Was habe ich bloß für ein

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