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Meister und Margarita

Meister und Margarita

Titel: Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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ein Meister. – Nun wirkte er finster. Aus der Tasche des Hausmantels holte er ein vollkommen speckig gewordenes schwarzes Mützchen heraus. Darauf prangte in Seide ein gelbes »M«. Dieses Mützchen setzte er auf und zeigte sich – von der Seite – von vorne –, nur um Iwan zu beweisen, dass er ein Meister ist. – Sie hat es mit ihren eigenen Händen für mich genäht –, raunte er.
    – Wie ist denn Ihr Name?
    – Ich habe keinen Namen mehr –, erwiderte voll grimmiger Verachtung der seltsame Gast. – Ich habe mich davon losgesagt. Wie auch von allem sonst im Leben. Vergessen wir ihn.
    – Dann erzählen Sie doch wenigstens von Ihrem Roman –, bat Iwan delikat.
    – Wenn Sie unbedingt wollen! Mein Leben hat sich einigermaßen gewöhnlich entwickelt –, begann er.
    … Studierter Historiker, hatte er bis vor zwei Jahren in einem der vielen Moskauer Museen gearbeitet. Darüber hinaus auch übersetzt …
    – Und aus welcher Sprache? –, fragte Iwan voll Neugier.
    – Ich beherrsche (neben der Muttersprache) noch fünf weitere: Englisch, Französisch, Deutsch, Latein und Griechisch. Nun gut, Italienisch reicht mir zum Lesen.
    – Nicht übel! –, flüsterte Iwan neidisch.
    Doch der Historiker war ganz einsam gewesen. Ohne Verwandte, fast ohne Freunde. Und hatte – man stelle sich das mal vor – eines Tages hunderttausend Rubel gewonnen.
    – Sie können sich denken, wie sehr ich staunte –, flüsterte der Gast im schwarzen Mützchen, – als ich in den Korb für schmutzige Wäsche hineingriff und sah: Dieselbe Nummer wie in der Zeitung! Die Obligationen –, erklärte er, – bekamen wir über das Museum.
    Nach dem Gewinn von hunderttausend Rubeln tat der geheimnisvolle Gast wie folgt: Er kaufte sich Bücher, gab sein Zimmerchen auf der Mjasnizkaja auf …

    – Brrr, ein grausames Loch! –, knurrte er.
    … und mietete bei einem Bauherrn zwei Räume im Keller eines kleinen Gartenhauses. (Das Gässchen lag in der Nähe vom Arbat.) Den Dienst im Museum quittierte er und begann die Arbeit an dem Roman über Pontius Pilatus.
    – Ach, es war das Goldene Zeitalter! –, flüsterte er, und seine Augen glänzten. – Ein vollkommen isoliertes Nest. Dazu eine Diele. Und darin – ein Becken mit Wasser –, unterstrich er, offenbar ganz besonders stolz. – Ein paar Fensterchen, direkt überm Gehsteig, der vom Gartentor zu mir führte. Gegenüber – nur vier Schritte entfernt – am Zaun: Flieder, Linde und Ahorn. Ach, ach, ach! Im Winter sah ich draußen gelegentlich irgendwessen schwarze Füße und hörte darunter knisternden Schnee. In meinem Ofen brannte ewig das Feuer! Und plötzlich war’s Frühling. Durch die trüben Scheiben erblickte ich – erst nackte – dann sich mit Grün bekleidende – Fliederbüsche. Und da – das heißt: im letzten Frühjahr – geschah etwas sehr viel Großartigeres als der Geldgewinn. (Und Sie müssen zugeben: Hunderttausend sind schon ein hübsches Sümmchen!)
    – In der Tat –, stimmte Iwan zu, der ihm aufmerksam lauschte.
    – Ich hatte die Fenster geöffnet und saß im zweiten Zimmer – alles ganz winzig –, er begann mit den Armen die Anordnung zu zeigen: – Also, hier stand die Couch. Auf der anderen Seite – die zweite Couch. Dazwischen der Tisch. Mit dem schönsten Lämpchen. Näher zum Fenster hin standen Bücher. Und hier mein kleines, zierliches Schreibpult. Im ersten Zimmer – ein riesiges Zimmer – vierzehn Quadratmeter – Bücher, Bücher – und der Ofen. Einfach perfekt eingerichtet! Wie duftet der Flieder! Und mein Kopf wurde leicht von all der Erschöpfung. Und Pilatus sauste dem Ende zu …
    – Das weiße Gewand, blutig umbordet! Ja, ich verstehe! –, rief Iwan.
    – Eben, eben! Pilatus sauste dem Ende zu. Ich kannte schondie letzten Worte meines Romans: »… der fünfte Statthalter von Judäa, der Reiter Pontius Pilatus«. Nun, selbstverständlich ging ich spazieren. (Hunderttausend – ein hübsches Sümmchen!) Und ich hatte einen prächtigen Anzug. Oder ich setzte mich zu Mittag in irgendein billiges Restaurant. Ja, am Arbat, da gab es früher mal ein phantastisches Restaurant. Ich weiß nicht, ob es noch existiert.
    Der Gast sperrte die Augen weit auf und sprach weiter, wobei er zum Mond hinschaute:
    – Sie trug in den Händen ekelhafte, besorgniserregende gelbe Blumen. Weiß der Teufel, wie man die nennt. Doch – warum auch immer – sind es die ersten, die in Moskau sprießen. Jene Blumen zeichneten sich schneidend scharf vor ihrem

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