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Meister und Margarita

Meister und Margarita

Titel: Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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Sie schon: Wer ist dieser Mensch?
    – Also gut –, sprach der Gast bedeutsam und ruhig: – Gestern Abend am Patriarchenteich begegneten Sie Satan persönlich.
    Wie versprochen, blieb Iwan auf dem Teppich und dennoch äußerst verblüfft.
    – Ganz ausgeschlossen! Es gibt ihn nicht!
    – Ach was! Gerade Sie sollten’s doch wissen! Denn so, wie es aussieht, waren Sie nämlich eins seiner ersten Opfer. Und jetzt sitzen Sie hier – in einer Klinik für Geistesgestörte – und reden davon, dass er nicht existiert? Das ist wirklich seltsam!
    Iwan verstummte, reichlich verwirrt.
    – Kaum haben Sie angefangen, ihn zu beschreiben –, sprach er weiter, – da schwante mir bereits, mit wem Sie gestern dasVergnügen hatten. (Und ich muss doch sehr über Berlioz staunen! Also, Sie sind als Mensch noch ganz jungfräulich –, der Gast entschuldigte sich erneut, – aber der, nach allem, was ich von ihm gehört habe, hat immerhin ein wenig gelesen!) Doch schon die ersten Sätze der Rede jenes Professors genügten mir, noch den leisesten Zweifel auszuräumen. Wissen Sie, Freund, es ist völlig unmöglich, ihn nicht zu erkennen! Und was Sie betrifft (und das ist jetzt überhaupt nicht böse gemeint): Liege ich richtig mit der Annahme, dass Sie keinerlei Bildung besitzen?
    – Absolut –, antwortete Iwan, der gar nicht wiederzuerkennen war.
    – Sehen Sie … Denn selbst das Gesicht, wie Sie es beschrieben haben … Die verschiedenen Augen, die Brauen! Nichts für ungut: Ist Ihnen vielleicht selbst die Oper »Faust« vollkommen unbekannt?
    Aus irgendeinem Grund wurde Iwan furchtbar verlegen. Mit glühendem Gesicht begann er, etwas von einer Erholungsfahrt nach Jalta zu murmeln …
    – Sehen Sie, sehen Sie … Ist auch nicht verwunderlich! Wogegen mich Berlioz, wie gesagt, mehr als erstaunt … Er ist nicht nur ein belesener Mensch, sondern vor allem ein schlauer Fuchs. Doch zu seiner Ehrenrettung könnte ich sagen, dass Woland jedem den Blick trüben kann, sogar dem Schlauesten.
    – Wie war das?! –, rief seinerseits Iwan.
    – Tsst!
    Er schlug sich mit der offenen Hand gegen die Stirn und keuchte:
    – Ja, sicher! Das »W« auf dem Kärtchen! Auweia, was für eine Geschichte! – Er schwieg eine Weile, sichtlich bewegt, betrachtete den Mond, der hinter dem Gitter vorüberzog, und redete weiter: – Dann konnte er wirklich bei Pilatus sein? Ich meine, er war da schon geboren. Und die schimpfen mich einen Verrückten! –, fügte er hinzu und zeigte empört zur Tür.

    Eine bittere Falte legte sich um die Lippen des Gastes.
    – Sehen wir der Wahrheit doch mal ins Auge –, er wandte sich dem Himmelslicht zu, das durch die nächtliche Wolke glitt. – Wir zwei sind Verrückte. Da hilft kein Leugnen! Er hat Sie erschüttert, und Sie sind durchgedreht. Vermutlich waren Sie für so etwas empfänglich. Und doch ist alles, was Sie erzählen, reine Realität. Freilich derart phantastisch, dass selbst ein Strawinski – heißt: ein begnadeter Psychiater – Ihnen keinen Glauben schenkt. Er hat Sie doch untersucht, nicht wahr? – Iwan nickte. – Seien Sie versichert: Ihr Gesprächspartner hat einst Pilatus besucht, mit Kant gefrühstückt und ist jetzt hier – bei uns in Moskau.
    – Weiß der Teufel, was der hier noch alles anstellt! Irgendwie müsste man ihn doch stoppen! –, erhob, wenn auch wenig überzeugend, im neuen Iwan der alte, noch nicht endgültig ausgetilgte Iwan sein Haupt.
    – Sie haben’s versucht, und das reicht fürs Erste –, sagte ironisch der fremde Mann. – Auch allen anderen empfehle ich, schleunigst die Finger davon zu lassen. Und dass er was anstellt, da können Sie Gift drauf nehmen. Ach, Mensch! Was mich ärgert, ist die Tatsache, dass Sie ihm begegnet sind und nicht ich! Mag sein: Das Feuer ist längst erloschen und zu Asche verglüht. Und doch wäre ich bereit, für solch ein Treffen selbst Praskowja Fjodorownas Schlüsselbund herzugeben – denn ich besitze nicht mehr als das. Bin arm wie eine Kirchenmaus!
    – Und was wollen Sie von ihm?
    Der Gast zögerte lange – nervös und traurig – und sagte schließlich:
    – Je nun … Es ist seltsam, aber ich bin hier aus demselben Grund wie Sie: Wegen Pontius Pilatus. – Jetzt blickte er sich erschrocken um und erklärte: – Ich habe vor einem Jahr einen Roman über ihn geschrieben.
    – Dann sind Sie ein Autor? –, fragte der Dichter interessiert.
    Das Gesicht des anderen verdüsterte sich. Er drohte Iwan mit der Faust und sprach:

    – Ich bin

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