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Meister und Margarita

Meister und Margarita

Titel: Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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und der gewisse Mann mit Kapuze, den Pilatus im verdunkelten Raum des Palastes kurz gesprochen hatte.
    Am Ende der Prozession schritten einfache Soldaten. Und nach ihnen an die zweitausend Gaffer, die ungeachtet der höllischen Hitze dem spannenden Schauspiel beiwohnen wollten.
    Die Gaffer aus der Stadt mischten sich ständig mit den Gaffern der frommen Scharen, die sich dem Zug anschließen durften. Begleitet von den spitzen Stimmen der Rufer, die herausschrien, was Pilatus mittags verkündet, schleppte sich der Haufen zum Kahlen Berg.
    Die Ala hielt niemanden auf, während die zweite Centurie nur jene durchließ, die etwas mit der Hinrichtung zu tun hatten, wonach sie in einem flinken Manöver die Menge um den Hügel zerstreute, sodass diese oben von der Infanterie und unten von der Kavallerie umzingelt war und die Exekution nur durch den losen Ring der Fußsoldaten betrachten konnte.
    Seit Beginn des Aufstiegs zum Gipfel waren nun mehr als drei Stunden vergangen, und die Sonne über dem Kahlen Berg sank etwas tiefer. Und dennoch brannte die Glut unerträglich. Die Soldaten beider Ketten litten darunter. Sie langweilten sich, verfluchten von Herzen die drei Missetäter und wünschten ihnen einen baldigen Tod.
    Der kleine Hauptmann der Ala, dem der Schweiß von der Stirn troff und das weiße Hemd hinten dunkel schien, stand unten am Hügel vor dem freien Aufgang. Unentwegt näherte er sich dem ledernen Eimer des ersten Trupps, schöpfte mit der Hand immer wieder Wasser und trank und benetzte seinen Turban. Etwas erleichtert marschierte er dann den staubigen Pfad hinauf und hinab. Das lange Schwert schlug dabei gegen seinen geschnürten Stiefel. Er wollte den Reitern ein gutes Beispiel an Zähigkeit bieten. Doch hatte er auch Mitleid mit ihnen und gestattete, Lanzen zu Pyramiden zu fügen und darüber weiße Mäntel zu breiten. So konnten die Syrer in solchen Zelten vor der grausamen Sonne Zuflucht nehmen. Aber die Eimer leerten sich schnell. Und den Kavalleristen verschiedener Trupps wurde nacheinander befohlen, am Fuße des Berges Wasser zu holen. In der Höllenhitze verhauchte dort, nur spärlich beschirmt von verdorrten Bäumen, seine letzten Tage ein trüber Bach. Hier standen auch und schnappten nach schwachen Schatten die Pferdewärter und hielten die Zäume ihrer kirren Tiere.
    Dass alle Soldaten an Untätigkeit litten und den Delinquenten fluchten, war gut zu verstehen: Die Befürchtungen des Statthalters, es könnte in der verhassten Stadt während der Exekution zu Unruhen kommen, hatten sich Gott sei Dank nicht bestätigt. Und als die vierte Stunde der Hinrichtung näher rückte, blieb – allen Erwartungen zum Trotz – in den beiden Ringen der Absperrung (der Infanterie oben – der Kavallerie unten) kein Mensch zurück. Die Sonne hatte die Menge versengt und heimwärts nach Jerschalajim getrieben. In der Abriegelung der beiden Centurien befanden sich auf dem Hügel, warum auch immer, nur zwei herrenlose Hunde. Doch auch sie wurden hart von der Hitze geplagt, lagen bloß da mit schwerem Atem und lang gestreckter Zunge. Sogar die grünlich geschuppten Echsen weckten nicht ihre Aufmerksamkeit – diese einzigen Wesen, die keine Angst vor der Sonne zeigten und zwischen den heiß erglühten Steinen und den schleichenden großstachligen Zweigen huschten.
    Niemand hatte einen Versuch unternommen, die Verurteilten zu befreien – weder im von Soldaten überschwemmten Jerschalajim noch hier auf dem umzingelten Hügel. Die Menge ging heimwärts in die Stadt. Denn nichts schien besonders andieser Hinrichtung. In der Stadt aber liefen die Vorbereitungen für die kommende große Pessach-Feier.
    Das römische Fußvolk, weiter oben am Berg, quälte sich noch mehr als die Reiterei. Centurio Rattenschreck gestattete bestenfalls, den Helm abzunehmen, um den Kopf mit weißem feuchtem Tuch zu bedecken – freilich stehend, die Lanze fest in der Hand. Er selbst trug eine solche Binde, aber nicht benetzt, vielmehr trocken, und hielt sich in der Nähe der Scharfrichter auf. Auch ließ er die silbernen Löwenschnauzen an seinem Hemd samt Schwert, Dolch und Beinschienen. Die Sonne stach ihn und prallte doch ab. Und die Löwenschnauzen schmerzten die Augen, verätzten sie grell mit dem blendenden Glanz des in der Hitze brutzelnden Silbers.
    Auf Rattenschrecks entstelltem Gesicht lag keine Spur von Erschöpfung und Missmut. Dieses Ungetüm von einem Centurio konnte immer weiter marschieren. Den ganzen Tag. Die ganze Nacht. Und

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