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Meister und Margarita

Meister und Margarita

Titel: Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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natürlich, natürlich, natürlich! Das kleine Einzelhaus! Mit Vorgarten! Jawohl, das kenne ich! Wo haben Sie die denn hingesteckt?
    – Die sind im Keller, in der Pralinenschachtel.
    Der Künstler schlug die Hände zusammen.
    – Du meine Güte! –, rief er enttäuscht. – Da herrscht doch Feuchtigkeit, da herrscht doch Schimmel! Und so jemandem vertraut man Devisen an! Na, was sagen Sie dazu? Kindergarten!
    Kanawkin merkte es auch schon selbst, dass er Mist gebautund sich blamiert hat. Darum ließ er jetzt seine wuschlige Mähne hängen.
    – Geld –, setzte der Ansager fort, – gehört in der Staatsbank aufbewahrt. In speziellen, trockenen, bewachten Räumen. Und auf keinen Fall im Keller von Tantchen, wo es übrigens auch Ratten gibt! Mensch, Kanawkin! Einfach nur peinlich! Sie sind doch ein erwachsener Mann!
    Kanawkin wusste schon gar nicht mehr, wo ihm der Kopf steht, und kratzte bloß am Saum seines Anzugs.
    – Aber wir wollen mal nicht so sein –, sagte der Künstler ein wenig besänftigt. – Was geschehen ist, ist geschehen … – Und ergänzte plötzlich, ganz ohne Vorwarnung: – Apropos … Um nur einziges Mal … Um das Auto nicht unnötig zu strapazieren … Tantchen hat doch auch noch welche, nicht wahr?
    Kanawkin, der eine solche Wendung auf gar keinen Fall erwartet hatte, erbebte. Und im Saal wurde es still.
    – Oje, Kanawkin –, sagte der Artist halb neckisch, halb vorwurfsvoll. – Und so einen habe ich gerade gelobt! Schon macht er schlapp, so aus heitrem Himmel! Mensch, Kanawkin, das ist doch ein Witz! Hab’ ich nicht eben von den Augen gesprochen? Die verraten mir, dass Tantchen auch noch welche hat. Und jetzt hören Sie auf, uns hinzuhalten!
    – Hat sie! –, rief Kanawkin erkühnt.
    – Bravo! –, rief ihm der Ansager zu.
    – Bravo! –, brüllte außer sich der Saal.
    Nachdem wieder Ruhe eingekehrt war, schüttelte der Künstler Kanawkins Hand, beglückwünschte ihn und erklärte sich bereit, ihn nach Hause fahren zu lassen. Er befahl auch jemandem hinter dem Vorhang, mit demselben Auto die Tante zu besuchen und sie zur Teilnahme am Programm des Frauentheaters einzuladen.
    – Ach ja, ich wollte Sie noch fragen: Hat Tantchen erwähnt, wo sie es versteckt? –, erkundigte sich der Artist und bot Kanawkin liebenswürdig Zigarette und Feuer an. Der tat einen Zug und lachte bitter.

    – Ich glaube ihm, und wie ich ihm glaube! –, seufzte der Artist. – Diese alte Schachtel! Von wegen dem Neffen, die würde es nicht mal dem Teufel verraten. Aber was soll’s! Versuchen wir trotzdem, menschliche Regungen in ihr zu wecken. Vielleicht sind ja noch nicht alle Saiten in ihrem Krämerseelchen verrottet. Alles Gute, Kanawkin!
    Und Kanawkin zischte erleichtert ab. Der Ansager fragte, ob weitere Freiwillige ihre Devisen abgeben mögen, und erhielt ein tiefes Schweigen zur Antwort.
    – Komische Käuze, also wirklich! –, zuckte der Artist die Achseln, bevor er hinter dem Vorhang verschwand.
    Die Lichter erloschen. Eine Weile herrschte im Raum nur Finsternis. Darin tönte von fern ein nervöser Tenor, welcher sang:
    – Dort liegt das Gold, und es ist mein,
    ja, es gehört nur mir allein.
    Dann erklang von Weitem zweimal gedämpfter Applaus.
    – Im Frauentheater gibt gerade ein Fräulein was ab –, redete plötzlich der rothaarige Nachbar von Nikanor Iwanowitsch. Und mit einem Stoßseufzer fügte er hinzu: – Ach, wären nicht meine Gänse! … Wissen Sie, guter Mann, ich habe in Lianosowo Kampfgänse … Ohne mich haben die schlechte Karten. Sind doch Zuchttiere, brauchen Liebe und Pflege … Tja, meine Gänse … Da können die mir noch so viel mit Puschkin kommen –, und wieder seufzte er.
    Nun wurde der Saal hell erleuchtet. Und Nikanor Iwanowitsch träumte von Köchen, die auf einmal herbeiliefen. Mit weißen Hauben und Schöpfkellen. Die Küchenjungen schleppten einen Topf voll Suppe und Bretter mit geschnittenem Schwarzbrot herein. Der Zuschauerraum belebte sich. Die lustigen Köche flitzten umher und teilten das Brot und die Suppe aus.
    – Nur zu, Kinder! –, riefen sie aus, – und gebt endlich eure Devisen ab! Oder wollt ihr noch länger bei uns herumhocken? Na ja, wenn euch die Brühe hier schmeckt … Ist es nicht besser,nach Hause zu schlendern? Was Feines trinken! Was Köstliches futtern! Einfach herrlich!
    – Zum Beispiel du, altes Haus! Willst du hier etwa Wurzeln schlagen? –, wandte sich unmittelbar an Nikanor Iwanowitsch ein dicker Koch mit tiefrotem Hals,

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