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Meister und Margarita

Meister und Margarita

Titel: Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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eigentlich dieser Magier her? Ach, weiß der Geier. Aber einen Vertrag mit ihm muss es doch geben?
    – Das möchte ich meinen –, antwortete Lastotschkin aufgeregt.
    – Und wenn’s den gibt, dann muss er doch wohl auch durch die Buchhaltung gegangen sein, oder?
    – Na, dessen können Sie versichert sein –, sagte jener höchst besorgt.
    – Und wo ist er dann bitte sehr?
    – Tja –, sprach der Buchhalter, wurde noch blasser und zuckte die Achseln. Und tatsächlich fanden sich weder in den Akten noch beim Finanzdirektor etwaige Hinweise auf einen Vertrag.
    Hat dieser Magier auch einen Namen? Wassilij Stepanowitsch weiß es nicht, schließlich war er gestern nicht da. Die Theaterdiener haben keine Ahnung. Die Kartenverkäuferin runzelt die Stirn, denkt nach, denkt nach und bringt endlich hervor:
    – Wo… Ich glaub’, Woland oder so.
    Oder doch nicht Woland? Oder doch nicht Woland. Vielleicht auch Faland.
    Es stellte sich heraus, dass im Ausländeramt rein gar nichts von irgendeinem Woland, geschweige denn Faland, dem Magier, bekannt ist.
    Der Hausbote Karpow teilte mit: Angeblich steckt der besagte Magier in der Wohnung von Lichodejew. Natürlich wurde die Wohnung gleich aufgesucht. – Kein Magier da. Lichodejew auch nicht. Grunja, das Hausmädchen, abwesend. Wo sie ist?Nun ja, wer kann das schon sagen. Der Vorsitzende der Wohnungsgenossenschaft Nikanor Iwanowitsch? Fehlanzeige. Proleschnew? Futsch!
    Das Ganze klang wie ein schlechter Scherz: Die gesamte Spitze der Administration einfach verschwunden! Gestern erst ein skurriler Skandal. Aber auf wessen Rechnung er geht – oder zumindest auf wessen Ansporn –, ist unbekannt.
    Dabei rückte die Mittagszeit näher und näher und damit auch die Öffnung der Kasse. Davon konnte jetzt natürlich keine Rede sein! An der Eingangspforte des Varieté wurde rasch ein Stück Karton aufgehängt:
    Abendvorstellung abgesagt!
    In der Schlange breitete sich Unruhe aus, angefangen bei deren Kopf. Aber nach einer kurzen Weile löste die Menge sich langsam auf. Und ungefähr eine Stunde später war von ihr auf der Gartenstraße nichts mehr zu sehen. Die Ermittlung zog ab, um ihre Arbeit an einem anderen Ort fortzusetzen. Die Angestellten durften gehen. Nur einige Posten wurden zurückgelassen und die Türen zum Varieté verriegelt.
    Für den Buchhalter Lastotschkin hieß es jetzt: Unverzüglich handeln und zwei wichtige Dinge erledigen. Erstens, die Kommission für Schauspiel und leichte Unterhaltung aufsuchen, um von den Vorfällen zu berichten. Zweitens, sich zur Finanzsektion begeben, um die gestrigen Einnahmen abzuliefern – insgesamt 21   711 Rubel.
    Als äußerst verantwortungsbewusster und zuverlässiger Mitarbeiter wickelte Wassilij Stepanowitsch das Geld in einen Bogen Zeitungspapier, schlug darüber ein Kreuz mit einer Schnur, packte das Bündel in seinen Aktenkoffer und schritt selbstredend (in Übereinstimmung mit den Vorschriften) nicht zu einer Bus- oder Tramhaltestelle, sondern zu einem Taxistand.
    Kaum hatten die Fahrer dreier Wagen neue Kundschaft – inEile – mit dickem Aktenkoffer – dem Taxistand näherkommen sehen, als alle drei ihm mit grimmigem Blick direkt vor der Nase davonschwirrten.
    Dieser Umstand erschütterte den Buchhalter sehr. Er blieb lange wie angewurzelt stehen. Was in aller Welt sollte denn das?
    Drei Minuten später rollte ein Wagen an. Er war leer. Doch sobald der Chauffeur den Fahrgast bemerkte, verzog er die Miene.
    – Sind Sie noch frei? –, Wassilij Stepanowitsch räusperte sich verblüfft.
    – Ers’ will ich das Geld sehn –, sprach gereizt der Chauffeur, ohne ihn anzublicken.
    Noch mehr irritiert, klemmte sich der Buchhalter den kostbaren Aktenkoffer unter den Arm, holte aus der Brieftasche einen Zehner und zeigte ihn vor.
    – Vergessen Sie’s! –, entgegnete jener lakonisch.
    – Ich bitte um Verzeihung … –, stammelte Lastotschkin, doch der Chauffeur unterbrach ihn barsch:
    – Dreier dabei?
    Der nun vollends verwirrte Buchhalter zeigte ein paar Dreirubelscheine.
    – Steigen Sie ein –, rief der andere aus und versetzte dem Zähler einen solchen Stoß, dass der beinahe zerbrach. – Wir fahren.
    – Kein Rückgeld, wie? –, fragte Lastotschkin schüchtern.
    – Ein ganzer Haufen! –, schrie der Chauffeur, und im Spiegel erschienen seine vor Zorn blutig angeschwollenen Augen. – Schon das dritte Mal heute. Bei Kollegen auch. Da hält mir so ’n Sackgesicht ’nen Zehner hin. Und ich ihm Rückgeld zurück:

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