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Meistererzählungen

Meistererzählungen

Titel: Meistererzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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bacchan-tisch im Kreise drehten.
    Bei diesem Tanz hatte jedermann das Gefühl, daß die bei den Tanzenden in ihren Gebärden und Schritten, in Tren nung und Wiedervereinigung, in immer erneutem Wegwer
    fen und Wiedergreifen des Gleichgewichtes
    Empfi ndungen darstellten, die allen Menschen vertraut 454
    und zutiefst er wünscht sind, die aber nur von wenigen Glücklichen so ein fach, stark und unverborgen erlebt werden: die Freude des gesunden Menschen an sich selber, die Steigerung dieser Freude in der Liebe zum andern, das gläubige Einverstan densein mit der eigenen Natur, die vertrauensvolle Hingabe an die Wünsche, Träume und Spiele des Herzens. Viele emp fanden für einen Augenblick nachdenkliche Trauer darüber, daß zwischen ihrem Leben und ihren Trieben so viel Zwiespalt und Streit bestand, daß ihr Leben kein Tanz, sondern ein mühsames Keuchen unter Lasten war – Lasten, die schließlich nur sie selber sich aufgebürdet hatten.
    Friedrich Klein blickte, während er dem Tanz folgte, durch viele vergangene Jahre seines Lebens hindurch wie durch einen fi nstern Tunnel, und jenseits lag in Sonne und Wind grün und strahlend das Verlorene, die Jugend, das starke einfache Fühlen, die gläubige Bereitschaft zum Glück – und all dies lag wieder seltsam nah, nur einen Schritt weit, durch Zauber herangezogen und gespiegelt.
    Das innige Lächeln des Tanzes noch auf dem Gesicht, kam Teresina jetzt an ihm vorüber. Ihn durchfl oß Freude und entzückte Hingabe. Und als habe er sie gerufen, blickte sie ihn plötzlich innig an, noch nicht erwacht, die Seele noch voll Glück, das süße Lächeln noch auf den Lippen. Und auch er lächelte ihr zu, dem nahen Glücksschimmer, durch den fi nstern Schacht so vieler verlorener Jahre.

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    Zugleich stand er auf, und gab ihr die Hand, wie ein alter Freund, ohne ein Wort zu sagen. Die Tänzerin nahm sie und hielt sie einen Augenblick fest, ohne ste-henzubleiben. Er folgte ihr. Am Tisch der Künstler wurde ihm Platz gemacht, nun saß er neben Teresina und sah die länglichen grünen Steine auf der hellen Haut ihres Halses schimmern.
    Er nahm nicht an den Gesprächen teil, von denen er das wenigste verstand. Hinter Teresinas Kopf sah er, im grelle ren Licht der Gartenlaternen, die blühenden Rosenstämme, dunkle volle Kugeln, abgezeichnet, hier und da von Leucht käfern überfl ogen. Seine Gedanken ruh-ten, es gab nichts zu denken. Die Rosenkugeln schau-kelten leicht im Nachtwind. Teresina saß neben ihm, an ihrem Ohr hing glitzernd der grüne Stein. Die Welt war in Ordnung.
    Jetzt legte Teresina die Hand auf seinen Arm.
    »Wir werden miteinander sprechen. Nicht hier. Ich erin nere mich jetzt, Sie im Park gesehen zu haben. Ich bin mor gen dort, um die gleiche Zeit. Ich bin jetzt müde und muß bald schlafen. Gehen Sie lieber vorher, sonst pumpen meine Kollegen Sie an.«
    Da ein Kellner vorüberlief, hielt sie ihn an: »Eugenio, der Herr will zahlen.«
    Er zahlte, gab ihr die Hand, zog den Hut, und ging davon, dem See nach, er wußte nicht wohin. Unmöglich, jetzt sich in sein Hotelzimmer zu legen. Er lief die See-straße weiter, zum Städtchen und den Vororten hinaus, 456
    bis die Bänke am Ufer und die Anlagen ein Ende nahmen. Da setzte er sich auf die Ufermauer und sang vor sich hin, ohne Stimme, verschollene Liederbruchstük-ke aus Jugendjahren. Bis es kalt wurde und die steilen Berge eine feindselige Fremdheit annahmen. Da ging er zurück, den Hut in der Hand.
    Ein verschlafener Nachtportier öff nete ihm die Tür.
    »Ja, ich bin etwas spät«, sagte Klein und gab ihm einen Franken.
    »Oh, wir sind das gewohnt. Sie sind noch nicht der letzte. Das Motorboot von Castiglione ist auch noch nicht zu rück.«
    
    Die Tänzerin war schon da, als Klein sich im Park ein-fand. Sie ging mit ihrem federnden Schritt im Innern des Gartens um die Rasenstücke und stand plötzlich am schattigen Ein gang eines Gehölzes vor ihm.
    Teresina musterte ihn aufmerksam mit den hellgrauen Au gen, ihr Gesicht war ernst und etwas ungeduldig.
    Sofort im Gehen fi ng sie zu sprechen an.
    »Können Sie mir sagen, was das gestern war? Wie kommt das, daß wir uns so in den Weg liefen? Ich habe darüber nachgedacht. Ich sah Sie gestern im Kursaal-garten zweimal. Das erste Mal standen Sie am Ausgang und sahen mich an, Sie sahen gelangweilt oder geärgert aus, und als ich Sie sah, fi el mir ein: dem bin ich schon einmal im Park begegnet. Es war kein guter Eindruck, 457
    und ich gab mir Mühe, Sie gleich

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