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Meisterin der Runen

Meisterin der Runen

Titel: Meisterin der Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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Pferdezüchter, er meinte, dass das Land hier fruchtbarer wäre, die Winter nicht so kalt, das Wetter nicht so stürmisch.«
    »Er hatte recht. Die Normandie ist ein schönes Land.«
    »Ein schönes Land!«, rief Gunnora empört. »Uns erwartete der Tod! Ein Normanne, ein Christ … er lauerte uns am Hafen auf und erschlug alle Ankömmlinge.«
    Mathilda nickte nachdenklich. »Graf Richard tut alles, um die Bevölkerung dieses Landes zu einen, doch das ist nicht immer leicht. Hier leben Franken, Stämme aus Norwegen und Dänemark. Selbst Iren haben sich niedergelassen. Manche sind christlich, manche heidnisch, manche wollen hierbleiben, andere sehnen sich nach dem Norden. Immer wieder gibt es Anführer, denen es nach mehr Macht gelüstet, als Richard ihnen zugesteht. Und insbesondere in Zeiten, da ihm seine Nachbarn zusetzen, wittern diese Rebellen Aufwind. Er selbst wünscht sich nichts so sehr wie Frieden.«
    »Und ist doch zu schwach oder unwillig, um Mörder zu strafen! Es wird kein Frieden herrschen, solange Menschen abgeschlachtet werden. Ich … ich hasse dieses Land!«
    Wütend stampfte Gunnora auf. Mathilda widersprach nicht gleich, ließ sie erst einige Schritte weitergehen, ehe sie ihr folgte und meinte: »Es tut mir leid, was deiner Familie widerfahren ist, aber gewiss gibt es auch in Dänemark unehrenhafte Männer, Betrüger, Diebe und Mörder, und in der Normandie wiederum solche, die ein gerechtes und gutes Leben führen wollen. Wir sind nicht alle deine Feinde.«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Aber deine Miene verrät deine Verachtung.«
    Gunnora hielt bestürzt inne. Sie zögerte, ehe sie gestand: »Nun, dich verachte ich nicht.«
    Mathilda lächelte sanft. »Das ist gut. Dann kannst du mir bei der Haushaltsführung helfen.«
    Prompt war Gunnoras Widerstand erneut geschürt. »Warum sollte ich?«, fragte sie ungehalten.
    »Ich werde das Gefühl nicht los, dass du dich langweilst«, erwiderte Mathilda. »Den anderen Frauen mag es genügen, sich zu kämmen und zu baden, aber du brauchst etwas, woran du dein Herz hängen kannst.«
    Wenn du wüsstest, woran mein Herz hängt, dachte Gunnora. Ganz gewiss nicht daran, Met zu brauen und Fleisch zu braten, damit sich Richard satt essen kann! In einem hatte Mathilda allerdings recht. Die Langeweile setzte ihr zu.
    »Gibt es nicht genügend Menschen, die dir helfen?«, fragte sie dennoch barsch.
    »Das schon. Aber es sind nur wenige darunter, die wach und klug wie du erscheinen.«
    Gunnora musterte Mathilda nachdenklich. Wieder erinnerte diese sie an ihre Mutter, und plötzlich schien es verführerisch, sich ihrer Führung zu unterstellen. Offen eingestehen wollte sie die Freude über die Erkenntnis aber nicht.
    »Meinetwegen«, sagte sie deshalb nur knapp.
    Mathilda sollte ruhig das Gefühl haben, dass sie, Gunnora, ihr einen Gefallen tat und nicht umgekehrt.
    »Wie konntest du nur, Mutter! Warum vertraust du ausgerechnet diesem Weib?«
    Seit sie erfahren hatte, dass Gunnora Mathilda künftig bei der Haushaltsführung helfen würde, obendrein auf deren Wunsch hin, raste Alruna vor Zorn. Bislang hatte sie in Gegenwart ihrer Eltern die schwarzhaarige, wilde Dänin nie erwähnt, doch dass die Mutter blind für ihre geheimen Qualen war oder schlichtweg zu rücksichtslos, um sie ernst zu nehmen, deuchte sie wie ein Verrat. Sie wähnte sich im Stich gelassen, missachtet, hintergangen.
    »Was ficht es dich an?«, fragte die Mutter ruhig.
    Alruna rang nach Worten, um die andere schlecht zu machen. Zu groß war allerdings die Schmach, dass Richard – kaum war er heute nach Rouen zurückgekehrt – mit glänzenden Augen nach Gunnora hatte rufen lassen.
    »Sie ist eine Wilde … eine Heidin! Ich habe sie noch nie in der Kirche beten sehen!«
    »Wir alle stammen von Heiden ab, dein Vater, ich …«
    Alruna schluckte. Das wusste sie natürlich, und bislang hatten die Geschichten der wilden Nordmänner, die ihr die Eltern als Kind erzählt hatten, sie stets fasziniert. Wieder und wieder hatte sie ihnen in den Ohren gelegen, noch mehr zu erzählen, und wohlige Schauder waren ihr über den Rücken gelaufen, wann immer die Namen ihrer Großväter fielen. Der Vater von Mathilda hatte Rögnvaldr geheißen, der von Arvid Thure. Beide hatten nur widerwillig von ihren Vätern gesprochen, und vielleicht war es gerade deshalb so aufregend, weil irgendwie verboten, von ihnen zu hören. Waren sie auch wortkarg, wenn es um die eigenen Vorfahren ging, gaben sich beide Eltern

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